PJ-Tertial Pädiatrie in CHU de Montpellier (8/2012 bis 11/2012)

Station(en)
Pädiatrie générale et infectieuse (III) / Hopital Arnaud de Villeneuve
Einsatzbereiche
Station, OP
Heimatuni
Heidelberg - Fakultaet Heidelberg
Kommentar
Nachdem nun meine Zeit in Montpellier fast vorüber ist, möchte ich eine kurze Zusammenfassung über den Krankenhausalltag sowie das tägliche Leben in Frankreich erstellen:
Als ich Ende Juli nach Montpellier kam, war ich reichlich überfordert: Die Hitze war in der Altstadt sowie im schlecht klimatisierten Krankenhaus fast unerträglich, nachts konnte ich kaum schlafen, da mein zur Zwischenmiete gemietetes 7 qm-Zimmer mitten in der Altstadt und dazu noch unterm Dach und dementsprechend laut und heiß war. Zum Glück gab mir Manolo, mein homosexueller französischer Mitbewohner, Tipps aus dem Süden, um mit der Hitze besser zurechtzukommen: So sollte ich abends kalt duschen und auch die nassen Haare nicht vor dem schlafen gehen trocknen, da dies zusätzliche Kühlung verhieß; auch den Ventilator, der leider nach einigen Tagen den Geist aufgab und durch einen neuen ersetzt werden musste, sollte ich auf den Balkon stellen, damit dieser die vermeintlich kühle Luft von draußen ins Zimmer blies. So weit so gut, dass einzige, was wirklich zur Kühlung verhilf, war in den Tagen, bevor mein Praktikum anfing, jeden Tag die 12 km idyllische Fahrradstrecke zum Strand am Ufer des Lez mit dem Fahrrad meiner Zwischen-Vermieterin zu bewältigen, wonach die Abkühlung im Meer umso verdienter schien. Manolo bot sich bereitwillig an, mich in diesen Tagen zu begleiten, was zum Einen sehr anstrengend war, da er keine Minute still sein konnte; zum Anderen erwies er sich aber auch als formidabler Französisch-Lehrer, der mich beim kleinsten Fehler verbesserte und mir die subtilen Unterschiede zwischen zwei Wörtern mit mir gleich erscheinender Bedeutung erklärte. Ein weiterer Vorteil war, dass Manolo mich auch vom viel zu überfüllten Touristenstrand Palavas-Les-Flots weglotste und mir den sehr viel ruhigeren Strand Maguelone zeigte, an dem ich noch viele schöne Sonntage verbringen sollte.
Auch als Stadtführer erwies sich Manolo als außerordentlich hilfreich; als Kunstliebhaber und selbst bezeichneter Fotomontage-Künstler zeigte er mir viele der Galerien der Modernen Kunst, aber auch diejenigen der klassischen Kunst, wie das gerade die Caravaggio-Ausstellung „Caravage et le caravagisme européen“ zeigende Musée Fabre. Abends lernte ich viele von Manolos Freunden kennen und wurde sogar auf eine Pool-Party mit Hawaii-Motto eingeladen, auf der ich zwar leider die einzige weibliche Anwesende war, auf der ich mich aber dank Manolos überaus zuvorkommender und höflicher Freunde trotzdem prächtig amüsierte und weiterhin fleißig mein Französisch verbesserte, da nur sehr wenige Franzosen Englisch sprechen.
So in meinen Französisch-Kenntnissen gestärkt, konnte ich Anfang August in mein Praktikum auf der Station „Pediatrie générale et inféctieuse im Hopital Arnaud de Villeneuve starten. Das „Centre Hospitalier de Montpellier“ liegt glücklicherweise nur 4 km außerhalb des Zentrums der Stadt, was leicht mit dem Fahrrad zu bewältigen ist; trotzdem war es schon morgens so heiß, dass ich meist schweißüberströmt im Krankenhaus ankam, was jedoch nicht weiter schlimm war, da auch der restliche Alltag im schlecht klimatisierten Krankenhaus nicht frei von Schweißausbrüchen bleiben würde. Sehr zu meinem Glück erwarteten mich im Krankenhaus nicht nur sehr nette französische Ärzte, sondern auch zwei deutsche Medizinstudenten, die den Sommer über Famulatur in Montpellier machen wollten. So stand ich zum Einen mit meinen Anfangsschwierigkeiten in Französisch nicht alleine da und wir konnten uns oft über das nicht Verstandene austauschen; zum Anderen konnten wir uns auch die Arbeit besser aufteilen:
In Frankreich werden Medizinstudenten, die sog. „Externes“ nämlich schon richtig in den Klinik-Alltag eingegliedert und werden auch – mit einem Mini-Gehalt von 230 Euro monatlich – zu einem kleinen Teil für ihre Arbeit entlohnt. Dementsprechend müssen sich Externes – und trotz fehlender Bezahlung auch wir deutschen Studenten – schon um eigene Patienten kümmern: Hierbei untersuchten wir die Kinder bei ihrer Ankunft auf der Station und führten eine gründliche Anamnese, also eine Erfragung der aktuellen Krankengeschichte sowie der Vorerkrankungen/ etwaigen Geburtskomplikationen, Allergien, genetischer Dispositionen sowie des Impfstatus durch, woraufhin wir die Ergebnisse in einem „Dossier“, also einer Patientenmappe notierten. Daraufhin erstellten wir einen Medikamentenplan, der natürlich beim morgendlichen Staff-Meeting sowie der nachfolgenden Visite, während der wir unsere Patienten auch vorstellen mussten, mit dem Oberarzt bzw. den Assistenzärzten abgeglichen wurde. Im Laufe des Tages mussten zusätzlich alle neuen Befunde notiert sowie Bons für die nötigen diagnostischen Maßnahmen wie Ultraschall, Röntgen etc. angefertigt werden, beim Entlassen der Patienten verfassten wir zusätzlich noch einen stichwortartigen Entlassungsbrief mit Vorgeschichte des Patienten, Krankheitsverlauf, Therapie während des Krankenhausaufenthaltes etc., welcher den Patienten zum Vorlegen beim nächsten Hausarztbesuch mitgegeben wurde. Bei den insgesamt 20 Belegbetten auf unserer Station hatte jeder von uns drei deutschen Studenten ca. 7 Kinder zugeteilt, was doch eine Menge Arbeit bedeutete; gleichzeitig bedeutete dies jedoch für uns, dass wir uns zum Einen recht nützlich fühlten, da wir den Internes, also den Assistenzärzten viel Arbeit abnahmen, und zum Anderen auch eine Unmenge an praktischen Erfahrungen sammelten, was bei deutschen Famulaturen, während denen man meist nur als “Zuschauer” mit einem Arzt mitläuft, oft zu kurz kommt.
Mittags konnten wir mit den Internes, mit denen wir uns sehr gut verstanden, zum Essen des “Internats” – mitkommen. Das “Internat” ist so viel wie eine Vereinigung der Assistenzärzte mit eigenem Wohnhaus samt Schwimmbad, in dem die Internes des ersten Jahres untergebracht sind und in dem auch regelmäßig Partys stattfinden. Hier wird mittags – auch für Oberärzte, sofern diese einen monatlichen Beitrag zahlen – ein schönes Buffet im Freien angerichtet (donnerstags auch mit Wein, Eiscreme und vielfältiger Käseplatte zum Nachtisch), leider direkt neben dem Helicopter-Landeplatz, was uns oftmals ein versandetes Mittagessen bescherte. Während des Mittagessens mussten jedoch bestimmte Regeln beachtet werden: Man muss im Kittel erscheinen und darf diesen auch nicht offen lassen, am Mittagstisch sollte ferner kein Englisch und nicht über Medizin geredet werden. Werden diese Regeln verletzt, wird – angeleitet vom jährlich gewählten und auf einem rot bemaltem Stuhl sitzenden Chefs der Internes, mit den Gabeln getrommelt, der Schuldige wird gebeten, an einem großen Rad zu drehen, welches dann über sein Schicksal entscheidet: Die Strafe geht von Kaffeedienst oder laut einen Witz erzählen bis einer Dame der Wahl einen Kuss auf den Hals geben, was dann natürlich johlend von der gesamten 200 Mann-Belegschaft beklatscht wird.

Auch außerhalb des Krankenhauses gibt es in und um Montpellier eine Menge zu erleben: An den Wochenenden unternahmen wir oft Strandausflüge oder auch Ausflüge in nahe gelegene Dörfer oder Städte wie Saint-Guilhem-le-Désert, Carcassonne, Nimes oder Toulouse, wobei mir besonders der Pont du Diable in Saint-Guilhem-le-Désert sehr gut gefiel.

Jeden Freitag abend im August bis Mitte September fanden außerdem die sog. “Estivales” im Zentrum Montpelliers statt: Diese bestanden aus Schmuck- und Essensständen mit Leckereien der französischen Küche wie “moules frittes” (frittierte Muscheln) oder natürlich süßen crepes und gaufres (Waffeln), aber auch Spezialitäten aus ehemaligen frz. Kolonien wie z.B. Mauritius wie selbstgemachtes Kokosnußeis. Außerdem gab es ein großes Angebot an Konzerten und Live-Musik; auch eine Tango-Bühne mit einigen Amateur-, aber auch vielen wirklich guten Tango-Tänzern war aufgebaut. Auch nach Ende der Estivales zogen wir abends, auch oft in Begleitung der Assistenzärzte noch oft los, um uns auf versteckten kleinen Plätzen oder in Bars Jazz oder brasilianische Musik anzuhören; Montpellier ist in Sachen Live-Musik vor allem im Sommer eine wahre Fundgrube.
Mitte September fing nach langer Sommerpause auch das Capoeira-Training in Montpellier an (Capoeira ist ein brasilianischer Tanz bzw. Kampfsport, den ich in Heidelberg angefangen hatte und nun schon seit 4 Jahren praktiziere); nachdem ich einigermaßen hin- und hergerissen war ob ich für die 2 Monate Trainig den doch recht stolzen Preis zahlen sollte, entschied ich mich schließlich doch dafür, da mir das Trainig sehr gut gefiel. Im Gegensatz zu meiner Gruppe in Heidelberg war das Training zwar viel weniger hart, da hier auch viele Anfänger trainierten; andererseits wurde viel Wert auf Technik gelegt, was mir die Möglichkeit gab, viele der bereits erlernten Bewegungen zu perfektionieren. Sehr schön war auch, dass sich die Gruppe nicht, wie in Heidelberg, nach Ende des Trainings auflöste, sondern dass wir meist noch etwas zusammen unternahmen, wodurch ich schnell viele Freundschaften innerhalb der Gruppe schloss; oft gingen wir z.B. noch etwas zusammen essen oder begleiteten unseren Professor zu einem Konzert seiner brasilianischen Percussion-Band.

Insgesamt hatte ich eine tolle Zeit in Montpellier, was zum Einen an den vielen netten Leuten liegt, die ich der kurzen Zeit kennenlernen durfte, zum Anderen aber auch an dem reichen Erfahrungsschatz, den ich mir hier auf medizinischer Ebene aneignen konnte. Pädiatrie als Wahlfach war im Rückblick eine gute Wahl: Hierbei lernte ich zum Einen das Verhalten von Kindern deuten, die ja nicht immer sagen (können), wo es weh tut, und sah zum Anderen ein weites Spektrum an Pathologien; von Hautkrankheiten, allergischen, rheumatischen und infektiösen Krankheiten bis durch die Vielzahl an nordafrikanischen Einwanderern oft vorkommenden tropischen Krankheiten wie z.B. Malaria lernte ich viele verschiedene Krankheitsbilder kennen, die ich wohl nie wieder vergessen werde. Ein schönes Gefühl war auch dass sich-nützlich-fühlen durch die starke Einbindung der Studenten in den Klinik-Alltag; oft konnte ich auch, wie z.B. beim Einliefern eines stark asthmatischen brasilianischen Mädchens, das kein Wort Französisch sprach, als Übersetzerin fungieren. Dank meines netten Stationsarztes, der einige Kontakte in der Kinderchirurgie hatte, durfte ich zudem bei einigen spannenden kinderchirurgischen Eingriffen assistieren, was großen Spaß machte und mir auch einen Einblick in den französischen OP-Alltag gab: Mag es nun daran liegen, dass Pädiater und Kinderchirurgen allgemein oft feinfühlige und geduldige Menschen sind oder nicht, mir gefiel die Stimmung im OP sehr: Hier gab es kein Hierarchie-Verhalten oder unnötiges Rumgeschreie wie in deutschen Operationssälen; Studenten, OP-Schwestern, Assistenzärzte und Chefarzt gingen hier sehr freundschaftlich und nett miteinander um, wodurch ich mich gleich sehr wohl fühlte.
Mit Capoeira als “Bindeglied” zwischen meinen zwei doch sehr verschiedenen Auslands-Tertialen bin ich zwar einerseits traurig, meine neugewonnenen Freunde und das wahnsinning lehrreiche Praktikum im Krankenhaus hinter mir zu lassen, andererseits bin ich aber auch voller Vorfreude auf Brasilien und die Chirurgie, welche ich, wie ich anhand meiner Hospitationen in der Kinderchirurgie gemerkt habe, besonders spannend finde.
Bewerbung
An Elsa Chaudet <elsa.chaudet@univ-montp1.fr
oder Jocelyne.guiol" <jocelyne.guiol@univ-montp1.fr>
Vorlaufzeit ca. 3-6 Monate
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Repetitorien
Sonst. Fortbildung
Tätigkeiten
Briefe schreiben
Patienten untersuchen
Mitoperieren
EKGs
Untersuchungen anmelden
Eigene Patienten betreuen
Patienten aufnehmen
Dienstbeginn
Nach 8:00 Uhr
Dienstende
Vor 15:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Essen frei / billiger
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Gebühren in EUR
5

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
1
Unterricht
2
Betreuung
1
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.07