PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Buergerspital Solothurn (12/2012 bis 3/2013)

Station(en)
K
Einsatzbereiche
Station, OP, Notaufnahme
Heimatuni
Freiburg
Kommentar
Ich habe eine traumhafte Zeit in der Chirurgie am Bürgerspital Solothurn erleben dürfen.
Ein paar Informationen, die euch den Start dort erleichtern sollen, möchte ich hier festhalten:

Die Organisation:
Die Organisation der Klinik ist super, man bewirbt sich formlos per Mail und bekommt dann alle Unterlagen und Anforderungen umgehend zugeschickt. DIe Aufenthaltsbewilligung wird bei genügend langer Vorlaufszeit von der Klinik organisiert, man erhält mit dem Arbeitsvertrag auch einen Mietvertrag für den Wohnheimsplatz, kann eine Parkplakette für das Auto beantragen und ist rundum versorgt. Man weiß, wo man sich wann einfinden soll, hat auch während der Zeit vor Ort immer das Gefühl Ansprechpartner für alle Fragen zu kennen und diese helfen sehr gerne weiter. Abneigung gegen Deutsche habe ich in der Zeit dort nie erlebt!

Die Klinik:
Die Klinik liegt auf leichter Anhöhe über der Stadt Solothurn und befindet sich in einem Zusammenschluss mit den Kliniken in Olten und an zwei weiteren Stellen (Solothurner Spitäler AG - einfach mal googlen). Durch die Nähe zur Uniklinik Bern (Bern liegt rund 30min mit dem Auto entfernt) liegen die wirklich komplizierten Fälle wohl eher dort, aber aufgrund der großen Expertise und des Könnens des Chefs der Chirurgie gibt es immer wieder interessante Fälle, die direkt in Solothurn behandelt werden. Während meiner Zeit vor Ort habe ich mitbekommen, dass der Chef der Chirurgie (Dr. Barras) wohl einer der führenden Chirurgen der Schweiz sein soll - kein Wunder also, dass man unter ihm sehr viel unterschiedliche OPs sehen und miterleben kann. Im Bürgerspital wird von Thorakoskopien über Lungenresektionen, Viszeraleingriffen (Appendektomie, Cholezystektomie, Sigmaresektion, Darmresektionen.... aber auch mal ein Whipple und anderes Anspruchsvolles), Schilddrüsen-OPs bis hin zu gefäßchirurgischen Eingriffen mit Bypässen, Varizenstripping,... unter dem Leiter des Gefäßzentrums Dr. Schnetzer alles operiert und man darf als Unterassistent überall dabei sein und helfen.

Die Aufgaben:
Es hängt vieles davon ab, wie viele Unterassistenten aktuell in der Klinik sind. Als ich anfing, waren wir nur zu zweit - umso mehr war für uns im OP zu tun. Als ich mein Tertial beendete, waren viele neue Assistenzärzte und Unterassistenten vor Ort und die Unterassistenten hatten deutlich weniger zu tun. Generell gilt: man darf vieles, muss aber nichts!
Auf Station läuft man bei der Visite mit, kann bei der Chefarztvisite, die immer mittwochs stattfindet, die Patienten vorstellen, schreibt die Verläufe in der neu eingeführten elektronischen Patientenakte, darf Ultraschall machen, schreibt Entlassbriefe (die heißen in der Schweiz Austritte)...... was in der Schweiz ganz wegfällt sind nervige Blutabnahmen, Nadeln legen, Verbandswechsel. Das macht alles die Pflege!
Für die OPs wird man täglich eingeteilt und kann sich dann mit den anderen Unterassistenten absprechen, wer zu welcher OP gehen will - bei den "kleinen" Eingriffen (Appendektomie, Galle) wird kein Unterassistent benötigt, das macht der Oberarzt und der Assistenzarzt alleine, bei allen anderen ist man als zweiter Assistent gerne gesehen. Zuschauen geht sowieso immer und der Chef freut sich, wenn man Interesse zeigt. Manchmal darf man auch als 1. Assistent am Tisch stehen (z.B. Mesh Graft, Varizenstripping), das hängt natürlich vom Operateur, vom eigenen Interesse und von den Assistenzärzten ab, die die OPs überlassen.

Man rotiert normalerweise 5 Wochen in die Chirurgie, 5 Wochen in die Orthopädie und 5 Wochen in die Notaufnahme. Daneben hat man 5 Tage Urlaub, die man frei legen kann (solange ein Unterassistent in der Chirurgie, einer in der Ortho und einer auf dem Notfall verbleiben). Ich bin irgendwie nicht für längere Zeit in die Orthopädie rotiert, deswegen kann ich von dort nichts berichten, aber was ich in den 3 Tagen, die ich dort war und anhand dessen, was die Kollegen abends berichteten, scheint es in der Chirurgie deutlich schöner zu sein (man wird von den Orthos gerne als Schreibkraft für die Austrittsberichte missbraucht).

Auf der Notaufnahme kann man je nach Assistenzarzt seine eigenen Patienten behandeln und versorgen, teilweise ganz ohne Assistenzarzt! Man schreibt die Briefe und Berichte, meldet OPs an, klärt Patienten auf, versorgt Wunden, darf nähen, ...... die Pflege ist dort super und fit und hilft gerne den Studenten weiter, wenn man sie partnerschaftlich behandelt und sich nicht als etwas Besseres aufführt.

Auch im OP ist man gerne gesehen, angeblich soll es am 1. Tag eine Einführung geben für die Neulinge - die hat aber in meiner Zeit nie jemand wahr genommen und keiner hat sie uns angeboten (braucht man auch nicht, wenn man davor schon mal im OP war und weiß, wie man sich steril einwäscht und im OP verhält). Am Tisch ist man als 2. Assistent, darf eigentlich fast immer zunähen, beim Faszienverschluss nach Laparoskopien die Kamera führen oder auch mal selbst den Faden angeln versuchen.... jeder der Ärzte (auch der Anästhesisten oder der Pfleger!) ist bereit jederzeit Fragen zu beantworten, man wird aufgefordert hier und da zu tasten, ab und an gibt's auch mal Fragen zum OP-Situs, die aber nie böse gemeint sind!
Zwischen den OPs ist jeder bemüht die Studenten zum Essen zu schicken, dass man also einen Tag ohne Essen im OP verbringt, gibt es fast nicht!

Generell hat man eigentlich fast jeden Tag die Chance auf ein warmes Mittagessen und ein Frühstück. Nach dem Morgenrapport um 7.30Uhr geht's mit den Assistenzärzten zum Frühstücken in die Kantine, die Visiten beginnen meist um ca 8.15 Uhr (der erste OP um 8 Uhr). Zum Mittag trifft man sich dann wieder in der Kantine (Essenskosten zwischen 8,90 CHF und 13 CHF, für Studenten keinen gesonderten Rabatt, also ladet euch von Anfang an genug Geld auf eure Badge!), gerne wird hier auch mal 1,5h gesessen und gequatscht - die Assistenten spendieren oftmals Kaffee für die Studenten (das scheint so üblich zu sein, ist am Anfang aber sehr ungewohnt).... überarbeiten tut man sich dann auf keinen Fall ;)

Für gewöhnlich gibt es um 16 Uhr die Röntgendemo und um 16.30Uhr den Mittagsrapport, wenn auf Station aber schon vorher nichts mehr los ist und man nicht im OP steht, kann man auch schon früher gehen und muss dann nicht mehr kommen. Da ist niemand böse oder beleidigt.

Dienstag Nachmittags findet eine gemeinsame Fortbildung mit den Orthopäden statt, Mittwochs ist Fortbildungstag ohne Operationen. Um 7.30Uhr beginnt eine gemeinsame Fortbildung mit den Gastroenterologen, der Chirurgie-Chef verteilt Vorträge (jeder Unterassistent muss einmal in seinem Tertial einen Vortrag halten), man bespricht interessante Fälle und ein Arzt präsentiert ein aktuelles Paper. Danach ist Chefarztvisite, als Student ist man gerne gesehen, wenn man auf allen drei chirurgischen Stationen mitläuft. Um 12 Uhr ist dann Meet & Lunch mit der M&M-Konferenz und einer Paperbesprechung, das man vorher gelesen haben soll (keine Angst, man wird nicht abgefragt oder geprüft ;) ). Dazu gibt es kostenlos Sandwichs oder mal Hotdogs, Obst, Kuchen, Getränke!

In meinen 15 Wochen habe ich es drei mal erlebt, dass nach dem Meet&Lunch ein Oberarzt Studentenunterricht gehalten hat - leider aber fehlt da die Regelmäßigkeit, weil der Oberarzt selbst genug Aufgaben hat, die er erledigen muss. Wer also spezielle Seminare für Studenten sucht, der wird vergeblich suchen - aber die Fortbildungen mit den Ärzten sind oftmals sogar viel besser als manch PJ-Seminar in Deutschland! :)

Dienste:
Man muss als Unterassistent KEINE Pickett-Dienste machen! Man deckt nur die Wochenenden in der Notaufnahme ab und kommt je nach Besetzung mit Studenten einmal im Monat (oder seltener) an die Reihe am Wochenende von 10 - 19 Uhr in der Notaufnahme (und bei dringendem Bedarf auch im OP) mitzuarbeiten. Je nach Assistenzarzt kann man vor 10 Uhr anrufen und wenn nichts los ist, kommt man erst um 12 und kann früher gehen - die Zeiten sind wirklich sehr variabel! Für die zwei Tage Wochenende bekommt man zwei Tage Kompensation, die man sich auch wieder selbst legen darf.

Wohnheim:
Das Wohnheim ist etwas älter, soll wohl aber in den nächsten Jahren komplett neu gebaut werden. Die Zimmer sind relativ groß, haben eigenes Waschbecken, Schrank, Sessel, Tisch, Schreibtisch, Minikühlschrank, Bett mit Bezug. Pro Stockwerk sind es 12 Zimmer (man trifft seine Mitbewohner aber sehr selten, die Schweizer scheinen da Kontaktscheu zu sein - es gibt also kein WG-Feeling auf dem Gang), eine Küche und zwei Toiletten. Dazu eine Dusche und eine Badewanne mit Duschmöglichkeit. Das reicht eigentlich, man bekommt nie Probleme, dass man nicht duschen könnte, weil sich eine Warteschlange bilden würde ;)

Achtung: im Wohnheim gibt es KEIN Internet! Wir haben zwar den Wohnheimschef angefleht, aber anscheinend ist es nicht vorgesehen, Internet ins Wohnheim zu bringen. Es gab bei uns einen ärztlichen Kollegen im ersten Stockwerk, der sein W-Lan für die Unterassistenten öffnete, aber man war immer abhängig davon, ob er gerade Lust dazu hatte oder nicht. Je weiter oben man wohnte, desto schlechter wurde die Verbindung und ab 3 Stockwerke drüber gab es dann kein Wlan mehr! bei Coop mobile gab es 3 Monate Internetflat bis 300MB gratis, das nutzten die meisten der weiter oben Wohnenden. Ansonsten konnte man in der Klinik ins Internet (aber das ist leider kein richtiger Ersatz für Skype etc!).

Außerdem gibt es im Wohnheim KEINE Kaffeemaschine, KEIN TV und nur ganz wenig Geschirr - bringt eure Kaffeemaschinen, einen Fernseher (Anschluss ist im Zimmer mit deutschen Kanälen vorhanden) und Geschirr mit!

Die Sauberkeit war prima, täglich putzte jemand die Küche und die sanitären Anlagen, Waschmaschine und Trockner gab es kostenlos im Keller und über einen unterirdischen Gang kam man direkt in die Klinik.

Sonstiges:
- Schweizer verstehen nur sehr schlecht bis gar nicht Ironie und Sarkasmus. Könnt ihr euch gleich abgewöhnen, einige von uns sind da am Anfang reingefallen und wurden mit großen Augen angeschaut, weil die Kollegen alles ernst und wörtlich nahmen ;)
- nach Bern sind es mit dem Auto rund 30min, in die Alpen zu den großen Skigebieten (Grindelwald-Wengen, Adelboden...) sind es ca 1,5h Fahrt. In Solothurn direkt gibt es keine Skigebiete! Vor der Haustür erhebt sic das Juramassiv mit dem Weissenstein, im Sommer kann man dort oben bestimmt sehr gut bis zu den Alpen schauen. Im Winter jedoch staut sich davor die Wolkenmasse und es kommt vor, dass man eine Woche lang nur Grau in Grau und Nebel sieht.
- Solothurn ist ein kleines Städtchen, viel zu sehen gibt es nicht. Empfohlen wurde uns die Einsiedelei zu besuchen, eine kleine aber feine Wanderung dahin ist empfehlenswert!
- Die Ladenöffnungszeiten sind sehr ungewohnt, unter der Woche nur bis 18.30 Uhr (je nach OP-Schluss wird das knapp!), Donnerstags bis 21 Uhr und Samstags dafür ganz kurz. Einen Aldi gibt es am Hauptbahnhof, der in ca 10min zu Fuss erreichbar ist, einen Denner gibt es ebenfalls in 10min, Lidl und Migros in knapp 15-20min zu Fuss. Coop ist teurer, aber auch in 10min in Richtung Stadt erreichbar.
- Das Gehalt kann man sich in bar auszahlen oder auf ein Konto in der Schweiz überweisen lassen - bei der Postfinance gibt es kostenlose Ausbildungskonten (sogar mit Kreditkarte). Das Konto dort ist problemlos zu eröffnen und mit einer Unterschrift wird das Gehalt dann auf dieses Konto einbezahlt.
- Wer mit dem Auto anreist und auf dem Gelände parken will, erhält für den erste Tag einen Parkausweis, danach muss man eine Plakette kaufen, die monatlich maximal 50 CHF kostet (es gibt Rabatt für Studenten). Erst dann darf man mit dem Auto dort parken. In der Umgebung gilt Parkverbot und eingeschränktes Parken mit Sonderausweisen (für die Anwohner), ihr müsst also zwingend die Parkplakette besorgen, wenn ihr kein Ärger haben wollt.
- Besuche von Freunden/Freundinnen sind möglich, sollten offiziell eigentlich angemeldet werden, aber da niemand kontrolliert, hat das auch ohne Anmeldung (die natürlich wieder extra Geld kostet) geklappt.

Bewerbung
Bewerbung entweder ca 1,5 Jahre vorher oder unmittelbar vor Beginn - es sind wohl immer Plätze frei, die dann kurzfristig vergeben werden können. Einfach eine Mail an den Chef der Chirurgie bzw. die im Netz unter so-h.ch bei Chirurgie angegebene Adresse und ihr bekommt rasch eine Antwort!
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Fallbesprechung
Sonst. Fortbildung
Tätigkeiten
Briefe schreiben
Röntgenbesprechung
Patienten untersuchen
Notaufnahme
Mitoperieren
Poliklinik
Untersuchungen anmelden
Eigene Patienten betreuen
Patienten aufnehmen
Chirurgische Wundversorgung
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
16:00 bis 17:00 Uhr
Studientage
Frei verfügbar
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Gehalt in EUR
1700
Gebühren in EUR
290 CHF Miete, 50 CHF Parkplakette

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
1
Unterricht
3
Betreuung
1
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.2