PJ-Tertial Innere in Salem-Spital (12/2010 bis 4/2011)
Station(en)
Notfallstation
Einsatzbereiche
Notaufnahme
Heimatuni
Dresden
Kommentar
Ich bin in die Schweiz gegangen um selbstständiges und verantwortliches arbeiten zu lernen. Das ist im Salemspital auch hervorragend gelungen. Einen verantwortungsvollen und eigenen Arbeitsstil gewöhnt man sich dort schnell an, da man als Unterassistent quasi gleichgestellt ist mit den Aufgaben, die auch Assistenzärzte erfüllen müssen. Man kriegt "auf dem Notfall," wie die Berner ihre Notaufnahme nennen, eigene Patienten zugeteilt für deren Anamnese, Untersuchung, Labor- und Röntgenanordnung man selbst verantwortlich ist. Bei Fragen kann man jederzeit den zuständigen Oberarzt kontaktieren. Nach Anamnese und Untersuchung stellt man den Patienten dem Oberarzt vor und schlägt das weitere Vorgehen vor, der Oberarzt teilt einem dann seine Meinung mit und so wird es gemacht. Dabei konnte ich immer viel lernen. Auch für das zu jedem Patienten nötige verfassen eines Arztbriefes ist man selbst verantwortlich. Leider ist die Notaufnahme baulich nicht als solche geplant gewesen, sodass man um einen freien Computer-Arbeitsplatz zu finden teilweise bei Hochbetrieb durchs ganze Krankenhaus ans andere Ende des Gebäudes musste. Es sollen aber Umbau- und Verbesserungsmaßnahmen diesbezüglich geplant sein.
Das Patientenklientel ist sehr gemischt, es sind überwiegend internistische aber auch sicher 40% chirurgisch/orthopädische Krankheitsbilder dabei. Einige kommen da hin wie zum Hausarzt, andere werden mit dem Berner Rettungsdienst gebracht ("Sanitätspolizei" genannt). Akute lebensbedrohliche und intensivtherapiebedürftige Patienten müssen leider immer wenns spannend wird ins Inselspital verlegt werden. Man darf als Unterassistent im Prinzip alles machen, wozu man Lust hat... Blutabnehmen und Venflon/Braunüle/Flexüle-legen machen normalerweise die größtenteils medizinisch super fitten Pflegekräfte, darf man aber auch machen, wers lernen will. Für Blasenkatheter, Wundversorgung, Abstriche, und andere kleine Dinge gilt learning by doing. Eine großartige Funktionsdiagnostik gibts aber nicht. Habe keinen Schweizer Internisten kennen gelernt der ein Ultraschallgerät freiwillig selber bedient hätte.
Weiterbildungsveranstaltungen gibt es zwar, aber grundsätzlich nur in der persönlichen Freizeit. Ich hatte dann meistens Dienst, wenn sowas stattfand, sodass ich nur zwei mal in 16 Wochen in den Genuss einer solchen Veranstaltung kam, bei der es aber wenigstens kostenlos was zu Essen gab ;)
Ansonsten ist, aber das weiß man vorher, die Arbeitsbelastung verglichen mit deutschen PJ-Plätzen hoch. Man ist schon regulär mindestens 9 h am Arbeitsplatz (Pausen inklusive) es gibt aber auch Zeiten, da kommt einfach kein Patient, insofern macht man sich auch nicht jeden Tag tot. Man arbeitet im Schichtbetrieb 7.30-16.30 / 10.00-19.00 / 14.00-23.00 Uhr 7 Tage die Woche, für Wochenend-Dienste gibt es Freizeitausgleich. Die Bezahlung ist schweiztypisch schlecht... von den 970 Franken kann man wohnen und Essen, aber sonst nix. Finanziell lukrativer ist es da zumindest für Dresdner Studenten ein Lehrkrankenhaus der eigenen Uni zu wählen.
Das Arbeitsklima empfand ich als äußerst gewöhnungsbedürftig. Zunächst mal deshalb weil man außnahmslos alle Kollegen duzen MUSS. Auch Oberärzte und den Chef. Das wurde besonders dann unangenehm, als es zu Konflikten bezüglich des Dienstplanes kam. Diesen sollten die (drei) Unterassistenten für sich selbst zusammenstellen. Leider wurden alle paar Wochen - teilweise sogar im Tagesrhythmus - seitens der Oberärzte neue Anforderungen gestellt, wie man diesen dann umzugestalten hätte. Machte man es den Wünschen des einen Oberarztes gerecht, konnte man auf den Anschiss des nächsten Oberarztes quasi warten, weil es dann seinen Wünschen nicht entsprach. Das machte auch Freizeitplanung teilweise sehr schwierig. Die Unterassistenten sind die Arbeitsknechte der Hirslanden Klinik Salem-Spital und müssen die Folgen von Personalmangel und Kommunikationsdefiziten unter den Oberärzten ausbaden. Das hab ich als extrem frustrierend empfunden. Wir mussten obwohl es für alle drei von uns das Innere-Tertial war für ca. 20 Tage in der ebenfalls zur Hirslanden gehörenden orthopädisch geprägten Klinik Permanence - zutreffende Bewertungen siehe dort - aushelfen. Das bedeutete: Arbeitsweg ans andere Ende der Stadt (Bümpliz) - zusätzliche Fahrtkosten, die einem keiner erstattet und vor Ort etwa dreifach teureres Mittagessen, für die Preisdifferenz hat man auch keinen Zuschuss bekommen - alles in allem ein überaus schlechtes Geschäft. Diskussionen über das Ziel unserer Ausbildung und den Dienstplan- und Einsaztort-Gestaltungen, die dem im Wege stehen, waren völlig aussichtslos. Und unter solchen Umständen empfindet man das Du schnell als sehr viel persönlicher verletzend, als wenn man bei allem Frust wenigstens gesiezt würde. Wir mussten uns sogar anhören, wir seien die "speziellsten Unterassistenten, die man dort je gesehen habe." Wie der Schweizer das meint, versteht jeder, der schon mal die Bedeutung schweizerischer Höflichkeitsfloskeln kennen gelernt hat. Die Schweizer die ich kennen gelernt habe legen größten Wert auf Fassade und nach außen hin positive Wirkung. Ich habe aber auch kennen gelernt, was teilweise für Wahrheiten hinter dieser Fassade stehen. Das hat zu einem grundlegenden Misstrauen geführt und das Arbeitsklima sehr negativ beeinflusst.
Interessanterweise war die Zusammenarbeit mit den Schwestern und Pflegern überaus kollegial und freundschaftlich, sehr angenehm!!!
Was auch noch positiv zu bemerken ist, sind zwei freie Tage pro Monat, vergleichbar mit Studientagen, die man (im Rahmen der erwähnten Dienstplanquerelen) selbstbestimmt einsetzen und auch sammeln und mit Wochenenddienst-Ausgleichs-Frei kombinieren konnte. Das ist ein Luxus, den, soweit ich es kennen gelernt habe, die wenigsten schweizer Kliniken anbieten.
An den Dialekt sollte man sich gewöhnen. Am schwierigsten fand ich die Kommunikation mit SanPol-Leuten (Rettungsdienst) die sich wirklich null Mühe gegeben haben für den Deutschen Anfänger mal langsam oder deutlich zu sprechen, die ärztlichen und pflegerischen Kollegen fragen einen aber in der Regel immer, ob man sie auch versteht ;)
Vergünstigungen durch die Klinik, wie ich es von anderen Häusern gehört habe, etwa Essenmarken/Studententarif, oder für Ausflüge nutzbare Generalabonnements der Klinik sind bei Hirslanden nicht üblich.
Bewerbung
Entweder zur Sicherheit ca. 1,5 Jahre vorher, oder (eher unsicher) ganz kurzfristig ein paar Wochen vor Beginn, falls durch Planungsfehler oder Absprünge, wieder Plätze frei werden.