Notaufnahme, OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Zusammenfassung gleich zu Beginn:
Ich würde ein 4-monatiges PJ-Tertial in der Chirurgie am KSA eher nicht empfehlen. Wenn ich das Chirurgie-Tertial erneut machen könnte, wäre ich entweder anein kleines (B-/C-) Spital in der Schweiz gegangen oder hätte zumindest nur 2 Monate in Aarau absolviert und die restlichen 2 Monate wo anders.
Die Übersicht über die gängigen chirurgischen Stationen am KSA könnt ihr den anderen Berichten entnehmen, da sich meine Erfahrungen eigentlich komplett mit denen in anderen Berichten decken.
Ich habe meine wichtigsten Kritikpunkte in 3 Kategorien zusammengefasst:
1. Schweizer System, Ansehen und häufige Rotationen
2. Mangelhafte Lernerfahrung
3. Arbeitsklima und Pikett-Dienste
zu 1.)
Man muss wissen: Das Schweizer System im Praktischen Jahr unterscheidet sich deutlich vom deutschen. Der PJler heißt hier Unterassistent (UA). Der Schweizer Student absolviert das Praktische Jahr vor der letzten großen schriftlichen Prüfung, welche ungefähr unserem 2. Stex entspricht. Die Schweizer Studenten haben keine Famulaturen. Das bedeutet, dass die Schweizer in ihrem Praktischen Jahr ihre erste Klinikerfahrung haben. Dazu kommt, dass es bei den Schweizern nicht das System mit Tertialen gibt. Sie sind häufig nur 1-2 Monate an einem Ort oder in einer Abteilung und wechseln anschließend in die nächste.
Diese ganzen Punkte und meine Erfahrung innerhalb der 4 Monate zeigen, dass der Unterassistent in der Schweiz eher den Status eines Hospitanten hat, der mal in den Bereich Chirurgie "hineinschnuppert" und sehen soll, ob das was für einen ist. Das hat aber leider mit den Anforderungen vieler deutscher PJler an ein Tertial in der Chirurgie wenig zu tun...
Jeden Monat konnte man wählen, in welche Abteilungen man rotieren wollte. Es waren aber nur ein- bis zweiwöchige Rotationen in eine Abteilung vorgesehen. Somit blieb wenig bis keine Zeit, sich richtig in das Team zu integrieren und damit langfristig etwas zu lernen oder auch komplexere Aufgaben zu bekommen. Man hatte den Eindruck, dass viele Ärzte sich nicht mit einem beschäftigten, da man nach einer Woche eh wieder weg war. Schade!
Dass in der Schweiz eine geringere Hierarchie herrsche und man in der Schweiz als UA ein besseres Ansehen als in Deutschland als PJler hätte, halte ich für einen Mythos. Man gewann teilweise den Eindruck, es gebe noch eine Hierarchiestufe mehr, da es neben "Oberärzten" noch "Leitende Ärzte" gibt. Gerade leitende Ärzte zeigten sich den UAs gegenüber oftmals komplett desinteressiert. Als UA galt man in erster Linie als Hakenhalter im OP und das wars dann.
Viele Stationsaufgaben, die in Deutschland anfallen (Blut abnehmen, Viggos legen etc.) machen hier die Pfleger. Das bedeutet, dass auf Station eher wenig zu tun war. In dieser Zeit hätte man natürlich gerne Teaching oder zumindest etwas erklärt bekommen, aber dem war allermeistes nicht so, was mich direkt zum zweiten Punkt kommen lässt.
zu 2.)
Da ich in dem Tertial, das ich vor Aarau absolviert habe, sehr viel gelernt habe und mich dort fast jeder Arzt von dem Fach überzeugen wollte, hatte ich einen direkten Vergleich zum Tertial am KSA. Leider habe ich in puncto Lernerfolg fast komplett das Gegenteil zum vorherigen Tertial erlebt. Nur sehr wenige Ärzte (hier ist ein Oberarzt in der Thoraxabteilung hervorzuheben) haben Interesse und Engagement gezeigt, mir etwas aktiv beizubringen. Ich fand es geradezu erschreckend, dass bis auf EINE einzige Ausnahme KEIN Arzt, ob Assistent oder OA einen vom Fach Chirurgie begeistern wollte.
Eine richtige Lehrveranstaltung für UAs mit einem Dozenten, meist ein OA aus einer chirurgischen Abteilung, gab es ein Mal in der Woche. Hierbei präsentierte ein UA einen Patienten-Fall und dieser wurde anschließend im Plenum mit dem Dozenten besprochen.
Im OP durfte man bis auf wenige Ausnahmen leider auch nicht viel selber machen, das Nähen war bis auf in der Thorax-Abteilung nicht für den UA sondern für den Assistenzarzt vorgesehen.
zu 3.)
Man hatte den Eindruck, dass manche Assistenten selber eher unzufrieden mit ihrer Arbeitsstelle waren. Dieser Umstand und das in manchen Abteilungen raue Arbeitsumfeld ließen eher keine positive Arbeitsatmosphäre zu. Manchmal wurde der Eindruck erweckt, dass gerade Deutsche UAs in der Schweiz nicht so gerne gesehen sind.
Ca. ein Mal in der Woche hatte man einen Pikett-Dienst zu absolvieren. Hierbei war man in 24-stündiger Rufbereitschaft für den OP. Ich wurde in ca. der Hälfte meiner Pikettdienste abends respektive nachts gerufen. Manche Dienste waren sogar ganz cool, so habe ich bei einem Kinderchirurgen die Kamera-Führung gemacht oder durfte mal eine lange Wunde selber zunähen. Jedoch ist der Umstand, dass man nachts im OP steht und am nächsten Morgen gleich wieder nicht besonders prickelnd. Zumal ich manchmal nachts zu einer OP dazugerufen wurde und eigentlich gar nicht gebraucht wurde (das Highlight: einen Faden abschneiden ).
Ein paar positive Dinge sind natürlich auch zu erwähnen:
Da man fast jeden Tag bisweilen auch den ganzen Tag im OP steht, sieht man schon viele und auch spannende Eingriffe. Ich war bei ner Blutung aus der Pulmonalarterie dabei, habe große aortale Bypässe gesehen und auch komplexe Bauchchirurgie.
Das Essen in der Mensa ist richtig fancy, aber auch relativ teuer (ca. 10-15 Franken pro Mahlzeit).
Das Gehalt ist mit 1500 Franken im Vergleich zu den deutschen Häusern natürlich sehr gut, davon gehen aber schonmal ca. 500 Franken für die Unterkunft weg und die generellen Lebenshaltungskosten sind im Vergleich zu Deutschland doppelt so hoch.