Also, ich habe in Peru eine der besten Zeiten meines Lebens verbracht, was zum einen an dem Land selber, zum anderen auch an den Leuten da liegt, aber wer dahin geht, der kann sich schonmal von der deutschen Kuschelmentalität verabschieden.
Das Haus ist einfach & dient der Versorgung der Ärmsten, es mangelt dort de facto an allem.
Als PJ'ler hat man dort 2 Optionen:
#1 man war nur auf dem Papier da (haben wohl die meisten bisher so gemacht)
#2 man arbeitet, wie die hiesigen Studenten. Aber dann richtig
Arbeit:
man kriegt, mehr oder minder sobald man sich (sprachlich) dazu bereit fühlt, seine eigenen Patienten (~3-8)- und die muss man dort auch komplett selbst vesorgen. Die Doctores sieht man morgens zur Visite & dann erst wieder wenns in den OP geht. Ansonsten muss man sich komplett selber um alles kümmern: Aufnahmeuntersuchung, Labor anmelden, OP vorbereiten, nachzählen ob auch alle benötigten Materialien (Medis/ OP-Kram) wirklich & richtig gekauft wurden (besorgen die Verwandten), Aufklärungen (rudimentär), Entlassbriefe schreiben, Befunden hinterherRENNEN, Arztunterschriften für alles mögliche besorgen (viel Glück bei der Arztsuche...)
Arbeitszeit:
- 6-Tage-Woche
- bloß nie zu spät kommen
- Beginn gegen 6- je nachdem wie schnell man ist, denn bis zur Visite muss man alle eigenen Patienten tgl. einmal komplett untersucht, bilanziert, Befunde zusammengetragen & neue Anordnungen getroffen haben, um dann zur
- Visite 7:00-9:00 den Ärzten alles unterschreib-fertig vorzulegen
- Entlasspapiere bis 10:00 fertig haben
- bis 12:00 mit den Verbandswechseln durch sein
- danach: OP's, Liegengebliebenes aufarbeiten, Neuaufnahmen,...
- 14:00 große Nachmittagsvisite mit den Nachtschichtärzten, dabei wird nochmal JEDER kritische Patient visitiert & vom zugehörigen Studenten vorgestellt & dazu in die Runde gefragt, wer nix wusste, wurde mit Nachsitzen gestraft/ tw. auch Gruppenstrafen
- heim gehen, wenn man alles erledigt hatte/ keine Guardia hatte
Guardia:
36h-Dienst alle 4 Tage, ohne Freizeitausgleich. Wer Glück hat, hat nen ruhigen Dienst & kann sich mal ein paar Stunden hinlegen. Wer wegen Übernächtigung am Folgetag patzt, wird abgestraft
Bezahlung:
man kriegt nix, muss aber an das Krankenhaus 25$/ Monat zahlen, "für die Lehre" und, wenn man über die private Uni "Universidad católica Santa Maria" geht 100 $ "Studiengebühr"/ Monat. Dafür wartet man monatelang auf seine Zusage (bekommt sie aber im Gegensatz zu den meisten anderen Unis, allen voran die staatlichen, irgendwann), bekommt KEINEN Studentenausweis (und Touris zahlen in Peru unverschämte Preise zu den Hauptattraktionen) und auch kein kostenloses Essen, wie alle anderen Mitstudenten. Für eigene Sicherheit, wie Handschuhe, Desinfektionsmittel (wenn sichs die Patienten mal wieder ni leisten können) sowie Dienst- & OP- kleidung muss man selber aufkommen
Kollegen:
super! Die Studenten rotieren monatlich durch die UWC/ Chi Frauen/ Chi Männer. Als Ausländer hat man aber bissl Narrenfreiheit & kann sich selber auch in die z.B. Notaufnahme dauerversetzen. Die studentischen Teams bestehen aus ~ 4 Leuten, die zusammenhalten wie Pech & Schwefel. Die Ärzte sind streng, aber eigentlich fast alles nette Leute & gewillt, dir was beizubringen. Insgeheim wissen Sie auch, was sie an uns haben, können es aber ni so zeigen. Mit den Schwestern hat man kaum Kontakt, die Arbeitsteilung ist insgesamt sehr strikt. Aber die meisten sind auch echt nett & hilfsbereit. Als Ausländer(IN) hat man eh per se bei allen einen Stein im Brett :-D
Ausstattung des Krankenhauses:
es gibt nix. Und das, was da ist, ist eigentlich meist kaputt. Hab nie eine OP erlebt, wo das Instrumentarium von Anfang an seinen Dienst erfüllte. Ob man heute ein funktionierendes Blutdruckmessgerät bekommt, ist ein tgl. Lottospiel. Steriles Besteck zum VW war abgezählt, wenn man mehr Patienten hatte, musste man eben besser haushalten. Tape für den VW bekam man nur über gute Beziehungen zur Oese. Rechner existieren nicht. Röntgenbefunde gehen gern mal verloren (und dann is freilich der PJ'ler schuld), Laborbefunde brauchen Stunden/ Tage und müssen, wenns eilig ist, immer aus'm Lab abgeholt werden. Ein Nachtdienst sah auch gerne mal so aus, dass man rund um die Uhr beuteln musste, da es in der ganzen Klinik nur 6 Respiratoren gab und wenn man Pech hatte, hing die studentische Ablöse die ganze Nacht im OP fest. Und beutelt mal 8 h in einem dunklen Zimmer nach nem harten Arbeitstag.
Patienten:
-insgesamt sehr patriarchalisches Modell
- alle sehr geduldsam & ausgesprochen dankbar, trotz des Mangels
- wer kein Geld hatte, wurde ni operiert
- wer ni mit ner vitalen Bedrohung kam & innerhalb von 24 h operiert wurde, hatte Glück, wenn er innerhalb von 3 Wochen schon unters Messer kam
Klingt schaurig, aber war trotzdem bombastisch!!!!
PS: außer in der UWC kann man sich als Ausländer auch immer mal ein freies WE rausarbeiten, v.a. wenn man seinem eigenen Rotationsplan folgt :-)
Bewerbung
9 Monate vorher beworben, um dann 5 Monate vorher endlich ne sichere Zusage zu haben