Die Zeit im Agaplesion Diakoniekrankenhaus war aus meiner Sicht ziemlich schwierig zu beurteilen. Ich war von Anfang an nicht der größte Innere-Held und wollte von vornerein nicht meine Karriere in die Richtung bewegen. Aufgrund der guten Bewertungen und der geographischen Nähe gings für mich dann doch in Richtung DKH.
Am ersten Tag wurde man in einer kurzen Besprechung von der PJ-Sekretärin Frau Peukert begrüßt und hat eine gut zusammengestellte Mappe mit Informationen bekommen. Nach einer Führung durchs Haus/über die Stationen durch einen der Chefärzte, Dr. Coym (der sich aber den Seitenhieb, dass man "schön blöd war, Medizin studiert zu haben" (sinngemäß) nicht sparen konnte) durfte man in seine Abteilung gehen.
Als PJ-Student rotiert man im Regelfall durch die Abteilungen Sonographie (1 Woche), Endoskopie (1 Woche), Intensivstation (1 Woche), Notaufnahme (3 Wochen), Station (10 Wochen).
In der Notaufnahme wird man bereits im ersten Satz begrüßt mit "Oh, schön dass du da bist, du kannst auch gleich mal den Patienten aufnehmen!" und so siehts dann auch die ganze Zeit aus: man nimmt Patienten auf, diskutiert kurz mit den Ärzten über den Fall, schreibt schon einen Brief vor und muss den Patienten dann dem Oberarzt der Notaufnahme vorstellen. Der ist sehr mit Vorsicht zu genießen. Er ist mit Sicherheit ein toller Arzt mit großem Wissen und in einigen Momenten auch ziemlich lustig, aber er macht doch gerne Assistenzärzte oder Studenten vor Patienten runter. Man bekommt dann mal eben sein Klemmbrett mit den Notizen aus der Hand gerissen oder einen fünfminütigen Vortrag über die mangelnde Qualität der Ausbildung im medizinischen Bereich insgesamt gehalten, während der Patient vor einem sitzt und sich nur das Schauspiel anguckt und Bahnhof versteht (finde ich ziemlich frech, wenn man auf Visite ist).
Wirklich interessante Fälle sind auch sehr selten, meist gehts nur um Einweisungen wegen AZ-Verschlechterung oder ähnlichem.
Als kleine Anmerkung: von internistischer Seite wird man geradezu gezwungen, JEDEN Patienten (egal ob er Abdomenprobleme hat oder nicht) digital-rektal zu untersuchen. Der Oberarzt ist Gastroenterologe und daher auch umso mehr der Meinung, dass das zur kompletten internistischen Untersuchung gehört.
Nach weiterer Rotation durch Endoskopie, Intensivstation und Sonographie (jeweils wenig eigene Arbeit, meistens daneben stehen und je nach Laune und Stress des Arztes/der Ärztin bekomt man mal mehr, mal weniger zu hören).
Auf Station befindet man sich 10 Wochen und merkt dort gleich, warum man nur als ausgewiesener Masochist Innere toll finden kann.
Man bewegt sich als Student nur im "Spannungs"bereich zwischen Patienten aufnehmen/aufklären und dem leidigen Thema mit den Blutentnahmen und Zugängen. Je nach Arzt kommt es gerne mal vor, dass man alleine bei allen Patienten Blut abnehmen darf.
Auch wenns >20 BEs sind, kommen manche nicht auf die Idee zu sagen "Oh, du bist alleine, ich helf dir dann mal, dann sind wir schneller durch" (obwohl das manche auch sagen, was wirklich tierisch nett ist), nein, da wird meist nur "Da sind ja viele Blutentnahmen - dann mach mal!" gesagt und das sind so Momente, wo man wirklich zweifelt. Klar darf man nicht gleich nur supertolle Sachen machen, aber wie selbstverständlich da erwartet wird, dass man wochenlang immer diese Kröte schlucken muss, nervt schon gewaltig. Wenn man mal um Hilfe bittet, gibts je nach Arzt auch nur Augenrollen - oder es wird einfach gar nicht gemacht, sodass man am nächsten Tag gleich "Die Patientin hat immernoch keinen Zugang" von der Pflege hört.
Ich war jetzt nicht so scharf drauf, eigene Patienten zu bespaßen, aber bei allen Ärzten wäre es möglich. Zwei haben mich auch freundlich darauf hingewiesen, jetzt DIESES Zimmer zu übernehmen, was ich ganz nett fand im Nachhinein.
Auf persönlicher Ebene sind die Ärzte eigentlich alle total nett, aber man merkt umso mehr, wie sie nach unten treten bzw. die Arbeit abwälzen, weil sie auch selbst immer mehr machen müssen.
Ein gewaltiger Malus ist die Tatsache, dass höchst penibel Buch über die Anwesenheit der PJler geführt wird. Man muss sich doppelt und dreifach abmelden, bekommt trotzdem (egal aus welchem Grund) einen Fehltag aufgebrummt. Sicher ist das auch durchs Dekanat gewünscht, dennoch kann man, wenn man nachweislich krank war oder bereits gut mitgearbeitet hat, auch mal ein paar Tage mit "Passt schon" akzeptieren.
Der Unterricht sollte eigentlich Dienstags durch die Innere (findet oft statt und ist ganz gut) und Mittwochs durch Plastische Chirurgie, ANästhesie, Gyn etc. stattfinden (der fällt gefühlt 50% der Zeit aus bzw. es kommt kein Arzt, bzw. der Raum ist nicht da, wo mans erwartet und man weiß nicht wo man hinsoll).
Es wird von den PJlern im DKH auch erwartet, dass sie sich abwechselnd Samstags morgens um die Blutentnahmen kümmern. Man bekommt dafür dann einen Ausgleichstag und es wird als freiwilliger Bonus dargestellt, wie man sich einen Fehltag wieder rückverdienen kann. Dennoch wird schon latenter Druck von den Ärzten ausgeübt, dass ein Oberarzt mittags sich zu den PJlern an den Tisch setzt und etwas nachdrücklich fragt, ob denn nicht jemand am WOchenende kommen möchte (oder gleiches in der Mittagsbesprechung vor allen macht) oder dass man auch persönlich von seinem Stationsarzt angesprochen wird, dass man doch mal am Wochenende kommen solle.
Als Fazit kann man ziehen, dass das Tertial lehrreich war. Nicht unbedingt auf fachlicher Ebene, wo ich das Gefühl hatte, dass ich eher noch was verlernt habe - sondern dass man einen guten Querschnitt eines Krankenhauses, der Strukturen und "des Systems an sich" bekommt.
Bewerbung
sechs Monate vor Beginn per Mail an Frau Peukert (PJ-Sekretariat)