Das Klinikum Cottbus ist ein Krankenhaus der Maximalversorgung im Süden Brandenburgs, mit etwa 1300 Betten und einer enormen Fläche, gespickt mit Baustellen, Baugängen und einem unüberschaubaren Labyrinth an Gängen, Häusern, Abteilungen sowie einem logisch nicht erschließbaren Konzept an Bezeichnungen derselben.
So ist die Qualität der Instandhaltung des Hauses sehr schwankend – vom im Bettenhochhaus fast baufälligen Stationen mit kaputten Decken und heraushängenden Kabeln bis zu hochmodernen Funktionsabteilungen, die keine Wünsche offen lassen.
Ich erhielt Cottbus als meine Erstwahl und konnte mir zuvor in Absprache mit der Personalabeilung aussuchen auf welcher der zahlreichen Inneren Abteilungen ich arbeiten möchte. Auf internistischer Seite gibt es vier Medizinische Kliniken mit jeweils eigenem Chefarzt und eine internistisch geführte Rettungsstelle.
Ich wählte zum Beginn meines Tertials die 4. Medizinische Klinik - Gastroenterologie. Aufgaben waren Patientenaufnahmen und Briefeschreiben. An diagnostischen Proceduren durfte teilgenommen und assistiert werden, am Ende war auch eine eigenständig durchgeführte Aszitispunktion möglich. Die morgendlichen Blutentnahmen und Flexülen wurden durch eine stationseigene Funktionsschwester übernommen. Auffallend war der hohe Arbeitsaufwand für die Assistenten der Station, die häufig allein für 30 Patienten zuständig waren, der Stationsarzt, seines Zeichens Facharzt, befand sich zu dieser Zeit in Vaterschaftsurlaub und der Oberarzt der Station kam in der Funktionsabteilung kaum mit der Arbeit hinterher. Neben der überbordenden Stationsarbeit waren für die Assistenten zum Teil bis zu 7 Dienste (je 24h) im Monat abzuleisten. Hinzu kam ein sehr anspruchsvoller, nicht immer differenzierter Chef, der sich nicht zu schade war, einen vor der gesamten Gruppe abzufragen und im selben Atemzug die Unwissenheit des Befragten zu vollkünden und in unpassender Art zu bemerken wie überflüssig das Studium gewesen sein müsse, das man nun fast und gerade eben hinter sich gebracht hat.
Die Krankheitsbilder auf Station erstreckten sich von dekompensierten Leberzirrhosen zu gastrointestinalen Blutungen, akute Pankreatitiden und Malignomen. Das Patientenklientel in dieser recht spezialisierten Abteilung war gewöhnungsbedürftig, der Durchlauf extrem hoch.
Die Gastroenterologie besitzt eine ausgezeichnete Funtionsabteilung mit allem was gut und teuer ist. Hier sah und lernte man letztlich am meisten.
Die in der Zusammenschau recht angespannte Atmosphäre auf Station konnte durch den fantastischen Oberarzt leider nur zum Teil ausgeglichen werden und so ist man als PJler auf dieser Station doch eher verloren, der Informationsgewinn insgesamt gering. Bei den Visiten und Besprechungen wird man oftmals vergessen, trotz mehrmaliger Bitte doch teilnehmen zu dürfen. Versucht man dann doch noch die entsprechenden Termine zeitgerecht zu erreichen, war man ob der Länge der Laufwege dann schon zu spät und sah nur noch dem Ende der jeweiligen Veranstaltung entgegen. Bei einer Reanimation auf Station wurde ich still und leise in der Ecke stehend ohne erkennbaren Grund aus dem Raum geschickt.
Teil 2 meines Tertials bestritt ich auf der Pulmologischen Abteilung des Hauses in der 3. Medizinischen Klinik. Hier erwartete mich ein sehr zuvorkommender Chef. Von Funktionsabteilung zu thoraxchirurgischem OP durfte man jeder Procedur beiwohnen. Hier war es keine Frage auch einmal ein Bronchoskop (natürlich in begrenztem Rahmen) in situ zu führen. An Krankheitsbildern war ein Löwenanteil Bronchialcarcinome, viele Patienten sah man wöchentlich und monatlich wieder kommen. Ein weiteres gros bildeten Pneumonien, COPD, Asthma sowie Tuberkulose. Häufiges war hier tatsächlich häufig, seltenes sah man defakto gar nicht.
Aufgaben für PJler waren auch hier Patientenaufnahmen und Briefe. Blut wurde durch eine Funktionsschwester abgenommen.
Etwas schwierig war das Verhältnis zu beiden Oberärztinnen, die sich in keinster Weise für die Ausbildung der Assistenten und schon gar nicht für die der PJler verantwortlich fühlten. Aufgrund des hochfrequenten Rotationssystems für die Assistenten saß man so letztendlich mit Ärzten zusammen, die selber gerade erst auf Station angekommen waren und versuchten sich zurecht zu finden.
Nicht ärztliche Tätigkeiten wie Botengänge, Infusionen etc. wurden dagegen nie an den PJler abgegeben. Hierfür gab es ein ausgetüfteltes effektives System an Hol- und Bringedienst.
Auffallend gut und vorbildlich arbeitete in Cottbus die Pflege – meist sehr erfahrenes Personal, das schon seit Jahren/Jahrzehnten in derselben Abteilung tätig war und einen auch als PJler willkommen hieß.
Kurz hineingeschnuppert habe ich noch in die Mikrobiologie, deren Chef sich in hohem Maße engagiert zeigte, sowohl in der Ausbildung der Studenten als auch im Aufbau seiner technisch beeindruckend ausgestatteten Abteilung, die Referenzzentrum für einen weiten Umkreis an kleineren Krankenhäusern darstellt.
Sehr zu empfehlen ist des Weiteren die Neurologie in Cottbus. Hier verbrachte ich zwei Tage. An beiden Tagen wurde ich jeweils von der Oberärztin der Stroke Unit und Früh-Reha-Station und dem Oberarzt der Funktionsabteilung betreut. Ob man sich für Neurologie interessiert oder nicht – hier erwartet einen das perfekte Stationsteam mit perfekter Pflege, flachen Hierarchien, einer sonnigen Stimmung und hochzufriedenen Patienten. Die Funktionsabteilung bietet alles, was man derzeit neurologisch testen kann auf einem exzellenten technischen Niveau. Als Assistenzarzt bekommt man eine Festanstellung für die gesamte Weiterbildungszeit inklusive eingeplanter Rotationszeit in die Funktion.
Zur Unterbringung: Die meisten Studenten (und auch einige Ärzte) wohnten in einem Gebäude direkt gegenüber vom Krankenhaus, in dem sich auch ein Sozialpädiatrisches Zentrum befindet. Die Wohnungen sind sehr groß, ausgestattet mit Kühlschrank, mehr oder minder funktionsfähigem Herd, ausreichend Schränke, einer Liege und Schreibtisch sowie eigenem Bad. Man wohnt allein. Die Schlüsselübergabe und Rundumorganisation war komplikationslos. Bei Problemen gibt es eine immer erreichbare Ansprechpartnerin, die sich um eine schnelle Lösung bemüht. Nicht vorhanden waren Internet, Fernsehen, Radio – hierum sollte man sich frühzeitig selbst bemühen, ansonsten wird die Zeit dort recht ruhig. 1 Set Bettwäsche wurde gestellt. Möchte man in Cottbus etwas unternehmen, ist ein Fahrrad obligat. Die Strecke zum Bahnhof bewältigt sich dann auch schneller (mit Fahrrad etwa 7-10 Minuten, zu Fuß mindestens 20-25 Minuten).
Man erhält eine Aufwandsentschädigung von etwa 370 Euro sowie Essensmarken im Wert von 3,50 Euro, mit denen man sich in der (recht guten) Kantine eine Hauptmahlzeit leisten kann.
Fazit: Cottbus scheitert an fehlendem Personal in der Ärzteschaft. Kompensiert wird das lediglich durch eine hocheffektive Pflege und hervorragend organisierte Strukturen. Die Stadt selber ist sicherlich Geschmackssache. Für Innere ist das Klinikum nur bedingt empfehlenswert – mir waren die Abteilungen in sich zu spezialisiert und auch wenn man problemlos wechseln kann, braucht es doch jedes Mal erneute Einarbeitungszeit, die man sich ja irgendwann auch sparen möchte. Wer sich bereits für eine innere Spezialisierung interessiert, wird hier zu wenige außergewöhnliche Krankheitsbilder finden; Standard ist eben der multimorbide Brandenburger. Alle Funktionsabteilungen sowie die Neurologie sind hingegen uneingeschränkt empfehlenswert!