Insgesamt ein gutes, aber nicht sehr gutes, Praktikum. Ich habe einige Zeit gebraucht, um mich an das Kantonspital, St. Gallen, das Wohnheim, das Ärzteteam und Schwitzerdütsch zu gewöhnen, habe mich jedoch am Ende recht wohl gefühlt.
Die Unterassistentenstelle ist ziemlich gut organisiert, am ersten Tag meldet man sich im HR Department und bekommt eine Liste und einen Plan, was man sich alles holen muss: jeder bekommt Kleidung, einen Schlüssel, einen Badge (Schlüsselkarte mit Foto, mit der man die Arbeitszeiten nachvollziehen kann), einen Pieper, einen Plan , wo man eingeteilt ist (man rotiert nach jeder Woche: Gyn1, Gyn2, Kreissaal, Nachtdienst).
Die meisten Ärztinnen und Ärzte und das med. Personal sind freundlich (sehr nette Sekretärin (Fr. Loosli) die einem bei allen Fragen zur Seite steht und sehr netter Chefarzt).
Es gibt zweimal die Woche eine Fortbildung für alle: Dienstags von einer Oberärztin oder einem Oberarzt und Mittwochs eine Online Fortbildung. Gesonderten PJ Unterricht gibt es nicht. Bei den CTG und Azidose Besprechungen wird einem jedoch je nach Team etwas erklärt.
Die Aufgaben sind klar verteilt, nach Unterassistent (UA), Assistenzarzt (AA) und OA was Vor- und Nachteile hat, zum einen lernt man viele Dinge nicht, weil man sie nie machen darf, man hat keine eigenen Patientinnen, man schreibt keine Briefe, zum anderen sind die Patienten vor „Anfängern“ geschützt.
Leider bekommt man selten ein Feedback für seine Aufgaben, es wird meist nur gesagt, wenn etwas falsch ist.
Die Aufgaben sind:
Bei Gyn1 und Gyn2 ist man im OP eingeteilt und wenn man nicht den ganzen Tag im OP ist, hilft man bei den Austrittsgesprächen der Wöchnerinnen, kann auf die Gyn- oder die Wochenbettvisiten mitgehen und schaut, wo man noch helfen kann.
Im Gebs (Kreissaal) macht man körperliche Untersuchungen von den neu eingetretenen Schwangeren (Status) und darf je nach Arzt/Ärztin und Hebamme bei Geburten, gyn. Untersuchungen und Ultraschall dabei sein. Bei besonders netten Ärzten darf man auch mal selbst schallen und die Biometrie machen.
Im Spät/Nachtdienst arbeitet man von Freitag bis Freitag, ab freitags morgens 8 Uhr hat man dann frei bis zum nächsten Montag, an dem man wieder früh beginnt. Man fängt an einem Freitag um 15:30 an und bleibt min. bis 19:30 in der Klinik, wenn dann nichts mehr ansteht, darf man mit seinem Pieper zurück ins Wohnheim und hat Bereitschaftsdienst bis Montag 8 Uhr, Mo-Do hat man dann jeweils 15:30 bis 19:30 Anwesenheitspflicht und dann bis 8 Uhr am nächsten Tag Bereitschaft. Bereitschaftsdienst heißt, man wird bei Not-Ops oder Sectios als 2. Assistenz gerufen. Es gibt Spätschicht Wochen, in denen man kaum gerufen wird und wieder Wochen, in denen man kaum zum schlafen kommt. Je nach Arzt kann man einiges lernen, weshalb ich oft noch recht lange in der Klinik war, obwohl ich nicht gebraucht wurde. In meinen 2 Spätdienstwochen habe ich fast am meisten gelernt, auch wenn es ziemlich anstrengend sein kann, wenn man kaum zum schlafen kommt, v. a. weil man nur einen Kompensationstag bekommt. Wenn es 4 Unterassistenten gibt, dann hat man einmal im Monat eine Spätdienstwoche.
Hier nochmal positive und negative Aspekte
OPs:
+ meist eine nette Atmosphäre, sehr nettes OP-Team, meist nette Anästhesisten, oft nette/freundliche Operateure, die bei Nachfragen einiges erklären
+ bei Kreislaufproblemen sind das OP-Team und die meisten Ärzte verständnisvoll und fürsorglich, es wird dann ein anderer UA oder AA gerufen
+ Zugang zum OP-Plan sodass man schauen kann, wann man wo eingeteilt ist, Einteilung erfolgt schon am Vortag
+ OP-Team ruft einen auf dem Pieper an
+ UA dürfen wenn Zeit ist vor der OP selbst untersuchen
+ es gibt sehr spannende OPs (z.B. Refertilisationen und Tumor-OPs)
- bei Laparoskopien sitzt man zwischen den Beinen der Frau und hält Stundenlang den Uterus mithilfe eines Manipulators (bei stundenlangen Eingriffen große Einschlafgefahr)
- wenig Feedback, wenn man etwas macht, meist wird nur gesagt, wenn man etwas falsch macht
- von manchen Operateuren werden UA am Tisch komplett ignoriert, es kam bei mir schon ein paarmal vor , dass ich den ganzen Tag im OP assistiert habe und die Operateure mich wie einen lebenden Hakenhalter behandelt haben
Wochenbett:
+ man darf selbstständig Austrittsgespräche führen
Gebs:
+ meisten Hebammen sind sehr nett
+ je nach Arzt/Ärztin darf man viele Geburten sehen, bei Untersuchungen und Ultraschalls dabei sein
+ da es auch eine Neonatologie gibt, gibt es auch einige Risikogeburten, was man nicht in jeder Klinik zu sehen bekommt
- an stressigen Tagen wird man mit einer Selbstverständlichkeit herumgeschickt, um Krankenakten, Histoscheine etc. zu suchen, Leuten nach zu telefonieren etc.
Unterkunft:
+ im Wohnheim wohnt man zu 10 auf einem Flur, man ist nie alleine, es sei denn man möchte es
+ gut organisiert (eigene Fächer in der Küche und im Kühlschrank)
+ tägliche Reinigung
+ kostenlose Waschküche
+ kostenloses W-lan
+ viele EInkaufsmöglichkeiten
- kaum Wohnheimgeschirr, man sollte sein eigenes mitbringen
- Geschirr, das draußen steht, wird von Reinigungskräften entfernt
- zu wenig Stühle in der Küche (5 Stühle für 10 Personen)
- ungemütlicher Gemeinschaftsraum (es fehlt ein Sofa oder eine gemütliche Sitzecke)
St. Gallen:
+ ein niedliches, sauberes Städtchen.
+ schöne Wanderwege rund herum (drei Weier mit Blick auf den Bodensee)
+ schnell am Bodensee oder in den Bergen
die meistens Aktivitäten sind teuer, Kaffeetrinken min. 5 euro, "Club" Eintritt 20 euro, Bier 5-8 Euro, Essengehen 20-50 Euro pro Hauptmahlzeit. Nach ein paar Wochen bekommt man jedoch auch von günstigeren Alternativen mit z.B. kostenlose Parties, günstigere Restaurants, Happy Hour
Bewerbung
Ich habe mich über ein Jahr vorher bei Frau. Loosli (elisabeth.loosli@kssg.ch), der Sekretärin, gemeldet und nachgefragt. Es ist je nach UA-Bedarf auch kurzfristiger möglich.