Ich kann das Diak im großen und ganzen sehr empfehlen. Es gibt immer Dinge die besser laufen könnten, aber wo nicht?
Rahmenbedingungen: Man kommt im Wohnheim in einem recht einfachen Zimmer mit Waschbecken unter. Bad und Küche teilt man sich mit maximal 5 anderen PJlern. Leider hat man in den allerwenigsten Zimmern WLAN-Empfang aus der Klinik. In der Regel benötigt man einen UMTS-Stick zum Beispiel von Aldi (ist direkt um die Ecke und Eplus hat dort gutes Netz). Einen gemeinsamen Aufenthaltsraum um sich abends zu treffen gibt es nicht. Wir haben aber ab und zu gemeinsam gekocht und gegessen bzw. gegrillt. Man bekommt 3 freie Mahlzeiten am Tag, auch am Wochenende. Das Essen ist auch nicht übel. Dazu gibt es noch 400€ pro Monat. Den WLAN-Zugang in der Klinik gibts für einmalig 1€ (symbolisch) an der Pforte. Parken kostet einmalig 10€ oder man sucht sich nen kostenlosen Parkplatz in der Nähe. Wir waren etwa 5-8 PJler.
Stadt: Schwäbisch Hall ist nicht riesig, aber größer als ich es mir vorgestellt habe. Der Bahnhof ist etwas außerhalb, es gibt aber Busverbindungen. Zu Fuß ist man recht schnell in der sehr schönen Altstadt. An Läden findet man alles was man braucht. Gibt auch ein paar schöne Kneipen (U-Bar, Irish Pub, Ilge,...), einen schönen Biergarten und auch kulturmäßig ist meistens was los. Aldi und Rewe sind direkt bei der Klinik und zu Fuß zu erreichen.
Die zuständigen Studentenvertreter und Sekretärinnen sowie die ganzen Leute in der Verwaltung waren immer sehr nett, hatten ein offenes Ohr und machen vieles möglich!
Das Tertial ist wie folgt aufgeteilt: 7 Wochen Viszeralchirurgie, 6 Wochen Unfallchirurgie, 3 Wochen Gefäßchirurgie. Dienste sind nachts und am Wochenende möglich. Da kann man auch mit den chirurgischen Kollegen Notarzt fahren. Geld oder Freizeitausgleich gibts dafür aber nicht! Lohnt sich (zumindest 1, 2 mal) trotzdem.
Viszeralchirurgie (VC):
Beginn 7:25 Uhr mit Frühbesprechung inkl. Radiologe. Meistens gehts dann direkt in den OP. In der VC war ich zu 95% im OP. PJ-Aufgabe ist dann immer die Lagerung des Patienten, Blasenkatheter legen, usw. Mittagessen war selten möglich, es gibt aber Brötchen und Suppe im OP. Die Stimmung im Team mit dem instrumentierenden Personal und der Anästhesie war größtenteils sehr gut und auch mal lustig. Man ist bei fast allen Eingriffen 1. Assistenz, nur bei größeren OPs 2. Assistenz. Es gibt für viele Operationen Selbsthaltesyteme (Struma, Abdominaleingriffe), daher fällt das klassische Hakenhalten meist weg und man operiert richtig mit. Wieviel man darf hängt von der Motivation und dem Operateur ab. Von wenig bis kleine OPs unter Anleitung durchführen ist alles möglich. Von Struma, Appendektomie, Galle, Hernien, proktologische Chirurgie über Whipple, Kolektomien, Hemihepatektomie, Neck Dissection bis zur Adipositaschirurgie war alles dabei. Wer operativ interessiert ist, ist hier goldrichtig! Auf Station war ich selten. Habe im Vergleich zu den anderen Tertialen sehr wenige Briefe geschrieben und kaum Patienten aufgenommen. Blutentnahmen lassen sich (wenn man nicht im OP ist) innerhalb einer Stunde erledigen. Wenn Zeit ist (selten) kann man auch mal in die Ambulanz und Sprechstunde. Die Assistenten sind alle sehr nett und auch in der Führungsebene war niemand bösartig. Man darf zum Beispiel auch mit zum Sommerfest. Zum Unterricht konnte ich nicht immer, je nachdem ob man im OP ausgelöst werden kann bzw. entbehrlich ist. Der Chefarzt ist zwar auch spürbar ein Chefarzt aber nie unfair und kein Choleriker! Feierabend war meist zwischen 16 und 19 Uhr. Wenn man fragt darf man an den Laparoskopie-Simulator!
Unfallchirurgie (UC):
Beginn 7:00 Uhr mit Visite, im Anschluß Frühbesprechung mit Radiologen. Dann gehts in der Regel ein Stündchen Blut abnehmen und dann sofort in die Ambulanz. Stationäre Briefe hab ich nur an einem Tag geschrieben.
In der Ambulanz hatte ich das Glück mit einem festen Assistenten zu arbeiten (der nun leider nicht mehr dort arbeitet). Man kann selbständig Patienten aufnehmen, untersuchen, Wundversorgung machen, auch mal nen kleinen Fremdkörper entfernen und sieht ab und zu auch mal nen Schockraum. Die Zeit in der UC-Ambulanz war die Beste meines Tertials! Das Team ist super nett und man lernt total viel. Im OP war ich sehr selten, meist nur als 2. Assistenz bei Hüften und Philosplatten. Wer also viel unfallchirurgische OPs sehen will, muss das wahrscheinlich explizit sagen. Ich denke das wäre möglich. Das Team war hier auch sehr nett. Der Chef war ebenfalls nie unfair und hat auf Wunsch viel erklärt. Da ich viel in der Ambulanz war, konnte man auch regelmäßig in die Mittagspause, am Unterricht teilnehmen und frühzeitig nachhause (ca. ab 15:30 Uhr).
Gefäßchirurgie (GC):
Beginn 7:30 Uhr mit der Frühbesprechung. Danach gefühlt 10000 Blutentnahmen bei katastrophalem Gefäßstatus. Danach kann man in die Sprechstunde oder läuft mit einem der Ärzte mit. Im OP ist man fast täglich. Manchmal kleine OPs (Varizen) aber auch mal der 8-Stunden-Monster-Fem-Pop-Bypass, zum Teil auch als einzige und 1. Assistenz, sofern es gut läuft. Ich war danach immer fertig wie's Brot (zieht euch bloß keine Bleischürze an....die 2 mal Röntgen kann man auch raus gehen). Ebenfalls sehr nettes Team durch alle Ebenen und ein sehr netter Chef. Unterricht war nicht immer möglich und manchmal war auch der Feierabend recht spät. Das GC-Team ist das kleinste chirurgische Team und da eh alle chronisch unterbesetzt ist meistens niemand zum auslösen frei. Briefe habe ich kaum geschrieben. In der Sprechstunde darf man auch mal einen Patienten untersuchen, Gefäß-Sono machen und Patienten aufnehmen.
Man ist für viele OPs fest eingeplant und da das Personal überall knapp ist, kann man nicht immer das sehen was man will. Wenn aber irgendwie möglich wird auf Wünsche eingegangen.
Unterricht:
Täglich außer Freitag. 1-2 pro Tag.
1x pro Woche EKG und Anästhesie im Wechsel
1x pro Woche Seminarunterricht mit wechselnden Fachbereichen
1x pro Woche Radiologie
1x pro Woche Seminarunterricht Innere, teils Bedside
1x pro Woche Pädiatrie
Theoretisch auf dem Plan, hat aber nie stattgefunden: Chirurgie, Gynäkologie
chirurgischen Unterricht gibt es jetzt wohl wieder, Gyn wahrscheinlich nur wenn die Abteilung nen PJler hat.
Der Unterricht war fast immer sehr gut und meistens von den jeweiligen Chefärzten durchgeführt (die später auch Prüfer sind).
Mündliche Prüfung: Es gibt schöneres, war aber nicht so schlimm wie gedacht. Da man die Prüfer schon kennt (und umgekehrt), ist es eher ein kollegiales Gespräch. Keiner hat ein Interesse jemanden durchfallen zu lassen und die Prüfer kennen die Prüflinge ja in der Regel aus dem Unterricht und wissen diese einzuschätzen. Man kann für die Prüfungszeit nochmal kostenlos unterkommen.
Fazit: Ich kann das Diak sehr empfehlen. Die Stadt ist schön, man bekommt viel geboten, in der Klinik gibt es viel zu sehen, das Klima ist super und man ist als PJler willkommen. Es gibt in allen Bereichen die Möglichkeit im Anschluß eine Stelle zu bekommen. Die Prüfung empfand ich als angenehm. Dafür, dass ich mich gar nicht für Chirurgie interessiert habe, hat es mir extrem viel Spaß gemacht! Wenn ich mir überlege was ich von Freunden gehört habe, kann ich nur empfehlen an ein externes Haus zu gehen. Sowohl für die Prüfung, als auch für das Tertial an sich!