PJ-Tertial Unfallchirurgie in Staedtisches Klinikum St. Georg (5/2012 bis 7/2012)

Station(en)
Primär 1 Erd, aber auch 20 IIIA/IIIB/IVB
Einsatzbereiche
Station, OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde
Heimatuni
Leipzig
Kommentar
Insgesamt sehr enttäuschende sieben Wochen.

Am ersten Tag erhält man zentral über Frau Lietzau alle nötigen Informationen und kann alles Orgnisatorische relativ unkompliziert lösen, bevor man dann auf seiner Station erscheint.
Ich war der Orthopädie/Unfallchirurgie zugeteilt und erhielt noch eine kleine Einführung vom PJ-Beauftragten mit vielversprechenden Ankündigungen. Ein Oberarzt ordnete mich später seiner Station 1 Erd zu.

Arbeitsbeginn ist immer um 7 Uhr auf Station mit einer Visite, danach folgt eine halbstündige Morgenbesprechung mit einem Radiologen. Nach um 8 beginnt die Arbeit auf Station, in der Aufnahme oder im OP, bevor 14:30 Uhr mit der Nachmittagsbesprechung der Tag meist gegen 15 Uhr endet. Überstunden gibt es selten. Ein PJler hat einen Pieper bei sich und ist damit erreichbar. Ein kostenloses Mittagessen ist in der Regel möglich.
Weiterbildungen kann man im gesamten St. Georg wahrnehmen, was in etwa 2-4 pro Woche entspricht.
Von den Ärzten wird man überwiegend geduzt, Fragen werden fast immer gern beantwortet - mal mehr und mal weniger ausführlich.

Das sind im Wesentlichen die positiven Dingen, denn der reelle Alltag gestaltet sich deutlich trister.
PJler wird hier von vielen mit "Pflichtassistent" übersetzt (genauso wie BV mit Bildwandler) und in dieser Bezeichnung steckt auch das Selbstverständnis der hier Arbeitenden. Über weite Strecken kam ich mir einfach so vor wie eine kostenlose Arbeitskraft, die zu 95% mit folgenden Aufgaben beschäftigt ist: Blutabnahmen/Flexülen, Patienten aufnehmen und im OP bei Hüftoperationen die zweite Assistenz sein. Gerade als ich allein als PJler für die vier Stationen zuständig war, war mein Tag damit gut ausgelastet.
Im OP durfte ich neben den Hüft-Operationen (wo man gar nichts sieht und nur 2h Haken hält) seltener bei Schulterprothesen oder Kreuzbandplastiken die zweite Assistenz sein (also wieder Halten, dafür aber auch das Operationsgebiet sehen). Andere Operationen waren absolute Ausnahmen. Oft waren wir zwar bei anderen OPs eingetragen, erhielten bei Erscheinen aber immer die Reaktion, dass wir doch nicht gebraucht werden. Als ein schlechtes Gewissen aufkam, teilte man mich als Operateur für eine Schraubenentfernung ein, schwärmte zwei Tage wie toll es sein, dass der PJler so was machen darf und letztlich übernahm es dann doch eine Chirurgin. Die einzigen praktischen Tätigkeiten, die mir dort überlassen wurden, waren selten Drainagenfestnähen, Donati-Hautnähte (insgesamt 3 Knoten) oder einmal Subkutannaht knüpfen. Ich kann nicht sagen, ob ich dies auch hätte machen dürfen, wenn ich es nicht schon gekonnt hätte.
Die Schwestern auf Station sind fast immer nett und höflich. Im OP geht es dafür überraschenderweise manchmal primitiver und abwertender zu.
Die Patientenaufnahme findet in einem gesonderten Raum im Keller statt und hier können Patienten befragt und ganzkörperuntersucht werden. Klingt gut, ist es aber auch nur partiell: Den Aufnahmebogen interessiert nach dem Abheften keinen mehr (außer er ist nicht vorhanden), findet man etwas Auffälliges (z.B. neues Systolikum), dann interessiert das keinen, da es nur ein Operationshindernis ist und Gelenkuntersuchungen (wie man zumindest erwarten könnte) werden (auch auf Nachfrage) nicht gelehrt und finden nur angedeutet statt - es gibt ja schließlich ein Röntgenbild oder MRT. Der verantwortliche Arzt der Aufnahme ist eigenwillig, dafür weniger gleichgültig und kann einem zumindest erklären, was für den Patienten für eine Operation vorgesehen ist - wenn man Geduld besitzt. Ist kein Student für die Untersuchung da, wird der Bogen weitgehend einfach erfunden ausgefüllt.
Der Kontakt zu den Ärzten ist verschieden: Manche versuchen zumindest einen netten Kontakt zu einem zu pflegen, aber einige behandeln einen wie Luft und antworten auf keine Begrüßung.
Die Besprechungen sind im Wesentlichen Röntgenbildvorführungen, denen als Student nicht immer einfach zu folgen ist, wo man aber hin und wieder etwas aufschnappen kann. Der zelebrierte Humor ist sehr flach, teilweise werden das Privatleben oder die objektiven Leiden der Patienten belacht. Auch habe ich erlebt, wie diskutiert wurde, nicht indizierte Maßnahmen durchzuführen, um mehr Leistungen bei der KV abrechnen zu können. Empathie für den Patienten ist bei den meisten leider im Laufe der Arbeit völlig verloren gegangen. Medizin zum Abgewöhnen.

Dennoch habe ich immer versucht meine Aufgaben so gut es geht zu erfüllen - und vergeblich auf Gegenleistungen gewartet. Dass der primäre Grund des PJ Ausbildung ist, gehört hier leider nicht zum Selbstverständnis. Einzelne Ärzte sind bereit Dinge zu erklären, aber das sind einfach nur Ausnahmen. Als die einzige unfall(chirurgische) PJ-Weiterbildung während meiner sieben Wochen auf dem Programm stand und ich im OP bei einer Hüftoperation fragte, ob ich dorthin gehen könne, wurde mir gesagt, dass ich schon abgemeldet sei und die Unterschrift auch so bekäme. Auch der PJ-Beauftragte bot mir später eine Unterschrift an und meine Erklärung, dass es nicht um Unterschriften ginge, wurde nur mit Verwunderung bedacht. Als wir einmal kritisierten, dass sich keiner für uns zuständig fühle und wir nichts lernen würden, kam ein Arzt aufgeregt zu uns, entschuldigte sich, versprach, dass alles besser würde und am nächsten Tag war alles wie vorher.

Es ist nicht so, dass die Ärzte böswillig sind, aber PJler sind ihnen einfach gleichgültig - solange jene ihre Aufgaben erledigen. Geht es dann um Nachwuchsmangel in der Unfallchirurgie, dann wird immer argumentiert, dass die junge Generation mit den vielen Ärztinnen nicht mehr bereit sei, das harte Chirurgenleben hinzunehmen - an die eigene Nase wird nicht gegriffen.
Wer extrem offensiv drängelt/fordert, gut aussieht, beteuert unbedingt Chirurg zu werden und nicht unbedingt allein als PJler ist, der kann vielleicht mehr aus solch einem Tertial mitnehmen - für mich war es leider nicht möglich. Am Ende ist es der mit Abstand schlechteste Teil in meinem PJ und auch im Vergleich zu Famulaturen in der Chirurgie vorher mies.
Vielleicht nützt die übermittelte Kritik um die Zeit für nachfolgende PJler wieder besser zu gestalten. Ich wünsche es allen.
Bewerbung
Zentrale Bewerbung über das Referat Lehre. Die konkrete Zuteilung zur Abteilung regelt Frau Lietzau. Wer einen Wunsch hat, sollte ihr diesen frühstmöglich zusenden. Auch eine Zusage von ihr zu einem Fachbereich garantiert jedoch nicht, dass man wirklich dort landet.
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Braunülen legen
Röntgenbesprechung
Blut abnehmen
Mitoperieren
Patienten aufnehmen
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Frei verfügbar
Tätigkeiten
Essen frei / billiger
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich

Noten

Team/Station
3
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
4
Klinik insgesamt
3
Unterricht
6
Betreuung
5
Freizeit
1
Station / Einrichtung
4
Gesamtnote
4

Durchschnitt 3.6