Mit ein Grund für meine Bewerbung in dem Spital Wattwil waren die guten bis sehr guten Bewertung. Nach dem Tertial muss ich nun leider sagen, dass ich sehr überrascht bin wie es immer zu diesen Benotungen kam. Ich würde zwar nicht sagen, dass ich es bereue das Tertial in Wattwil gemacht zu haben, denn dies ist nicht der Fall, denn es war wirklich schön, allerdings hat dies nichts mit dem Fachwissen zutun, denn für das Examen hat es mir nicht viel gebracht, da ich fast nichts gelernt habe. Die Bewertung stellt für mich jetzt eine schwere Aufgabe dar, denn man muss gestehen, vom gesamten Ärzteteam sowie von der Pflege wurde man sehr herzlich aufgenommen und eigentlich auch immer gut behandelt. Auf der anderen Seite wurde man als Unterassistent merklich als eine billige Arbeitskraft betrachtet. Einer der Assistenzärzte erklärte mir im Laufe des Tertials auch, dass es das PJ wie es bei uns ist nicht gibt und die Uhus deswegen für alle unbeliebten Arbeiten eingeteilt werden, und Lehre daher nicht betrieben wird. Dies war mit ein Grund, weswegen wir Uhus in genau die OPs eingeteilt wurden, die von den Assistenzärzten als zu „Zeitaufwändig“ und als „unangenehm“ empfunden wurden.
Begründung der Einzelnoten:
Stimmung auf Station/ Klinik: 2
Eigentlich muss man sagen, dass die Stimmung unter der gesamten Ärzteschaft gut war. Von den Assistenzärzten wurde man am ersten Tag direkt sehr freundlich aufgenommen und respektvoll behandelt. Sie luden uns im Krankenhaus zu einem Kaffee oder auch privat mal zum Essen ein. Auch die Oberärzte und der Chefarzt waren immer sehr freundlich, so dass man nie Grund hatte in Panik zu verfallen, wenn man plötzlich im OP oder auf Visite mit einem der Herren arbeiten musste.
Kontakt zur Pflege: 2
Die Pflege war das gesamte Tertial über immer sehr nett und für jegliche Fragen offen. Sowohl auf der Tagesklinik/Notaufnahme als auch auf der Station wurde man anerkannt und ernst genommen.
PJ-ler Ansehen: 5
Auch wenn diese Benotung sehr hart klingt, aber wie oben schon mal erwähnt, wurden wir eher als billige Arbeitskräfte betrachtet. Sei es man wurde für die unangenehmen OPs eingeteilt oder wurde gerufen, um nach einer Kocherkeilexzision den blutenden Zeh abzudrücken oder um den Telefondienst für die OA zu spielen da dieser steril dabei stand. Nur weil man mal in der OP nähen oder die Kamera führen durfte (was in der Famulatur schon zum Standard zählte) kann ich die Note nicht hochsetzten. Wie zuvor erwähnt hat man im gesamten Tertial nicht wirklich etwas gelernt.
Unterricht: 5
Eine chirurgische Fortbildung gab es nicht. Die einzige Möglichkeit etwas chirurgisches zu besprechen gab es nur, wenn sich einer der Assistenzärzte mit uns zusammensetzte und ein aktuelles Krankheitsbild von der Anamnese bis zur Therapie durchging. Abhängig vom Operateur konnte man in den OPs nähen. Orthopädische Untersuchungen brachten wir uns per youtube oder mit Büchern bei. Bei suspekten Befunden oder Fragen war es immer möglich einige der Assistenzärzt um Hilfe zu bitten. Man muss allerdings bedenken, dass alle AA frisch von der Uni kamen, und somit selbst noch in der Lehre.
Betreuung: 4
Von den Oberärzten war keiner für uns zuständig. In den OPs wurden ab und zu mal Fragen zur Anatomie gestellt, das war dann aber auch alles, bei einem der Operateur wusste man allerdings nie ob man das richtige gesagt hatte, da er nach seinem Quiz nie mit einem weitersprach (Orthopäde des Spitals). Man konnte in der OP auch selbst mal Fragen stellen, jedoch waren die Antworten, ebenfalls abhängig vom Operateur (Orthopäde des Spitals), nicht die Informativsten und oft noch mit einem Vorwurf behaftet. Der Rest unserer Tätigkeit bestand dann mit komplett sinnlosen Aufgaben, wie Patientenakten sortieren und beschriften, den Visitenwagen auffüllen oder alte Patientenakten schreddern. Wenn uns mal eine medizinische Tätigkeit aufgetragen wurde, dann ging es meistens um Terminabsprachen für die Sprechstunden oder Patienten entlassen, also alles sehr anspruchsvoll. Erst nach unserer Beschwerde bekamen wir die Gelegenheit öfters mal Wunden in der Notaufnahme zu nähen oder einen Cystofixwechel selbst zu machen. Wenn es die Zeit erlaubte, und man sonst für nichts anderes eingeplant war, konnte man auch mal Entlassungsbriefe schreiben.
Freizeit: 2
In der Chirurgie sehr viel, wenn man keinen Pickettdienst hatte, konnte man in der Woche eigentlich immer nach dem Nachmittagsraport gehen. Im Sommer konnte man schöne lange Wanderungen unternehmen und einiges erkunden. Wenn man mit dem Auto da war, konnte man auch viele Städte und Seen besichtigen. Dies ist natürlich auch mit der Bahn möglich, denn die Verbindungen sind wirklich gut, allerdings sind die Fahrpreise enorm. Unter den Uhus werden die Pickettdienste so aufgeteilt, dass jeder Tag abgedeckt ist. Man hat das gesamte Wochenende Dienst und in der Woche beginnt der Dienst um 16 Uhr und endet am nächsten Morgen. Man erhielt ein Handy über das man jederzeit erreichbar war, und bei einem Anruf musste man innerhalb von 45 min im Krankenhaus sein. Für jeden Picketttag erhielt man immer einen halben Kompensationstag.
Lehre auf Station: 5
Wie schon mehrfach erwähnt gab es in der Chirurgie keine Lehre. Bei Visite auf der Station erkundigte man sich über das Befinden des Patienten, Fragen seitens der Pflege wurden erst nach Absprache mit den OA von den AA beantwortet. Also viele Eigenentscheidungen gab es nicht seitens der AA, allerdings muss man immer wieder betonen, dass die AA selbst erst einige Monate ihr Examen in der Tasche haben. Die einzigen Fortbildungen die wir Uhus hatten waren seitens der Anästhesie und einer Infektiologin aus St. Gallen, die wir durch Eigeninitiative ins Leben gerufen haben. Aber auch hier war es schwierig diesen Beizuwohnen, denn wenn man Pickett hatte oder ein Patient mal zur Voruntersuchung zu spät kam, wurde der Uhu gerufen um dies zu erledigen, so verpasste man des Öfteren eine Fortbildung.
Insgesamt: 3,38
Trotz meiner nicht so guten Bewertung (im Vergleich zu den bisherigen), muss ich sagen, dass ich soweit zufrieden bin und es immer wieder machen würde. Trotz der eher langweiligen OPs (vorallem die SEHR langen orthopädischen OPs) war es durch die sehr angenehme Atmosphäre mit den Ärzten entspannt und lustig. Für mich war die Chirurgie eher ein Pflichttertial, welches erledigt werden musste, und im Grunde war das in Wattwil möglich. Im Sommer besser als im Winter. Im Winter wird es schlagartig voll im Spital und es stehen plötzlich mehr OPs auf dem Plan, vor allem sehr viele von den unangenehmen, wo man als Uhu immer wieder zur Assistenz eingetragen wurde. Wir Uhus wussten schon vor der offiziellen Assistenzeinteilung am Vortag immer in welchen OPs wir unseren Vormittag am nächsten Tag verbringen würden, ohne selbst bei der Planung dabei gewesen zu sein. Da Lehre hier nicht vorhanden war, ist dies der Ausschlag für die Note, denn mit Freundlichkeit lässt sich nun mal kein Examen bestehen.
Fazit:
Für eine Bewerbung muss man sich klar sein, dass es keine Fortbildungen gibt, also jemand der großes Interesse an der Chirurgie und großen Wissendurst hat ist hier eher fehl am Platz. Allerdings ist es für jemand der die Chirurgie nur als ein Pflichttertial ansieht gut zu empfehlen. Die Atmosphäre im gesamten Spital ist entspannt und alle sind sehr nett. Wichtig ist auch, dass ALLE eingetragenen Pickettdienste kompensiert werden. Es ist aber sicherlich besser sich für ein Tertial im Sommer zu bewerben.