Mein PJ-Tertial in Osnabrück empfand ich insgesamt als durchschnittlich.
Allgemeine Eckpunkte: Großes Krankenhaus, wo man viel sehen kann, sehr große Abteilung, nette Kollegen, PJ-Unterricht 2x wöchentlich. Es gibt Wohnheimplätze, Mittagessen muss man allerdings selber bezahlen. Besonders lohnenswert ist es, in der Notaufnahme, in der Funktionsabteilung und auf Intensivstation vorbei zu schauen.
Die ersten 8 Wochen war ich in der Kardiologie eingeteilt, wo es mir überhaupt nicht gefallen hat. Der Stationsarzt hat mich kaum in die Stationsarbeit eingebunden (obwohl ich mich motiviert zeigte und am ersten Tag anmerkte, dass ich bereits Arztbriefe diktieren und die Krankenhaussoftware orbis bedienen konnte, also voll einsatzbereit war). Stattdessen durfte ich seine Arztbriefe auf Rechtschreibfehler überprüfen oder ihm beim Arbeiten zusehen. Ich wurde regelhaft aus der Visite geholt, um Viggos zu legen und Blut abzunehmen (was ich vor oder nach der Visite ok fände, währenddessen aber unpassend und so habe ich die Patienten meist auch nicht mit verfolgen können. Als ich mich darüber beschwerte meinte der Arzt nur, das sei bei ihm im PJ auch so gewesen und da müsse ich durch - obwohl es in meinem vorigen Tertial überhaupt nicht so war). Ein einziges Mal hat der Stationsarzt etwas Teaching mit mir gemacht, ansonsten habe ich nach 4 Wochen auf einer kardiologischen Station gelernt, dass man bei Herzinsuffizienz Lasix gibt und das wars. Wesentlich mehr lernen konnte man dagegen im EPU-Labor (elektrophysiologische Untersuchung). Dort stieß ich auf ein überaus nettes Team, die mir sehr viel über Herzrhythmusstörungen beigrabracht hat. Auch bei Herzkathetern zusehen war interessant. Von Normalstation bin ich auf die Intensivstation geflüchtet, wo es mir wesentlich besser gefallen hat: Man sieht täglich ZVK-Anlagen, Pleurapunktionen und ähnliches und darf gegebenenfalls auch selber ran.
Richtig gut wurde mein PJ-Tertial erst, als ich in die Allgemeine Innere rotiert bin. Zwar sollte ich auch dort Viggos legen und manchmal Blut abnehmen, aber dort wurde meine Arbeit wert geschätzt und die Ärzte nahmen auch Rücksicht darauf, dass ich bei der Visite dabei sein sollte. Ich hatte ein eigenes Patientenzimmer zu betreuen und wurde in die Stationsarbeit eingebunden. Ich wurde in Entscheidungen involviert und habe selbstständig Medikamente angeordnet. Wenn ich mal nichts zu tun hatte, hat die Stationsärztin für mich in der Endoskopie angerufen und organisiert, dass ich die ein oder andere Colo- und Gastroskopie sehen durfte.
Die beste und lehrreichste Zeit hatte ich in der Zentralen Notaufnahme. Dort kann man sehr selbstständig arbeiten (Patienten komplett aufnehmen), wird sehr gut von den anderen Ärzten angeleitet und diese nahmen sich auch wenn viel los war Zeit, um einem Vieles zu erklären.
In der letzten Woche war ich nur in der Funktionsabteilung und habe Colos, Gastroskopien, ERCPs etc. gesehen. Es waren einige richtig spannende Fälle dabei und die Mitarbeiter dort waren sehr nett.
Das habe ich am Marienhospital vermisst:
- Ich habe mir das meiste selbst beibringen müssen und leider von den Ärzten nicht so viel gelernt (Ausnahme ZNA).
- Mit dem PJ-Beauftragten habe ich in meiner ganzen Zeit nicht ein Wort gewechselt (das war in meinem vorigen Tertial ganz anders, dort wurde viel Wert auf die Meinung der Studierenden gelegt).
- Als Student war man eher eine Nummer (was an einem großen Haus nunmal nicht ausbleibt). Ich konnte klinisch richtig viel als ich ans Marienhospital kam und hatte das Gefühl, dass meine Fähigkeiten dort im Verlauf eher verkümmert sind.
- Es gab kein PJler-Telefon
- Man erfuhr an seinem 1. Arbeitstag keinerlei Einweisung in irgendwas (also wo man was findet etc. Das meiste konnte mir aber eine andere PJlerin zeigen)
- Es war -insbesondere in der Kardiologie- sehr deutlich, dass ökonomische Aspekte im Vordergrund stehen. Bei einem Patienten, der zum elektiven Herzkatheter kam habe ich erlebt, dass er anschließend mit einem Hb von 8 entlassen wurde. Eine Anämie war nicht bekannt und als ich dies gegenüber dem Stationsarzt bemerkte meinte dieser: Wir haben einen klaren Handlungsauftrag (Herzkatheter machen) und schauen nur auf die kariologische Problematik.Weitere Beispiele: Bei einem anderen Patienten mit schlaff hängenden Mundwinkel und Augenmuskelparesen stand im Aufnahmebogen "neurologisch unauffällig". Ein ander Mal hörte ich, wie in der Frühbesprechung eine Neuaufnahme vorgestellt wurde mit den Worten: "Den CRP von 170 behandelten wir mit einer Antibiose" (ohne das sich irgendjemand daran störte). Bislang war mir noch nicht bekannt, dass man Laborwerte üblicherweise mit Antibiotika kuriert...
Alles in allem hatte ich über das Marienhospital vor meinem Tertial dort viel gutes gehört, wurde jedoch enttäuscht. Dennoch möchte ich mich bei allen Ärzten dort bedanken, die sich meiner angenommen haben, das Kollegium war wirklich ausgesprochen nett.
Kurz noch zu den Rahmenbedingungen:
Das Marienhospital ist mitten in Osnabrück, ich bin nach der Arbeit oft durch die schöne Stadmitte flaniert. Auch der Hauptbahnhof war in unmittelbarer Nähe. Die Stadt hat durchaus einiges zu bieten und wenn man Glück hat gibt es noch andere PJler am Hause, mit denen man was unternehmen kann. Das Wohnheim war sehr karg eingereichtet, jedoch völlig zweckmäßig.