Obwohl es für mich nur ein geteiltes Tertial in der Urologie in St. Gallen war, habe ich es als enorm intensiv empfunden; lehrreich, interessant, abwechslungsreich, freundschaftlich, kollegial und horizonterweiternd! Ohne Einschränkung würde ich jedem, der sich für Urologie interessiert, dazu raten, ans Kantonsspital nach St. Gallen (KSSG) zu kommen.
Auch wenn einiges redundant erscheint, würde ich gerne eine systematische Beschreibung liefern:
Schon der Empfang war sehr freundlich und gut organisiert. Der erste Tag dient allein der Einführung. Man bekommt einen Laufzettel, einen Badge (Namensschild und aufladbare Kantinenkarte), Kleidung (Hosen, Kittel, Kasacks), Pieper (Telefone zum Hörer abnehmen, befinden sich an allen Ecken des Spitals) und Spintschlüssel (für einen eigenen Spint). Zur Führung durch die Urologie wird eigens ein Assistenzarzt beauftragt, der sich den ganzen Vormittag Zeit nimmt.
Zu den Aufgaben eines Unterassistenten gehören:
1. Aufnahmen = Eintritte machen: Anamnese, körperliche Untersuchung, sowie Ultraschall der Nieren, Harnblase und Prostata. Zwischendurch auch Restharnbestimmung.
2. Eintritte für den nächsten Tag vorbereiten, d.h. Blutentnahme verordnen, evtl. Röntgenbilder anmelden, die, sofern bekannt, relevante Krankengeschichte aufschreiben.
3. Visite mitgehen. Die Pflege begleitet den Arzt (evtl+OA und UA) immer. Wobei in der Regel eine diplomierte Pflegekraft und ein Schüler ca. 2-6 Patienten eigens zugeteilt sind (das hat zur Folge, dass man sich am besten merken sollte, welche Pflege für welchen Raum zuständig ist, sonst sucht man oft lange nach einem Ansprechpartner ;) )
4. Im OP assistieren: Nieren(-teil)resektionen, Zystektomien (Neoblasen), künstlichen Sphinkteren und Prostatektomien (sehr häufig mit dem da vinci- Roboter). Auch kleinere OPs (Zirkumzisionen, Hydrozelen-OP, Vasektomien) oder seltenere Eingriffe (Divertikelresektion, Lymphadenektomien, Ureterneuimplantation, Harnröhrenplastik) werden durchgeführt. Sehr spannend sind auch das gesamte Spektrum der Neurourologie (sakrale Neuromodulation), sowie die Neuroradiologie (Prostataembolisationen, Seed-Implantation), aber auch die komplette Endourologie mit den neusten Verfahren (Holmium-Laser-Enukleation, Botox, etc) wird hier durchgeführt und man kann dabei sein, assistieren oder luxuriöserweise auch einfach nur sich die Zeit nehmen und Zuschauen. Hierbei wird es immer gerne gesehen, wenn man sich interessiert zeigt. Umso mehr wird auch erklärt.
Am meisten verblüfft, war ich von der großen Vielfalt, die die Urologie bietet und die in St. Gallen auch durchgeführt und erprobt wird. Selbst in meiner letzten Woche, sah ich noch Programmpunkte auf dem OP-Plan, die ich erst einmal noch googeln musste. Sehr spannend ist dann immer zu hören, für welche Therapie bei welchem Krankheitsbild, sich die Chef-/Oberärzte entscheiden beim Rapport.
Das KSSG ist ein A-Spital, d.h. es verfügt über eine komplette Ausbildungsermächtigung für Fachärzte. Dementsprechend gut geschult, sind die noch teils sehr jungen Ärzte. Auch eher untypisch für ein Kantonsspital ist die mannigfaltige klinische Forschung, die hier betrieben wird mit mehreren Studien gleichzeitig.
Das schöne am Arbeitsklima ist, dass im Team gearbeitet wird. Chef- und Oberärzte sind auch an der Meinung der Assistenten interessiert und begründen ihre Entscheidung nachvollziehbar.
Highlights waren der Wandertag, der Bratwursttag und die Fortbildungsmöglichkeiten.
Der Tagesablauf gestaltet sich folgendermaßen:
7:15 Uhr Visite mit dem zugeteilten Assistenzarzt
7:45 Uhr Morgenrapport (Besprechung der OP's und der Zugänge für diesen Tag)
8:00 Uhr OP-Beginn
10:00 Uhr Aufnahmen treffen ein
ca. 12:00 Uhr Mittag
15:00 Uhr Röntgenrapport
15:15 Uhr Nachmittagsrapport
15:30 Uhr Nachmittagsvisite
Mittwoch Chefvisite
Donnerstag ca. 16 Uhr Fortbildung und anschließend Tumorboard
Das Freizeitangebot in der Bodenseeregion, dem Appenzeller Land und dem Rheintal in unmittelbarer Nähe, ist vielfältig.
Die Unterkunft im Wohnheim ist auch top organisiert, es gebricht an nichts (Waschen, Trocknen, Strom, Kabel-TV, Fahradkeller, Musikzimmer, Bügelzimmer sind im Preis mit inbegriffen) und man kommt schnell in Kontakt mit den anderen vielen internationalen Mitbewohnern.
St. Gallen selbst ist klein aber fein, immer etwas los, viele Studenten.