Das Tertial auf der Urologie lief leider nicht ganz so ab, wie es die veralteten Bewertungen versprochen haben. Vor allem auf der Station mit 20-30 Patienten und oft mehreren Außenliegern, ging es stressig zu. Diese wird nur von einem einzigen Assistenzarzt betreut, der dann meist gestresst war von der vielen Arbeit. Wir waren 2 PJler und mindestens einer sollte auf der Station aushelfen. Dies bedeutete viele Blutentnahmen und Braunülen, da es keinen Blutentnahmedienst gibt und die Schwestern grundsätzlich überhaupt kein Blut abnehmen. Weiterhin musste man täglich bei mehreren Patienten, bei denen die Entlassung ansteht nach DK-Entfernung Restharnsonos anfertigen (Volumen der Harnblase ausmessen). Anfänglich ist dies sehr lehrreich, aber nach wenigen Wochen flacht die Lernkurve ab und es wird eher zur Last.
Außerdem musste/sollte man dem Assistenzarzt Entlassungsbriefe abnehmen, meistens so 2-3 pro Tag. Bei den Briefen gibt es für die häufigen Krankheitsbilder Vorlagen, die man dann auf den jeweiligen Patienten individuell anpasst. Auch hier ist dies am Anfang lehrreich, wird nach einer Weile aber etwas nervig.
All diese Routinetätigkeiten halten einen dann oft davon ab, interessanteren und lehrreicheren Tätigkeiten nachzugehen.
Auf der Station kann man natürlich auch das Legen von Harnkathetern lernen und man wird sehr viele Nierensonographien, hauptsächlich mit der Fragestellung des Harnstaus, durchführen, nach kurzer Zeit auch völlig selbstständig inkl. Erstellung der Befunde.
Auch in den OP kann man, wobei hier ein breites Spektrum operiert wird. Einerseits gibt es den dezentralen OP im Ambulanzbereich mit Circumcisionen, Vasektomien und transurethralen Eingriffen (TUR-Prostata, TUR-Blase, etc.), andererseits den Zentral-OP mit laparoskopischen und auch offenen Eingriffen (hier sehr oft Nephrektomien und Nierenteilresektionen, aber auch sehr komplexen OPs wie der Implantation eines artifiziellen Harnröhrensphinkters).
Man darf natürlich überall reinschnuppern, aber oft steht man auch fest auf dem OP-Plan, wodurch die freie Wahl eingeschränkt wird.
Manchmal kann man nur Haken halten, sieht kaum etwas und bekommt nichts erklärt; manchmal darf man bei laparoskopischen Eingriffen die Kamera führen, darf intrakutan nähen und bekommt sehr viel erklärt. Gut sind die Konstellationen "alleine mit Oberarzt im dezentralen OP" oder "Assistieren im ZentralOP mit Oberarzt und Chef", da der Chefarzt dann meist nur für den entscheidensten Teil der OP anwesend ist und für den Rest der Zeit der PJler erster Assistent des Oberarztes ist.
Auch in der Ambulanz kann man sich, wenn man nicht auf der Station oder im OP helfen muss, nach belieben umsehen und an Aufnahmen oder Sprechstunden teilnehmen. Ich habe mich hier kaum aufgehalten, sondern war lieber im OP wenn ich nicht auf der Station helfen musste und kann deshalb nichts dazu sagen.
Der Arbeitstag beginnt gegen 6:45 auf der Station mit der Visite, an der immer die Oberärzte und auch der Chefarzt teilnehmen. Danach findet die Frühbesprechung statt, die recht lange dauert. Danach dann die alltägliche Arbeit auf Station/Ambulanz/OP. Zwei mal wöchentlich gibt es eine Röntgenbesprechung mit Radiologen, täglich gibt es eine Nachmittagsbesprechung unter den Urologen, auch mit radiologischen Bildern und auch viel Organisatorischem. Insgesamt haben die vielen langen Besprechungen nicht allzuviel lehrreiches gebracht und waren etwas nervig.
Nach der Nachmittagsbesprechung geht es nochmal hoch auf die Station und meistens vor 16 Uhr kann man nach Hause gehen.
Freitags ist stets frei (jeden 2. Freitag müssen die Deutschen Studenten, auch Externe, zum Uniklinikum zum PJ-Unterricht)
Fehltage kann man sich nehmen, wann man will und musste sich nicht wirklich rechtfertigen.
Mittagessen war kostenlos und gut, man kann sich an den meisten Tagen die Zeit nehmen, wenn man nicht gerade im OP steht (auch dort gibt es im Pausenraum kostenlos belegte Brötchen und Suppe)
Die Assistenzärtze waren allesamt sehr nett und umgänglich. Jede Woche macht ein anderer Assistenzarzt Stationsdienst, mit dem man dann viel Kontakt hat und sich die Arbeit teilt. Leider waren die Assis mit Stationsdienst aber meistens sehr im Stress, da sie die Station alleine betreut haben, so dass die Stimmung nicht immer gut war und für Teaching nicht viel Zeit blieb.
Der Chefarzt ist sehr freundlich und auch mit den Oberärzten ist man gut klargekommen, allerdings gab es schon einige Spannungen zwischen den Assistenzärzten und den Oberärzten/dem Chefarzt, was die Stimmung etwas gedrückt hat.
PJ Unterricht gibt es wöchentlich von den Anästhesisten und von der Inneren Medizin und man kann jeweils an den Themen teilnehmen, an denen man Interesse hat, dies aber völlig freiwillig. In den 8 Wochen, in denen ich da war, gab es nur 1 mal Urologie Unterricht.
Zusammenfassend muss man sagen, dass die Abteilung eigentlich das Potential bietet, ein sehr breites Spektrum der Urologie kennen zu lernen. Als PJler fühlt man sich schnell sehr selbstständig und übernimmt Eigenverantwortung, fühlt sich jedoch auch sehr mit Pflichten beladen. Die Arbeit, die geleistet wird (Blutentnahmen, Restharnsonos, Entlassungsbriefe, Haken halten) hat letztendlich deutlich Priorität vor Teaching, was unter dem Aspekt, dass die Asklepios Klinik in Altona außer Mittagessen überhaupt nichts für das PJ zahlt, nicht in Ordnung ist. Man fühlt sich ein wenig als kostenlose Arbeitskraft ausgenutzt, vor allem da die Situation auf der Station, mit nur einem überforderten Assistenzarzt für viele Patienten, leider so ist, dass die Station nur mit Hilfe von PJlern überhaupt laufen kann.
Die vielen Blutentnahmen nerven sehr, nachdem nach ein Paar Wochen der Lerneffekt nachlässt.
Man hat oft so viele Aufgaben, die man am Tag erledigen muss, dass man sich kaum frei bewegen kann um dort reinzuschnuppern, wo man hinmöchte.
Ich kann mir also gut vorstellen, dass die tollen Bewertungen der Vergangenheit der Wahrheit entsprachen und dass diese Abteilung auch in Zukunft wieder ein guter Ort für PJler werden könnte (wenn die personelle Situation etwas weniger angespannt wird, mehr Zeit für Teaching investiert wird und BITTE BITTE ein Blutentnahmedienst eingerichtet wird), im Moment kann ich sie jedoch nicht ohne Vorbehalte empfehlen.
Bewerbung
Als Ausländer war für mich die Bewerbung hier einfacher und stressloser als beim Rest meines PJ. Es gibt eine eigene, sehr freundliche Sekretärin nur für die Studenten, Frau Ahmadi, mit der man alles Organisatorische per Email und während des PJs vor Ort sehr gut regeln konnte.
Wahrscheinlich braucht man keine allzu lange Vorlaufzeit, um auf der Urologie einen Platz zu bekommen.