Ich habe das Chirurgie-Tertial in Soest absolviert. Es ist ein relativ kleines Haus. Jeder kennt jeden. Gerade innerhalb der chir. Fächer gibt es regen Austausch und die Abteilungen sind sehr übersichtlich. Man kann im Prinzip in allen chir. Disziplinen reinschauen und sich sehr frei bewegen! Es läuft wesentlich unpaternalistischer als in der Uniklinik ab. Es gibt viele ausländische Assistenzärzte aus der ganzen Welt. Das habe ich als Bereicherung empfunden. Man lernt von ihnen oft aus einer anderen Perspektive, sie haben zu Lehre teils eine selbstverständlichere Einstellung als es im deutschen System der Fall ist und es ist immer sehr bereichernd zu erfahren wie es andernorts abläuft. In Soest hat man also auch ein halbes Auslands-Tertial ;-)
Die Gefäßchirurgie ist ein bisschen abgekoppelt, aber auch da sind Rotationen wohl möglich, wenn man sich darum bemüht! In der ZNA beginnen die meisten PJler. Dort kann man, je nach Assistent, Pat. untersuchen, ggf. Bildgebung anmelden und die Dokumentation machen. Für ein paar Wochen sicher ganz interessant, wird aber irgendwann langweilig, weil 80% Banalitäten wie Finger an Tisch gestoßen etc.
Nur ist der Leiter der ZNA leider nicht an Lehre interessiert und sagt einem immer nur was man alles NICHT machen darf, womit man aber dann in einem Handwerk wie der Chirurgie auch leider nichts lernt! Die Assistenten die ich in der ZNA erlebt habe waren aber ganz nett und erklären viel, wenn man sich interessiert zeigt.
OP: Grundsätzlich ist die Stimmung sehr gut im OP, aber es gibt natürlich Ausnahmen, gerade auf Seiten der OP-Pflege. Es gibt eine Schwester N. die sehr unangenehm ist und meint PJler erziehen zu müssen. Die anderen sind durchweg sehr nett und betrachten einen als Teil des Ärzteteams. Es gibt nur wenige OP-Säle. Die Atmosphäre ist im OP nicht übermäßig stressig, wie es an größeren Häusern oft der Fall ist. So dürfte es einem Chir. Unerfahrenen leichter fallen in die Basics wie Waschen, Ankleiden, Verhalten rein zu kommen.
VC: Sehr netter Chefarzt bei dem man immer zunähen darf bei den Laparoskopien. Die erfahrene OÄ ist extrem anspruchsvoll was das Verhalten des Assistenten angeht (Kameraführung etc. teils nicht nachvollziehbar). Die erklärt dann auch fast nichts und redet dafür viel über Privates was die OP-Länge unnötig dehnt. Bei den anderen ist das alles entspannter. Insgesamt ist die Abteilung etwas unorganisiert. Wenn man will und mit mangelnder Organisation klarkommt kann man viel selbstständig machen und sich einbringen!
UC: Unfallchirurgen halt! Wenn man später in die Medizin will, nicht unbedingt an die große Glocke hängen, da haben Unfallchirurgen eine ganz böse Atopie ;-). Größtenteils aber nette Assistenz- und Oberärzte. Man muss sagen, dass die größeren Sachen in die UK Münster usw. gegeben werden.
Plastische- und Handchirurgie: Sehr zu empfehlen! Der Chef ist zwar sehr streng, dafür ist die Abteilung gut und organisiert geführt. Sehr nettes, junges und dynamisches Team. Man wird voll ins Team integriert, darf sehr viel eigenständig im OP machen, wenn es einem zugetraut wird (Bspw. beim BK-Spahn zunähen, Redons legen, Lappen nähen). Mein Highlight war eine mikrochirurgische digitale Nervenanastomose als 1. Assistenz unter Aufsicht des Oberarztes. Sicherlich die beste Rotation dort um viel zu lernen!
Zur Kantine: Wirklich ein großer Minuspunkt. Ich bin nicht sehr zimperlich was Essen angeht aber das Essen in der Kantine dort ist eine Katastrophe (Highlight ist die Sauerkraut-Lasagne). Man darf umsonst 3x/d essen aber nach wenigen Wochen vergeht einem der Appetit dort. Zudem sind die Kantinen-Frauen ziemlich unfreundlich.
Rufdienste: Die OP-Rufdienste sind sehr gut bezahlt. Im Prinzip kann man sehr viele machen wenn man will, da die unter den Assis nicht sonderlich beliebt sind.
Seminare: Nur Anästhesie findet immer statt (der Anästhesie-Chef ist der PJ-Beauftragte). Hier wechselnde Qualität. Außerdem finden statt Innere (Gastro und Kardio), Neuro und gelegentlich Chirurgie. Was NIE stattfindet ist Pädiatrie und Geriatrie. Hier lohnt sich auch kein Nachfragen. Radiologie findet statt, wenn man sich drum kümmert. Der Termin ist allerdings Montag morgens, was in der Chir. etwas ungünstig ist. Hier würde es sich lohnen einen anderen Termin festzulegen.
Unterkunft: Die Unterkunft ist in einem Nebengebäude des Krankenhauses. Fußweg 1 min. Dort ist aktiver Betrieb. Unter den Unterkünften sind die Personalumkleiden. D.h. ab 5-6 Uhr kommen die ersten Mitarbeiter. Am Anfang sehr laut, später gewöhnt man sich. Die Zimmer sind gut ausgestattet und modern renoviert. Kleine Küchenzeile. Insgesamt wie im Studentenwohnheim. Es gab leider streckenweise massive Probleme mit dem WLAN.
Soest: Nette kleine ehemalige Hansestadt. Die Altstadt ist ganz nett. Der Dom ist ein Besuch wert.