Das Regionalspital Surselva ist ein kleines Krankenhaus mitten in den schweizer Bergen. Ilanz selbst ist ein kleines Dorf, die nächst größere Stadt ist Chur, wo auch das Kantonsspital ist, an das die meisten Patienten mit komplexeren Krankheitsbildern überwiesen werden. Ich war im Winter in Ilanz, was bestimmt der spannenste Teil des Jahres ist, sofern man unfallchirurgisch interessiert ist. Die klassischen Frakturen, die beim Skifahren auftreten , sieht man dort zu Hauf. Die Notaufnahme ist im Winter voll mit Skifahrern. Allgemeinchirurgisch sieht man eher weniger..vor allem Cholecystektomien, Appendektomien etc…das allgemeinchirurgische Standardprogramm eben. Durch das Belegarztsystem bekommt man aber auch Eindrücke aus anderen Fachrichtungen mit: Gynäkologie, Neurochirurgie, Urologie. Hier seien mal die spaltenden Picketdienste erwähnt. Picketdienst bedeutet, dass man einen 24h Rufdienst hat, bei dem man innerhalb von 30min in der Klinik sein muss, um bei Operationen zu assistieren. Die Picketdienste werden unter den Unterassistenten aller Fachrichtungen aufgeteilt. Aller? „Aller“ ist eigentlich falsch…leider nimmt die Anästhesie sich da unerklärlichen Gründen raus, was auch zu Ärger geführt hat. Wir waren insgesamt für längere Zeit nur drei Unterassistenten im gesamten Spital (einer in der Inneren, einer in der Anästhesie und ich in der Chirurgie). Der Chef der Anästhesie war der Meinung, dass die Unterassistenten der Anästhesie keine Pikettdienste machen müssen und somit mussten der Unterassistent der Inneren (in der Schweiz „Medizin“) genannt durchschnittlich jeden zweiten Tag Pikettdienst machen. Es ist nicht so als dass man sich während der Pikettdienste überarbeitet…meistens wird man nicht gerufen, aber man kann halt nicht weiter von Ilanz weg (sprich Skifahren). Das wiederrum schränkt den Freizeitwert, der wahrscheinlich mit ein Grund für ein PJ in der Schweiz ist, doch ein. Eigentlich sind sonst viel mehr Unterassistenten dort. Dann ist es auch entspannt…man bekommt auch für die Pikettdienste einen Freizeitausgleich. Für ein Wochenende Pikettdienst bekommt man einen Tag frei und für 4 Tage unter der Woche. Durch die Unkooperativität der Anästhesie hat die ganze Sache so einen bitteren Beigeschmack bekommen, obwohl es sonst nicht so schlecht war. In den Pikettdienste wird man auch zu Sectios gerufen, was mir recht viel Spaß gemacht hat. Da ist man dann 1.Assistent und man kann dementsprechend viel machen. So viel zu Pikettdiensten
Der Tag beginnt mit dem morgendlichen Rapport. Danach geht man meist in den OP oder „startet“ Patienten, was ähnlich einer Aufnahme ist. Die Patienten kommen dann zu geplanten Operationen noch am selben oder nächsten Tag. Als Unterassistent muss man dann die Patienten komplett untersuchen, einen Bericht dazu schreiben, schauen, ob alle Unterlagen vollständig sind und das OP-Gebiet markieren. Beim Untersuchen lernt man sehr viel zumal man sein eigenes Untersuchungsergebnis dann nochmal mit dem Sprechstundenbericht abgleichen kann. Einer der Assistenzärzte schaut dann den Bericht auch nochmal durch und gibt dir dann ein Feedback. Es gibt insgesamt 5 Assistenten, was sehr wenig ist und dementsprechend habe jene viel zu tun. Dadurch dass es so wenige sind, ist das Verhältnis untereinander aber recht familiär. Bei Zeiten wird den Unterassistenten auch gerne was erklärt. Blutabnehmen muss man übrigens nicht. Lustigerweise hat mich eine Schwester mal gefragt, ob ich das nicht mal machen will…so als Nettigkeit, damit ich auch weiss wie das geht Aber das lernt man ja in Deutschland mehr als einem lieb ist.
Die Orthopädie ist am Regionalspital Surselva auch ein integraler Bestandteil der Chirurgie. Das bedeutet für den Unterassistenten, dass man auch regelmäßig bei Prothesen assistieren muss. Auf der anderen Seite kann man diese Patienten beim „Starten“ von Kopf bis Fuß orthopädisch untersuchen, wobei man viel lernt.
Die Unterassistenten sind gemeinsam mit Physiotherapeuten in Ausbildung, Küchengehilfen und Praktikanten im Chalet untergebracht , das direkt neben dem Spital ist. Das ist ganz spaßig sofern ein paar cool Leute da sind, weil man da im Aufenthaltsraum ganz gut das ein oder andere Bierchen trinken kann ohne das gesamte verdiente Geld sofort wieder zu versaufen. Also wer viel Weggehen will ist in Ilanz garantiert fehl am Platz. Wer seine Akzente eher im sportlichen Bereich setzt, ist hier besser aufgehoben. Man verdient übrigens 1000CHF, wobei ca 300CHF für die Wohnung abgezogen werden. Dann muss man noch alle möglichen Gebühren an jeder Ecke bezahlen, sodass man bei nicht allzu asketischer Lebensweise nicht viel rausbekommt.
Mein Tipp an euch: Fragt, ob wie viele andere Unterassistenten da sind bzw geht am besten zusammen dahin, weil sich auch immer welche melden und dann kurzfrisitg abspringen. Dann könnt ihr bestimmt viel Spaß haben.
P.s: Mittwochs wird immer gekickt…wenn ihr kicken könnt habt ihr bei Rolf, dem Oberarzt der Inneren der da den Laden schmeisst, auf jeden Fall en Stein im Brett