PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Kantonsspital Zug (5/2020 bis 9/2020)
Station(en)
Chirurgie, Orthopädie
Einsatzbereiche
OP, Notaufnahme, Station
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Ich hatte eine tolle Zeit im ZGKS und würde wieder hierhin gehen. Bevor man sich hier bewirbt, sollte man sich allerdings ein paar Dinge bewusst sein.
Die Schweizer UHUs (Unterassistenten = PJler) sind im 5. Jahr und haben vorher quasi keine praktische Erfahrung im Studium gesammelt, sodass recht wenig von einem als UHU erwartet wird. Das Team ist toll und man hat keine Schwierigkeiten, sich zu integrieren! Die Stimmung ist super, man hilft und unterstützt sich, egal auf welcher Ebene man steht. Man wird für das gesehen, was man leistet und bekommt sehr viel Dank und Lob. Als deutscher PJler mit etwas mehr praktischer Erfahrung, fühlt man sich teilweise etwas unterfordert. Fast alle Assistenzärzte/-innen machen in diesem Spital nur ihr Wahljahr, was das 1. Jahr der Asisstenzarztzeit ist. Daher arbeitet man nur mit Berufsanfänger, die selbst noch wenig Überblick haben und oft nicht mal Chirurgen werden wollen. Daher fallen viele Aufgaben, die in Deutschland PJler machen, eher den Assistenzärzten zu, da diese es auch noch nie gemacht haben (wie z.B. Thoraxdrainagen ziehen). Wenn man engagiert ist und Interesse Zeit/freiwillig länger bleibt, darf man allerdings - je nach Assistenten - mehr machen. Die Patientenaufnahmen erfolgen durch Ärzte, sodass man auf Station primär Visiteneinträge macht und die Entlassungen vorbereitet oder Briefe schreibt. Eigene Patienten bekommt man kaum. Dafür darf man oft schon mittags gehen, wenn man fertig ist. Mittagessen tut man täglich mit allen zusammen, was ich sehr schön fand.
Im OP ist man meist als 2. Assistenz zum Haken halten eingeteilt, selbst Dinge wie saugen oder zunähen fällt den Ärzten zu. Wer Chirurgie machen möchte und das PJ so nutzen möchte, dass man schon viel selbst machen darf, der wird hier eher enttäuscht. Teilweise wird man im OP vom Chef ziemlich unangenehm ausgefragt, sodass man sich gut vorbereiten muss, wenn er dabei ist. Die Stimmung im OP ist deutlich besser als in Deutschland und die Unterassistenten werden nett behandelt. Ich war gerne dort.
Wie den meisten anderen auch hat es mir auf dem Notfall am besten gefallen. Hier darf man - auch wieder je nach Assistenten, mit dem man arbeitet - eigene Patientin übernehmen. Anamnese, Untersuchung, Procedere planen und Diagnostik anmelden. Auch FAST-Sono machen und nähen darf man hier. Dabei schaut einem die meiste Zeit ein Assistent oder sogar Oberarzt über die Schulter, sodass man wenig Eigenverantwortung übernehmen muss. Wer sich wenig sagen lassen möchte und nur eigenständig arbeiten will, für den ist dieses Spital nicht das richtige. Zudem ist die Besetzungssituation hier hervorragend, weshalb immer jemand Zeit für einen hat.
Als großes Manko an dieser Zeit habe ich das Teaching empfunden. Es gibt Montags bis Mittwochs in der Frühbesprechung kurze Vorträge der Assistenten und einmalig pro Woche nachmittags eine Fortbildung durch die Oberärzte (welche öfters ausfällt). UHU-Unterricht gibt es offiziell 1x pro Woche, welcher aber auch interdisziplinär ist, allerdings ist dieser so oft ausgefallen, dass man ihn kaum wahrgenommen hat. Da die Assistenzen so neu sind, teachen diese auch sehr wenig. Von der Oberärzten kann man Teaching einfordern, aber man muss eben schon danach fragen. So konnten wir z.B. eine Oberärztin für einen kleinen Nahtkurs gewinnen.
Eine Sache sei noch gesagt: Die Orthopädie und Chirurgie sind hier eng verbandelt. Es gibt 3 orthopädische und 3 chirurgische UHUs. Wenn es keinen orthopädischen UHU gibt, kann es sein, dass es 6 chirurgische gibt und 3 in die Orthopädie müssen. Auf dem Notfall betreut man auch chirurgische sowie orthopädische Patienten, ebenso wird man im Pickettdienst auch für beide OPs angerufen. Wer auf keinen Fall Orthopädie in seinem Chirurgie-Tertial machen will, der kann hier enttäuscht werden. Ich habe selbst keine Ahnung von Ortho und eher wenig Interesse daran, aber das Team ist unglaublich nett und man kommt gut rein. Am Ende war es mir egal, wo ich eingeteilt war.
Das Wohnheim war absolut super. Alles sehr sauber und mit super toller Terrasse, auf der sich viele Bewohner treffen. Dort wohnen auch Menschen, die nicht im Spital arbeiten und das fand ich super. Man lernt schnell neue Leute aus aller Welt kennen und auch das hat mir die Zeit hier wirklich schön gemacht.
Das Spital liegt in Baar, 3 Min entfernt von dessen Bahnhof und 2km von Zug entfernt. Man ist schnell am See und auch sonst überall kommt man schnell und super hin. Ich fand es hier traumhaft schön und der Freizeitwert ist enorm. Es empfiehlt sich ein Fahrrad oder sogar ein Auto.
Kurz noch zu den Eckdaten: 1400 CHF Gehalt, +250 CHF Zuschuss wenn man im Wohnheim wohnt, Zimmer mit Gemeinschaftsbad/-küche 695 CHF
-> man hat am Ende noch sehr gut Geld übrig, da das Gehalt sehr hoch ist.
1-2x/Woche Pickettdienst (Rufbereitschaft für Notfall und OP von 17-7.30Uhr, man muss in ca. 15 Min im Spital sein), 1x/Monat Wochenenddienst (Sa + So tagsüber im Spital und nachts von Freitag Abend bis Montag morgen Rufbereitschaft)
2 Urlaubstage/Monat, welche kann sich im Voraus schon frei wünschen kann.
Fazit: Durch das Team hatte ich eine tolle Zeit. Da ich Chirurgie nicht machen möchte, war es in Ordnung. Ich habe viele Standardeingriffe gesehen, da die meistens aufwändigeren Fälle in andere Spitäler verlegt werden. Ich habe das Gefühl gehabt, dass es sehr stark darauf ankam, wie man sich präsentiert hat, ob man Dinge übernehmen darf oder nicht. Wer aber motiviert und freundlich ist, wird von Team dafür wirklich sehr wertgeschätzt und hat sicher eine super Zeit!