Ich habe mein letztes Tertial in den drei chirurgischen Abteilungen des Hauses (ausgenommen Neurochirurgie) verbracht:
1. Unfallchirurgie
Hier wurde erwartet, dass man sich als PJler regelmäßig als 2. Assistenz im OP zur Verfügung stellt. Auf Station standen selten Briefe an. Die Patienten waren schon aufgenommen. Lohnend ist der Besuch der Ambulanz und der Rettungsstelle bzw. Wochenenddienste. Unter der Woche hat man angesichts des überbordenden Personalschlüssels kaum sinnvolle Verwendung für Studenten. Atmosphäre auf Station recht angenehm. An unfallchirurgischen Eingriffen gibt es hier so gut wie alles zu sehen, hohes technisches Niveau! Patienten alle eher jung und gesund. Hier lernt man vor allem im OP einiges, einige überaus hilfsbereite Oberärzte finden sich hier. Station insgesamt empfehlenswert!
2. Gefäßchirurgie
Als Student ist man hier eher auf verlorenem Posten. Die Atmosphäre auf Station ist katastrophal, sowohl auf ärtzlicher als auch auf pflegerischer Seite. Hier sammelt sich das Patientenklientel, das auf anderen Stationen keinen Platz findet, die Station ist primär schon eine gemischte Dermatologie, Gefäßchirurugie und "Reste" der Unfallchirurgie. Viele Obdachlose kommen hier unter. Besonders auffällig ist die Verschwendungssucht, die auf dieser Station herrscht, es werden völlig unsinnige teure Laborwerte erhoben, und diese auch noch kontrolliert (wiederholte HIV-Tests bei über 80-Jähren, regelmäßige PCT, Interleukin-6 Bestimmungen ohne dass Hinweise auf Infekte vorliegen ...), das Labor, das bei einer einfachen Varizen-OP erhoben wird überholt jede ITS! Andererseits sieht man hier keine "große" Gefäßchirurgie mit Aneurysmen etc., sondern es bleibt bei der "kleinen" mit Varizen, MESH, Port etc. Als Student wird man für unsinnige Botendienste missbraucht und lernt ansonsten nicht viel. Station ist absolut nicht empfehlenswert!
3. Visceralchirurgie
Hier fanden sich aus unerfindlichen Gründen zu meiner Zeit 6 Famulanten und 2 PJler auf einer Station, dementsprechend wenig gab es zu tun. Der Chef der Visceralchirurgie ist eine Kompetenz - sehr interessiert an Lehre, hat sich regelmäßig morgen nach Visite eine Stunde für uns genommen um Fälle oder Fragen durchzusprechen. Gute Atmosphäre, fähige Pflege. Als Student ist man für BEs und Verbandwechsel zuständig. Absolut empfehlenswert sind auch die Ambulanzen! Fazit hier: sehr interessante OPs, vielseitiges Klientel - wenn man sich hier nicht gegenseitig auf die Füße tritt, kann man einiges lernen.
Dienste und Rettungsstelle waren jederzeit möglich und sinnvoll. Die Absprache mit den Bundeswehr-Studenten zwecks Rotation gestaltete sich teilweise konfliktreich. Es scheint, dass insgesamt zu viele Studenten aufgenommen werden sowohl für PJ als auch Famulatur. Fortbildungen waren zwar groß angekündigt, fielen aber zu mindestens 50% aus. Wenn man zivile Häuser gewohnt ist, wundert man sich über die überbordende Bürokratie und den luxuriösen Personalschlüssel sowie die technischen Ressourcen, die der Bundeswehr zur Verfügung stehen. Unfall- und Visceralchirurgie sind empfehlenswert. Gefäßchirurgie unbedingt vermeiden! Der Lerneffekt hält sich überall in Grenzen, verantwortlich fühlt sich kaum jemand für studentische Ausbildung. Dafür hat man recht viel Freizeit und niemand vermisst einen, wenn man nicht da ist ... Die elektronische Zeiterfassung hat bei uns am Ende niemand kontrolliert.
Fazit: recht interessante Erfahrung und völliges Kontrastprogramm zu zivilen Häusern!