Ich kann mich den anderen positiven Bewertungen nur anschliessen. Ich hatte eine wirklich lehrreiche Zeit in Schwyz und würde es jedem empfehlen. Vorab: Chirurgie ist als Fachrichtung seit Beginn des Studiums keine Option für mich gewesen, da ich bisher nur sehr schlechte Erfahrungen gemacht habe. Das hat sich durch dieses Tertial auf jeden Fall geändert und ich hatte am Ende wirklich Spass im OP.
Der tägliche Ablauf ist wie in den anderen Berichten beschrieben. Auch das Pickett System hat sich nicht wesentlich verändert. Es ist auf jeden Fall sehr von euch Unterassistenten selbst abhängig. Ich würde vor Tertialbeginn nachfragen, ob jemand abgesagt hat oder ob alle Plätze vergeben sind und ggf freie Plätze in Facebook Gruppen ausschreiben. Je mehr Uhus es gibt, desto besser kann man die Dienste untereinander aufteilen. Bei uns gab es ausserdem motivierte Uhus in der Inneren, die gerne Kompensationstage sammeln wollten und deshalb oft für uns eingesprungen sind. Allerdings sind das Ausnahmen und die Wochenenddienste sowie Freitag Abend werden weiterhin durch die Chirurgie abgedeckt. Ich persönlich empfand die Rufdienste vor allem zu Beginn als sehr stressig, auch wenn ich in der gesamten Zeit nur 3-4x nach Mitternacht gerufen wurde. Man gewöhnt sich allerdings sehr schnell daran und meistens wird man zwischen 19-23 Uhr gerufen. Danach werden eigentlich nur absolute Notfälle wie Appendektomien, Sectios oder Ileus/Akutes Abdomen operiert, was meistens auch spannend war. Solltet ihr am nächsten Morgen für elektive OPs eingeteilt sein, müsst ihr euch nur mit den anderen Chirurgie Uhus und der OP Leitstelle absprechen und dann ist es kein Problem wenn ihr untereinander tauscht und der Nacht-Uhu länger schläft und später zur Arbeit kommt. Hauptsache es steht jemand im OP.
Im OP ist es ebenfalls wie in den anderen Berichten beschrieben. Am Anfang wird alles erklärt, die meisten sind wirklich nett und es wird viel gelehrt. Man darf mit der Zeit je nach Arzt/Ärztin viel selbstständig machen, Kamera führen und Nähen sind immer möglich, auch Frakturen versorgen oder Materialentfernungen. Auch die Einblicke in andere Fachrichtungen fand ich spannend, man muss nur darauf achten, dass es nicht Überhand nimmt und sonst ggf mit den Oberärzten darüber sprechen. Prinzipiell seid ihr für das ganze Spital angestellt, deshalb dürft ihr zB auch in der HNO oder Gyn im OP eingeteilt werden. Zu Beginn meines Tertials war das häufiger der Fall, gegen Ende wurde das bei der OP Leitstelle angesprochen und die fachfremden OPs weniger. Man kann aber bei Interesse immer und überall dazu kommen. Bei Sectios seid ihr in der Nacht 2. Assistenz, tagsüber waren wir manchmal auch 1. Assistenz. Gibt es in der Ortho 2 Uhus, sind die Ortho OPs gut abgedeckt und ihr habt wenig damit zu tun. Chirurgisch sieht man viele Klassiker der ViszeralCH, auch GefässCH und sehr viel UnfallCH. Allerdings ist es ein kleines Spital und es gibt zB keine grossen Tumor OPs oder Transplantationen, das hat mir allerdings nicht gefehlt. In 4 Monaten assistiert man bei ca 80-90 OPs.
Es gibt keinen gesonderten PJ Unterricht, aber 2x/Woche Fortbildungen, die mal mehr mal weniger spannend waren. Meistens hat man dabei etwas gelernt. Besonders lehrreich waren Hands-on Fortbildungen von Dr. Pfarr bei denen man Untersuchungstechniken üben konnte. Wenn ihr Glück habt findet in eurem Tertial ein Nahtkurs statt. Er ist für alle Ärzte und Uhus und wird von Dr. Eisenhut organisiert. Das war wirklich hilfreich und wenn Interesse besteht sprecht ihn einfach mal an, ob es aktuell Kapazitäten gibt. Generell sind alle wirklich bemüht und motiviert, es freut sich jeder, wenn ihr Interesse zeigt und dann ergeben sich bestimmt auch andere Formen von Teaching, je nach Zeitressourcen.
Die Arbeitszeit ist schon höher als in Deutschland, man ist fester Teil des Teams und wird gebraucht. Man bekommt viel Verantwortung übertragen und darf viel selbstständig machen. Am ersten Tag bekommst du ein Telefon, dein PC und Mail Zugang funktioniert mit allen Zugriffen und dein Name wird überall kommuniziert. Leider ist das in vielen Kliniken nicht selbstverständlich. Die Arbeitszeit geht meist von 7:30 bis 17 Uhr. Auf dem Notfall kann es mal später werden, generell müsst ihr aber selbst schauen, dass ihr pünktlich geht und ggf einfach fragen. (auch etwas das man hier gut lernen kann) Gerade am Wochenende sollte man nicht zu spät nach Hause gehen, da man in der Nacht Pickett hat und eventuell um 22 Uhr wieder in den OP gerufen wird. Manchmal kann man auch früher gehen, in der Skisaison soll es etwas stressiger sein, weil das Patientenaufkommen deutlich höher.
Die Verantwortung kann am Anfang etwas fordernd sein, man gewöhnt sich allerdings schnell daran und weiss es bald zu schätzen. Durch das selbstständige Arbeiten wird man wirklich gut auf den Berufseinstieg vorbereitet. Am Wochenende macht ihr oft alleine Visite, besprecht Probleme mit der Pflege oder dem zuständigen Oberarzt im Rapport. Ihr könnt Medikamente verordnen, OP Aufklärungen machen und Untersuchungen/Konsile anmelden. Mit der Verantwortung kommt auch grosses Vertrauen in euch und eure Arbeit. Bei Fragen ist man nie alleine und man bespricht sich immer mit dem verantwortlichen Dienstarzt. Im Stationsalltag lernt man sich zu organisieren, Grenzen zu setzen und Aufgaben ggf abzugeben. Die Assistenten sind wirklich nett und geben sich Mühe neben der Arbeitsbelastung Dinge zu erklären, viele von Ihnen waren früher als PJler schon im Spital und kennen beide Seiten. (UHUs werden gerne nach dem Tertial als Ärzte übernommen, also falls ihr Interesse an einer Stelle in der Chirurgie habt, gibt es hier sehr gute Chancen) Leider rotieren die Assistenzärzte in der Schweiz ca alle 2 Jahre und wechseln das Spital, deshalb kann das Team innerhalb weniger Monate fast komplett ausgetauscht werden. Meist vergeht die Zeit wirklich schnell, weil man selten Langeweile hat. Überstunden kann man in Absprache mit Durie als Kompensationstage nehmen. Auch der Weg ins Wohnheim ist sehr kurz, sodass man 10 Minuten nachdem man aus dem OP gekommen ist schon am See sein kann und dadurch seine freie Zeit auch gut nutzen kann.
Die Stimmung in Team war wirklich aussergewöhnlich gut. Die meisten teilen den gleichen Humor, es wird sehr viel gelacht und über Privates gesprochen, das zieht sich durch alle hierarchischen Ebenen, bis zum Chefarzt und Co-Chefarzt. Dadurch bleibt die gute Stimmung auch bei Wechsel der Assistenzärzte erhalten. Die Arbeit im Team ist wichtig und es wird Wert auf Kollegialität gelegt. Der Ton ist immer freundlich, im Op kann es auch mal stressig werden, aber trotzdem war der Umgang immer respektvoll und wertschätzend. Dadurch hat die Arbeit wirklich grossen Spass gemacht und die Zeit verging schnell. Die Arbeit im Spital ist sehr familiär, oft kommt es vor das man durch die Rotationen zwischen OP, Station und Notfall einen Patienten von Anfang bis Ende begleitet. (Aufnahme auf dem Notfall, Assistenz im OP und postop Visiten/Entlassung auf Station), was auf jeden Fall sehr lehrreich ist um Zusammenhänge zu verstehen.
Das Wohnheim ist neu gebaut worden und sehr modern. Die Küche und Zimmer sind gut ausgestattet, aber etwas unwohnlich, das kann aber mit einer Pflanze oder Lampe behoben werden :) (tutti.ch ist da sehr hilfreich) Es gibt insgesamt 4-5 WGs mit je 8 Zimmern. Davon sind mal mehr, mal weniger Zimmer belegt, aber immer nur mit temporären Mietern, weshalb es oft wechselt. Es gibt in jeder WG 2 Duschen und 3 WCs, die 2x/Woche gereinigt werden. Die Küche ist auch super und das nötigste ist vorhanden, inzwischen sind auch zusätzliche nützliche Gegenstände durch Vormieter dazu gekommen. Es gibt Waschmaschinen im Keller und das Fitnessstudio des Spitals kann gegen Gebühr benutzt werden. Einmal im Monat muss die Küche von allen Bewohnern gereinigt werden. Das hat leider regelmässig zu Stress geführt. Dadurch, dass das Wohnheim neu ist, wird seitens der Hotellerie viel Wert auf Sauberkeit gelegt. Das ist unter den Bewohnern ebenfalls gewollt, allerdings wurde trotz Putzens regelmässig eine mangelnde Sauberkeit kritisiert. Das Problem war hier vor allem der respektlose Umgangston gegenüber den Bewohnern in Form von E-Mails, Drohungen und Post-Its neben Krümeln. Die Information wurde auch schon an höhere Instanzen weiter gegeben, vielleicht ändert sich etwas. Es gab schon mehrere Schlichtungsversuche und es wurde auf PJ Bewertungen verwiesen. Hier wäre es wahrscheinlich das Beste, das alles konsequent fort zu setzen, bis sich etwas ändert. Bis auf diese grosse Ausnahme waren wirklich alle Mitarbeitenden überdurchschnittlich freundlich und es sollte nicht vom guten Tertial am Spital ablenken oder davon abhalten, das wäre schade. Die restlichen 30 Tage im Monat lief alles unkompliziert ;)
Zur Freizeit kann man sagen, dass es wirklich viele Möglichkeiten gibt, diese zu nutzen. Berge, Seen, Zürich,.. Zwar muss man jedes 3./4. Wochenende arbeiten, dafür hat man in der Woche davor/danach Kompensationstage, die man für Ausflüge nutzen kann. Die Stimmung untereinander war wirklich super, wir haben viele Ausflüge mit Uhus oder Ärzten gemacht und viele gemeinsame Abende im Wohnheim verbracht. Schwyz ist ländlich, aber es gibt 2-3 Bars die ganz nett sind (Tübli/Imbisspudel, Pompello). Im September konnte man noch im See schwimmen gehen und im Dezember liegt der erste Schnee auf den Bergen und die Lifte öffnen. Ein Auto oder eigenes Fahrrad lohnt sich vor Ort auf jeden Fall. Es gibt zwar Busse die regelmässig fahren und 2 Fahrräder, die sich die UHUs teilen, aber dadurch ist man zeitlich schon oft eingeschränkt.