Kurzfassung: Nette Leute, gute Organisation mit etwas Kritikpunkt: Ein wenig zu viele OPs.
Organisation:
Frau Witting kümmert sich in Minden um die Belange der PJler, an dieser Stelle ein sehr großes Lob für die tolle Betreuung. Frau Witting kennt jeden PJler persönlich und setzt sich sehr für die PJler ein. Man wird über alles per Mail informiert und sie ist für alles sofort ansprechbar. Abends schickt sie Mails mit der Organisation für den Fortbildungstag und sollte mal etwas nicht funktionieren hat sie meist eine gute Lösung parat – natürlich immer im Sinne der Studenten. Vielen Dank an dieser Stelle für die tolle Organisation.
Rotation:
Ich hatte in der Chirurgie 4 Rotationen. Station (UC), ZNA (UC), NC, Station (AC). Wer andere Vorlieben hat kann dies gerne kundtun, Frau Witting wird dies sicherlich einplanen und berücksichtigen. Wir waren zu meiner Zeit 3 Pjler in der Chirurgie. 1x Innere, 1x Gyn, 1x Päd, 1x Anästhesie. Meine Rotation in der AC habe ich nicht wahrgenommen da ich noch Resturlaub hatte und Dienste abgefeiert habe.
Arbeitszeiten:
Auf der unfallchirurgischen Station (B12+13) beginnt die Visite gegen 0700, mal auch 5-10min vorher. Um 07:45 erfolgt eine Röntgendemo/Frühbesprechnung. Die Nachmittagsbesprechung ist um 15:45, danach (gegen 16:15) endet die Arbeitszeit in der Regel für die PJler, es kann aber auch durchaus passieren, dass man noch im OP eingeteilt ist. Wer in der ZNA eingeteilt ist fängt später an, mein Arzt riet mir nicht vor der Besprechung um 0745 zu kommen. In der Regel möchte der Chef ein Zimmer von einem PJler vorgestellt haben, wer sich drücken möchte sollte versuchen auf B12 zu kommen. Hier ist Chefvisite Mittwochs und da ist man schließlich nicht da.
Am Fortbildungstag (immer Mittwochs) beginnt der Tag um 0830 und geht in der Regel auch bis 15:00. In seltenen Fällen fällt der letzte Punkt aus und man ist gegen 1400 fertig.
An normalen Wochentagen sind 9,5h die Regel. Leider etwas viel für PJler… aber es sagt bestimmt auch niemand etwas wenn man vorher die Kurve kratzt.
Team&Chef:
Das Team ist sehr nett, man wird gut aufgenommen und es ist eine doch recht familiäre Atmosphäre. Ich war von der Uni eine andere Stimmung aus der Chirurgie gewöhnt und bin hier positiv überrascht worden. Dem ein oder anderen mag auffallen, dass der Anteil ausländischer Kollegen in Minden höher ist, dies ist aber keineswegs ein Nachteil. Die Leute sind durch die Bank weg alle sehr nett gewesen. Gerade die Altassistenten sind großartig!
Man sollte sich allerdings tunlichst unterstehen dem Chef Fragen zu stellen, gerade im OP! Der Chef hat grundsätzlich nur eine Antwort parat: „Lesen Sie es nach und erzählen Sie mir es morgen.“ Er hält das für eine didaktisch sinnvolle Lösung wenn man sich die Antworten selber erarbeitet. Dementsprechend sind die Chef-OPs unter den PJlern sehr unbeliebt. Die gleiche Antwort erhält man auch wenn man von ihm Fragen bekommt und diese nicht beantworten kann. Nachlesen sollte man aber trotzdem unbedingt, der Chef hat ein gutes Gedächtnis und fragt gerne dann man nach… oft in der Frühbesprechung vor versammelter Mannschaft ;) Aber Nichtwissen ist kein Weltuntergang, geht den Assistenten dort selber oft genug so.
Assistenten an die man sich unbedingt halten sollte weil sie viel und gut erklären:
(Initialen, Vorname, Nachname): AS, MK, VM, HW, Dr. MS, MS.
OPs:
Meine Fachentscheidung stand schon vor PJ-Antritt fest, ich musste Chirurgie nur einfach irgendwie rumkriegen und wusste, dass ich mit Ende des Chir-tertials wohl nie wieder einen OP betreten werde. Ich hatte an der Uni sehr schlechte Erfahrungen gemacht was die Stimmung im OP angeht. In Minden lief dies anders, gute Stimmung, nette OA/Operateure und gerade in der UC keine sonderlich langen OPs. Auf Grund der engen Personaldecke kann es passieren, dass man mit dem OA alleine am Tisch steht was absolut kein Nachteil ist. Die OAs sind eigentlich alle nett, erklären wenn man frage und die Stimmung ist super. Eine richtig maligne OP-Schwester ist mir auch nicht untergekommen. Irgendwelche „Prüfungen“ und fiese Fragen wie ich sie von der Uni kannte gibt es im OP nicht. Lediglich der Chef fragt gerne mal etwas, hier ist Nichtwissen auch absolut kein Problem. Der Chef fragt einen am Anfang des Tertials auch direkt welche Fachrichtung man ergreifen möchte, Exoten sollten sich hier vllt etwas zurückhalten ;). Ich habe dies nicht getan und es war auch kein sonderlich großes Problem. Frauen haben in einer Abteilung mit Männerüberschuss natürlich immer einen Sympathievorschuss.
Man sollte sich allerdings nicht über die Anzahl der OPs wundern. Auf Grund der dünnen Personaldecke ist man im OP fest eingeplant was besonders in der ZNA-Rotation sehr ärgerlich ist da man die interessante Arbeit eigentlich fast immer verpasst oder nur zwischen den OPs unten ist. Oft wird man fest mit im OP-Plan stehen und ich hatte meistens 2 OPs am Tag (auch 4 sind keine Seltenheit). Freunde haben es an der Uni irgendwie geschafft in den 4 Monaten insgesamt weniger als 5x im OP gewesen zu sein, dies wird wohl in Minden nicht funktionieren. Wer auf keinen Fall in den OP möchte ist in Minden definitiv falsch. Minden kann ab und an hakenhalterlastig sein.
Fortbildung/Studientag:
In Minden gibt es mittwochs einen Studientag, dieser ist kein Tag über den man frei verfügen kann sondern es gibt einen Studentenkurs. Dies machen meist Chefärzte oder leitende Oberärzte. Ich finde es eine gute Gelegenheit nochmal in Kleingruppen vor dem mündlichen Examen einiges erklärt zu bekommen. Die Stimmung ist gut und die Chefs sind durch die Bank alle sehr nett und auch älteren Semesters. Auch hier ganz anders als an der Uni… Die Chefs bedanken sich dafür, dass man als PJler nach Minden kommt und man ist doch ein wirklich sehr gern gesehener Gast. Die Dozenten erklären gerne und in den Fortbildungen bekommt man auch mal die Möglichkeit ein wenig hinter die Kulissen zu schauen. (Thema Labormedizin war z.b. eine Besichtigung mit Inbegriffen usw.). Es ist also nicht so trocken wie es sich anhört.
Die Arbeitswoche ist durch den Mittwoch zweigeteilt und die Zeit geht sehr gut rum. Sollten so wenig PJler im Haus sein, dass keine Fortbildung stattfindet so kann man den freien Tag auch auf einen Freitag legen und macht so eine 4-Tagewoche. Die Fortbildung findet wohl ab 3 Leuten statt. Im Tertial vor uns fand keine statt und der PJler hatte definitv diesen Tag frei.
Arbeitsalltag für PJler in der UC:
0700 Visite, 0745 Frühbesprechung, danach entweder in den OP oder auf Station oder ZNA. Meistens landet man eh im OP. Die Pjler sind u.a. auch für das Blut zuständig. Ich habe an keinem Tag im ganzen Tertial mehr als 6-7 Blutentnahmen machen müssen. Meist waren 3-5 die Regel. Ist man erst in der ZNA oder im OP oder fährt NEF mit ist es überhaupt kein Problem wenn die Blutabnahmen erst im Laufe des Tages oder vor Feierabend gemacht werden. Horrorszenarien wie „morgens erstmal 2h Blutentnahmen“ sind in Minden definitiv nicht vorgekommen. Gerade wenn man NEF fährt kann man zwischen den Einsätzen einfach mal auf Station gehen und bisschen was machen. Besprechung dann nachmittags um 15:45-16:15
Wer ein bisschen dreist und dickfällig ist schafft es sicherlich auch jeden Tag früher rauszustehlen….
ZNA & NEF
In der ZNA Rotation (welche ich jedem unbedingt empfehle!) lernt man sehr viel. Selbst wer nicht Chirurg werden möchte lernt hier absolute Grundfertigkeiten. Es ist immer gut (auch für’s Examen) mal ein Knie oder eine Schulter untersuchen zu können. Man näht sehr viel und das Team aus Pflegern und Kollegen ist super nett und unterstützt einen bei allem. Je nach Engagement ist zw. Katastrophentourismus (reines zuschauen) oder sehr aktiver Mitarbeit (eigene Patienten) alles möglich. Die Kollegen erklären gerne und man lernt viel. Eigene Patienten bedeutet: Eigene Anamnese, eigene Untersuchung, selbstständiges Anmelden von Röntgenuntersuchung, selber Nähen und natürlich auch selber den Papierkram machen. Der Arzt ist maximal einen Raum weiter und jeder Zeit ansprechbar. Man wird supervidiert und die erfahrene Pflege steht einem sehr gern mit Rat und Tat zur Seite. Wo kriegt man wieder die Gelegenheit selber Hüften zu reponieren? Leider ist die ZNA Rotation sehr vom gerade eingeteilten Arzt abhängig, ich hatte sicherlich mehr Glück als die anderen PJler. Leider steht man auch in seiner ZNA Rotation im OP was sehr schade ist. Hoffe Frau Witting schafft es dies irgendwie zu ändern.
NEF-Fahren ist in Minden problemlos möglich. Ich habe Dienstkleidung gestellt bekommen, lediglich für festes Schuhwerk sollte gesorgt sein. Hier reichen aber feste Wanderstiefel oder vergleichbares. Wer Wehrdienst geleistet hat kann hier auch gut auf seine BW-Kampfstiefel zurückgreifen., dies habe ich getan.
Die Unfallchirurgen besetzen den 1. Notarzt von Montags-Freitags jeweils vormittags von 0700 bis rund 1600. Am Wochenende und Abends/Nachts fährt die Anästhesie. NEF-Mitfahrten waren bei mir kein Problem, man gibt einfach kurz Bescheid, dass man für den Tag aus dem OP-Plan herausgenommen wird und fährt dann mit. Es ist bei mir nie vorgekommen, dass ich nicht konnte/durfte, bei meiner PJ-Kollegin war dies leider der Fall. Sie ist am Ende ihrer Zeit nur einmal mitgefahren was ich definitiv zu wenig finde aber wie immer: die Hüft-OP geht vor! Fairerweise muss man sagen, dass ich auch nicht versucht habe in dem Tertial jede Woche 3x mitzufahren ;) Auch hier sind die Kollegen im Rettungsdienst sehr nett und wenn Zeit ist bekommt man eine komplette Führung durch die Wache usw. Unbedingt machen.
Urlaub & Fehlzeiten
Braucht man mal einen Tag frei spricht man das mit der Station ab und alles ist in Ordnung. Ich hatte keinerlei Probleme diesbzgl. Wer das letzte Tertial in Minden hat kann problemlos die 4 Wochen Urlaub ganz am Ende nehmen, dies plant Frau Witting direkt so ein.
Die Wechselwoche um Weihnachten wird in Minden so gehandhabt, dass die Woche mit Weihnachten frei ist (letzter Tag bei uns z.b. Freitag 19.12) und der Alltag für die Pjler erst wieder am 04.1 beginnt. Dafür müssen keine Urlaubstage genommen werden. Rechnet man die 4 Wochen Urlaub am Ende dazu hat man nur 11 Wochen die man ableistet. Bei 4 Arbeitstagen ist man maximal 44 Arbeitstage auf Station/OP. Wer also weiß, dass er mit Klinik nichts anfangen kann kriegt seine Zeit so also gut rum. Ich war froh mir mit Urlaub, Nachtdiensten ein bisschen opfreie Zeit zu erkaufen. Ich würde jedem zu Nachtdiensten raten. Die Stimmung ist gut, Kollegen nett und im Nachtdienst (man bleibt üblicherweise bis Mitternacht und kommt trotzdem normal wieder ab 06:45, bekommt aber einen freien Tag) lernt man viel in der ZNA. Ist man nachts da und fehlt dafür irgendwann tags spart man sich unter’m Strich auch OP- und damit Hüft-Haken-Halte-Zeit. Daher kann ich jedem nur raten früh Nachtdienste anzusammeln denn spätestens nach 8 Wochen kann man keine Hüften mehr sehen.
Infrastruktur:
Wer von außen kommt und in Minden wohnt wird feststellen, dass die Stadt nicht allzuviel zu bieten hat. In unserem Tertial waren alle PJler gebürtig aus der Gegend und niemand hat eine Wohnung in Anspruch genommen. (Wohngeld wird also standardmäßig ausgezahlt). Was total nervig ist, ist die Tatsache, dass in der gesamten Klinik kein WLAN verfügbar ist. Ich bin von der Uni gewohnt, dass ich überall WLAN habe und so auch im Arztzimmer mit Smartphone/Tablet jederzeit Sachen nachschauen kann. Auch ist es so einfacher sich mit anderen Pjlern zu verabreden oder Dinge abzusprechen. Hinzu kommt, dass es im gesamten Haus kein Handyempfang gibt. Höchstens direkt am Fenster hat man mal die Möglichkeit kurz Empfang zu kriegen. Die Gigasets funktionieren alle über WLAN, die Infrastruktur wäre also vorhanden… ein Rätsel warum man diese nicht vollständig nutzt.
Essen:
Man bekommt in Minden 3 Mahlzeiten gestellt. Wir haben es in der UC ab und zu geschafft in Ruhe frühstücken zu gehen. Ist man nicht gleich um 8 im OP eingeteilt dann macht man seine 2-5 Blutabnahmen und geht erstmal in Ruhe frühstücken.
Man hat eine Essenskarte und da man in der Regel das Abendessen nicht in Anspruch nimmt (von uns hat dies keiner getan) steigt das Budget für Frühstück und Mittagessen. An meiner Heimatuni konnte ich mir gerade einmal das Tagesgericht vom Gutschein leisten! Das Personal ist in der Kantine sehr nett, Portionen werden gerne nach Wunsch zusammengestellt und auch Nachschläge oder größere Portionen sind kein Problem. Offiziell sind einige Sachen nur gegen Bares zu haben aber die Mitarbeiter sind gegenüber Studenten sehr kulant und drücken eigentlich immer ein Auge zu. Täglich ist eine Flasche Mineralwasser mit inbegriffen. Eine Sterneküche sollte man allerdings nicht erwarten. Viele Ärzte aus der Klinik (die müssen das Essen bezahlen) gehen daher auch öfters in die Patientenkantine die von privaten Anbietern geführt wird. Hier ist das Essen zwar teurer aber auch besser. Für Studenten allerdings sehr unattraktiv da man im Personalbereich natürlich kostenlos isst. Uns hing das Essen leider nach 4 Monaten echt zum Hals raus aber in welcher Krankenhauskantine ist das anders?
Allgemeines:
Jedem wird auffallen, dass sehr viele Ärzte in allen Fachbereichen ehemalige PJler sind. Wer sich gut anstellt wird gerne übernommen. Arbeitsverträge auf Jahresbasis wie man es wohlmöglich von der Uni kennt sind hier fremd. Lange Verträge hier die Regel. Ich habe mein Wahlfach an der Uni gemacht und habe nur die Pflichttertiale in Minden abgeleistet. Rückblickend hätte ich mein ganzes PJ hier machen sollen. Nach den Erfahrungen die ich gemacht habe kann ich Minden absolut und guten Gewissens weiterempfehlen – das sage ich als Person die definitv nicht Chirurgie oder Innere machen will. Es wäre allerdings wirklich schön gewesen wenn man in der UC weniger im OP gestanden hätte und mehr die Möglichkeiten nutzen könnte in die einzelnen Sprechstunden zu gehen um Untersuchungsfähigkeiten zu verbessern. Ist leider der größte Kritikpunkt den ich weitergeben muss. Man steht eben sehr viel Zeit im OP und hält Haken. Diesbzgl. Ist Minden eben noch ein echtes Chirurgie-Tertial was aber auch daran gelegen hat, dass wir maximal 2 PJler waren. Im Tertial danach waren deutlich mehr Gastärzte da und dazu noch 3 PJler, da ist man definitiv weniger im OP.
Nachtrag Neurochirurgie:
Ich habe am Ende meines Tertials noch 2 Wochen Neurochirurgie gemacht und kann auch dies weiterempfehlen. Kleine Abteilung, guter Chef, man darf Bohrlöcher machen und die alltäglichen Dinge wie Bandscheibe Untersuchen lernt man auch. Wer in den OP geht sollte dies mit OA. W. machen! Länger als 2 Wochen braucht man in der NC aber nicht unbedingt wer kein Neurochirurg werden möchte. Einen Einblick ist es trotzdem wert!