Ich wollte gerne sehen, wie das NHS funktioniert und wie es ist in England zu arbeiten. Nachdem ich mir viele Berichte durchgelesen habe, waren meine Erwartungen auch sehr niedrig angesetzt. Es war mir von vorneherein klar, dass sich ein PJ-Platz dort nicht mit Deutschland vergleichen lässt und auf dieser Grundlage habe ich auch meine Benotung vergeben.
Die Kommunikation mit der Uni im Vorfeld hat sich als sehr angenehm erwiesen. Am ersten Tag sollte man sich im Büro vorstellen, dort waren alle Unterlagen vorbereitet, es gab gleich den Studentenausweis (mit dem ist Bus fahren sehr günstig) und andere Informationen.
Der Kleidungsstil im Krankenhaus ist ja eher schick/formell, Männer mit Anzughose und Hemd, Frauen ebenfalls Stoffhose/Bluse/schickes Oberteil/Rock. Kittel gibt es keine, daher nimmt man eben überall seine Handtasche mit hin, das ist aber auch normal oder man nimmt eben gar nichts mit. Es gilt eine bare below elbow policy, was ich sehr sinnvoll fand, die Ärmel müssen immer hochgekrempelt werden oder eben kurz sein.
Im Großen und Ganzen hat es eher einer Famulatur geglichen würde ich sagen. Aber es lag sehr viel an einem selber. In der Colorectal surgery waren wir dann plötzlich zwei PJ ler für einen Consultant, was ja etwas komisch organisiert ist, so war es noch schwieriger mit an den Tisch zu kommen. Aber ich durfte bei einiges OPs assistieren, es gab viele Clinics, bei denen man dazugehen konnte, Patienten auch erstmal selber befragen und dann eine Übergabe machen, etc. Was es dort eigentlich gar nicht zu tun gibt sind die typischen PJ Aufgaben wie Blut abnehmen und Briefe schreiben.
Blut wird von speziell dafür angestellten Damen abgenommen, die ihre Runden über die Stationen drehen, für die Entlassung werden einheitliche Formulare ausgefüllt.
Auf Station mitzugehen hat reichlich wenig Sinn gemacht, die jungen F1-Ärzte, die diese Arbeit machen, waren selber erst recht frisch da und es war doch teilweise sehr chaotisch. Die Patienten sind über viele Stationen verteilt, die Dokumentation findet noch in dicken Papierakten statt, in denen kaum einer einen Überblick hat. Morgens hat immer eine Ward Round stattgefunden, in der man doch das ein oder andere mitnehmen konnte und danach war es dann am sinnvollsten in den OP oder eine Clinic bzw. Endoscopie zu gehen.
Die zweiten vier Wochen habe ich in der Orthopädie verbracht und das war einfach unglaublich toll.
Mr. Davies war mein Consultant und er hat sich unglaublich viel Mühe gegeben, dass ich von allem etwas sehe. Dort hat der Tag immer um 8 Uhr mit der Traumakonferenz begonnen, danach bin ich auch dort eigentlich immer in den OP oder zu einer der zahlreichen Clinics gegangen, ab und an auf eine On-Call-Ward-round. Im OP durfte ich recht viel machen, auch mal nähen, sonst eben Haken halten. Auch das hängt wieder ein wenig von einem selber ab.
Im Allgemeinen finde ich einfach das Klima dort unglaublich angenehm. Keine Hirarchie, keine bösen OP Schwestern, es hilft einem immer irgend jeman weiter und wenn man mal was gefragt wird und es nicht weiß, dann wird es eben nett erklärt.
Das NHS - das muss man selber herausfinden, was man davon hält ;) Es ist auf jeden Fall vieles anders, das fängt schon bei den Räumen an mit 8 Patienten, nur durch Vorhänge getrennt. Aber es ist auf jeden Fall eine Erfahrung wert.
Der Freizeitwert ist relativ hoch - es ist kein Problem, wenn man mal einen Tag fehlt, um einen Ausflug zu machen und wer mittags gehen will, kann das auch. Wirklich interessieren tut es nicht, ob man da ist oder nicht. Die jungen Ärzte haben sich immer eher gewundert, wenn wir so viel da waren.
In Sheffield und Umgebung gibt es einiges zu erleben. Der peak District ist nicht weit entfernt und gut mit dem Bus erreichbar, überhaupt ist ja das Bus System gut ausgebaut. Sheffield lebt von den Studenten und da ist in der Zeit, wo die da sind auch dementsprechend viel los. Im August waren die noch weg - und es war deutlich zu spüren in den Bars etc. - was mich nicht gestört hat. York, Liverpool, Manchester und Leeds sind auch nicht weit entfernt und einen Besuch wert. Absolut schön zum wandern ist auch der Lake District.
Unterkunft kann teilweise von der Uni angeboten werden, die ist allerdings auch nciht so unglaublich toll. Ich habe mir privat was über das Internet gesucht (Seiten wie flatsharing.com) und auch erfolgreich gefunden und war sehr glücklich, wo ich gewohnt habe.
Was man doch beachten sollte: Abends ist es eine Katastrophe mit den Bussen. Der letzte Bus fährt um 11. Daher würde ich lieber ein Zimmer in der Nähe der Studentenviertel/Stadt suchen und jeden Tag zum Krankenhaus fahren, als nah am Krankenhaus zu wohnen, aber nachts auf ein Taxi angewiesen zu sein. Taxi ist aber auch bezahlbar, für ca. 7 Pfund kommt man ein ganzes Stück. Wohnt man in der Nähe des Hallamshire Hospitals (die belebtere Ecke), fährt auch halbstündlich ein kostenloser Bus zum Northern General Hospital - man kommt dort also sehr gut hin.
Die Menschen habe ich alle als unglaublich freundlich erlebt und ich freue mich schon, wenn ich mal wieder dorthin kann. Ich könnte mir auch durchaus vorstellen dort mal zumindest eine Weile zu arbeiten.
Bewerbung
Ein Jahr vorher habe ich mich informiert und beworben, es gibt Bewerbungsfristen, über die Internetseite der Uni herauszufinden (ich glaube letztendlich war das ca. 9 Monate vorher). Victoria Hattersley, Elective Co-ordinator, ist sehr hilfsbereit und antwortet auch immer schnell. med-school@sheffield.ac.uk