Nachdem ich bereits eine Famulatur in der Gynäkologie des Waldfriede absolviert hatte, und von der familiären Atmosphäre sehr angetan war, habe ich mich auch für mein Wunschfach Anästhesie ganz bewusst für das Waldfriede entschieden, und sollte auch nicht enttäuscht werden.
Schon der erste Tag begeisterte: Ich fand mich mit drei weiteren PJlern (ich Anästhesie, zwei Chirurgie, einer Innere) morgens beim Chef der Inneren ein, der uns 2h lang im Haus herumführte und gefühlt jedem Mitarbeiter vorstellte. Dann wurde ich vom OA der ITS in Empfang genommen und in den OP-Trakt begleitet. Dann wurde mir vom Chef ein Blatt überreicht, auf welchem die Lernziele für das Tertial in der Anästhesie zusammengefasst waren.
Vielleicht ein paar Eckdaten: Das Krankenhaus ist unter der Trägerschaft der Siebt-Tags-Adventisten, einer christlichen Glaubensgemeinschaft, wovon aber (abgesehen von Koffeinfreiem Kaffee und schweinefleischfreien Gerichten in der Kantine) nicht viel zu bemerken ist. Sehr wohl aber ist die Seelsorgerin ständig im Haus unterwegs, und manchmal auch im OP dabei. Das Haus hat zwei Innere-Stationen, eine Gynäkologie/Geburtshilfe mit 3 Kreissälen und 900 Geburten pro Jahr, dementsprechend täglichen Sectiones und Spinal/Periduralanästhesien, davon abgegliedert das Brustzentrum, die Allgemeinchirurgie mit Schwerpunkt Schilddrüse und MIC, und die Koloproktologie.
Der OP umfasst vier Säle, zusätzlich einen ambulanten im anderen Gebäudeteil und die interdisziplinär geführte 6-Betten-ITS, die aus Maximalversorgungs-Perspektive wohl eher als Intermediate Care Unit durchgeht, auf der aber trotzdem ab und zu auch zumindest beatmete Patienten liegen.
Im OP wurde ich schnell eingearbeitet, und habe nach ein paar Tagen selbstständig eingeleitet, intubiert, beatmet, Ventilator eingestellt, Magensonden gelegt, Arterien gelegt (selten) usw. Natürlich stand immer ein Anästhesist in Reichweite. Zum Abschluss durfte ich auch ein paar Mal Spinalanästhesien und Femoralisblöcke stechen. Dabei war es immer eine angenehme stressfreie Atmosphäre, und ich verstand mich sehr gut, von Anästhesisten über Anästhesiepfleger zu OP-Schwestern und Reinigungkräften.
Auf ITS reichten retrospektiv die zwei Wochen nicht aus, um eingearbeitet zu werden, alleine schon wegen des Dienstplanes, der teilweise bedeuetet, dass man jeden Tag jemand neues kennen lernt. Aber dennoch finde ich es sehr wichtig, einmal kurz in korrekte Bilanzierung und Überwachung hingeschnuppert zu haben. Außerdem werden hier alle im Krankenhaus geschriebenen EKGs befundet, und der anästhesiologische Oberarzt hier ist sehr freundlich und erklärt gerne.
Nach ein paar Wochen habe ich dann einen Prämedikationsdienst (sowieso gibt es unglaublich viele Dienstarten – also auch wer es zeitlich flexibel, z.b. wegen Familien braucht, ist hier richtig. Alles Absprachesache) mitgemacht. Dieser geht von 11 bis 19 Uhr, und man macht die üblichen PDK-Pumpenfehler-Runde und prämediziert Patienten. Einfach überlegen, welcher Assistent besonders nett ist, und dann fragen und mit ihm zusammen diesen Dienst machen.
Studientage sammeln und nehmen war kein Problem, es wurde sehr gerne gesehen, wenn ich es vorher angekündigt habe.
Also insgesamt kann ich das Waldfriede, vor allem die Anästhesieabteilung, empfehlen.
Wehmutstropfen: Die Fortbildungen – eigentlich einmal pro Woche quer durch alle Abteilungen – fanden nicht immer statt. Außerdem wurde oft versucht, in 1,5h das gesamte Fach vorzustellen, was natürlich immer in einer gewissen Oberflächlichkeit und Redundanz resultierte.
Da ich mittlerweile in der Chirurgie bin, und auch mit anderen Anästhesie-PJlern aus anderen Krankenhäusern gesprochen habe, muss ich sagen, dass ich während des Anästhesie-Tertials auch von der Chirurgie enorm viel mitbekommen habe. Einmal, da ich ab und zu gefragt wurde, ob ich nicht assistieren könnte. Aber auch die Möglichkeit, jeden Morgen entscheiden zu können, in welchen Saal, und damit bei welcher Abteilung ich diesen Tag arbeiten wollte, ließ mich ganz automatisch einen guten Überblick über die verschiedenen Operationstechniken gewinnen. Im CVK wird man einem Saal zugeteilt für das gesamte Tertial, und sieht so dann zum Beispiel nur Gyn-OPs.
Falls jemand Fragen hat, kann er sich übrigens gerne auch bei mir melden!
Essen war kostenlos inkl. Getränk., und es war auch jeden Tag möglich.