Ich hatte mir vom Neurologie-Tertial in Kapstadt viel praktische Erfahrung mit interessanten Fällen versprochen. Leider wurde den örtlichen Ärzten aber auch nach dem mehrfachem Erklären des deutschen PJ-Konzepts nicht klar, dass ich eigene Patienten untersuchen, aufnehmen, betreuen und entlassen (sprich praktische Erfahrung sammeln) sollte. Stattdessen waren alle internationalen Studenten, ebenso wie die lokalen Studenten dazu verdammt stille Beobachter (sog. Shadows) zu sein. Fragen wurden kurzsilbig beantwortet, teilweise wurde man auch ignoriert. Oft sprachen die Ärzte untereinander auch die ganze Zeit ohne Rücksichtnahme Afrikaans, auch wenn man sie mehrfach darauf hinwies, dass man dieser Sprache nicht mächtig ist.
Lediglich ein Austausch-Arzt aus Simbabwe ist positiv zu erwähnen. Ihm wurde klar, dass ich Interesse an Neurologie habe und engagiert bin. Dementsprechend gab er mir so oft als möglich die Gelegenheit Patienten zu befragen/untersuchen, Entlassungsbriefe zu schreiben oder weitere Diagnostik anzufordern. Leider war er am Ende für 6 Wochen im Urlaub um sich auf seine finale Prüfung vorzubereiten.
Das International Students Office ist leider ebenfalls sehr inkompetent. Sie haben bei mir trotz 1,5 Jahren Vorlaufzeit ewig gebraucht, um meine Bewerbung zu bearbeiten und mir die Bestätigung zu schicken, was den Flug unnötig teuer machte. Emails wurden oftmals nicht beantwortet und erst nach mehrmaligem telefonischen Nachfragen wurde meine Bewerbung weiter bearbeitet. Bei vielen anderen Studenten kam die finale Zusage erst 24 h vor Abflug. Teilweise erfolgte in diesem 24 h Zeitraum auch die Absage für die Unterkunft, sodass sie in diesem Sinne gestrandet waren und sich selbst vor Ort eine Bleibe organisieren mussten. Weiterhin wurden teilweise 3 Leute in 2 Mann-Zimmer oder 2 Leute in winzige Einzelzimmer gesteckt, ohne die Studenten danach zu fragen, was sie davon halten.
Bei der durch Surita Riffel vom International Students Office assistierten Vermittlung einer Autovermietung gerieten die 3 Studentinnnen, mit denen ich mir das Auto teilen wollte, und ich an einen sehr dubiosen Charakter, dessen Autos (3 innerhalb von 3 Monaten) stets wandelnde Schrottkarren waren. Nachdem das letzte dieser Autos bei einem Ausflug in die Cederberge liegen blieb und wir einen lokalen Mechaniker anfordern mussten um es zu reparieren, kam es mit diesem Vermieter (Lindsay Adonis) zum Eklat und er weigerte sich uns die Mechaniker-Kosten, unser hinterlegtes Geld und den Rest der Monatsmiete zurück zu erstatten, nachdem wir ihm sagten, dass wir genug von ihm hatten und den Vertrag kündigen wollten. In diesem Sinne mussten wir einen Gang zur Polizei unternehmen um ihn anzuzeigen.
Auf dem Campus muss man im übrigen für Internet und Waschmaschinenzugang trotz der hohen Studiengebühren extra bezahlen. Die Waschmaschinen befinden sich dabei auf der anderen Seite des Campus (ca. 700 m entfernt) und die Studentenkarten der internationalen Studenten werden erst nach 5-maligem Nachfragen teilweise auch überhaupt nicht dafür freigeschaltet. Daher musste man die Sachen den Putzfrauen geben, die diese für 40 Rand waschen. Leider hatte die Kleidung hinterher oft Löcher und/oder war nicht richtig sauber. In der Lodge selber haben die Putzfrauen ebenfalls keinen allzu guten Job geleistet und oftmals Wochen lang überhaupt nicht geputzt bzw. bekam man frische Handtücher und Bettwäsche oftmals erst auf Nachfrage.
Einzig positiv hervorzuheben ist, dass Kapstadt jede Menge interessanter Aktivitäten bzw. Südafrika generell sehr schöne Landschaften zu bieten hat und das Wetter hier (zumindest im Sommer) nur als bestens zu bezeichnen ist.
Den Ärzten war es dabei relativ egal, wie viel man anwesend war oder auch nicht, sodass es da keine Konflikte gab (Eine PJ-Studentin in der Chirurgie war nur 1 von ihren 16 Wochen in der Klinik).
Zu den 2200 € für Studiengebühren + Unterkunft kommen noch die Flugkosten (ca. 700-1000 €), die Gebühren und Hinterlegung bei der südafrikanischen Botschaft für das Visum (1000 €) und natürlich Automietgebühren (Minimum 250 -470 € pro Monat) hinzu. Ohne ein Auto kommt man in Südafrika leider nicht aus, da es hier zu unsicher ist und das Krankenhaus deutlich ausserhalb der Stadt liegt. Alles in allem ein sehr teurer Spaß für wenig berufliche Weiterentwicklung und daher aus meiner Sicht für alle, die sich vom PJ eine lehrreiche Zeit erhoffen, nicht zu empfehlen.
Bewerbung
1,5 Jahre, online bei Surita Riffel bzw. Valerie Dietrichs im International Students Office