Im Vergleich zu dem Haus, in dem ich meine ersten 8 Wochen Chirurgie verbracht habe, ist Rorschach tatsächlich eine Besserung gewesen.
Dennoch stellt man sich unter einem Ausbildungsabschnitt Chirurgie etwas anderes vor - z.B., dass man was lernt. Fortbildungen im Haus gabs nicht, außer, einer von den PJlern hat den Auftrag bekommen, einen Vortrag vorzubereiten und zu halten, frei nach dem Motto "unter den Blinden ist der einäugige König..."
Nicht nur, dass es keine Fortbildungen gibt, nein, es gibt nicht einmal Lehrbücher, in denen man nachschlagen könnte. Fortbildungen gab es in St. Gallen oder auch gerne mal in Schaffhausen (ca. 1 h Fahrt mit der Bahn), leider zu völlig utopischen Zeiten, zu denen die Stationsarbeit meist noch nicht beendet war...
Viel Tagesgeschäft geht mit Akten hin- und hertragen, Briefe vorbereiten, Datenpapier schreddern, Wasserkästen auffüllen, Statistik für eine Publikation des Chefs tippen und Qualitätsdokumentation, die danach keinen mehr interessiert,... drauf.
Mit den Assistenten war die Stimmung super, mit ihnen konnte man auch viel Wundversorgung etc. im Notfall machen, der proktol. Oberarzt ist auch wirklich spitze, erklärt viel und gerne, bindet einen aktiv in die OPs mit ein.
Leider gibt es auch einen anderen OA, der eher nach dem Regime der Angst herrscht. Erstaunlich, wie oft ich in meiner Zeit da die Worte "ich kündige" von Seiten der Assistenten, äh, ich zitiere: Deppen, Vollidioten, Behinderten, Pfeifen... gehört habe.
Rorschach ist das Laparoskopie-Zentrum der Schweiz schlechthin, wer da also interessiert ist kann sich sicher was anschauen, wenn denn die Zeit dazu bleibt. Laut Chef gäbe es irgendwo sogar auch einen "laparoskopie-übe-Kasten" - der war leider irgendwie verstellt und man kam da partout nicht ran, ach wie doof... Ach ja, es gibt hier keine Intensivstation. Die Anzahl und Bandbreite an OPs ist also durchaus überschaubar klein...
Ich hatte das Glück, mit einem anderen PJler und einer Famulantin gleichzeitig da zu sein, dadurch konnte man sich die "Sekretärarbeit" aufteilen und mit in OPs gehen. Wenn man da alleine ist, sieht's schlecht aus.
Einziger Vorteil gegenüber so mancher Klinik in D: man kriegt Gehalt und kann somit immerhin den Lebensunterhalt finanzieren...
Es ist wohl schon ziemlich lange her, dass mal ein Schweizer Unterassistent hier war, und die nächste Zeit ist wohl auch sonst niemand da. Das tut mir Leid für die Assistenten, die eh immer alles ausbaden müssen, aber vielleicht führt das ja dazu, dass PJler in Zukunft besser (bzw überhaupt) betreut werden.