Sarnen ist ein winziger verschlafener Ort am schönen Sarnersee. Von dort gelangt man sehr schnell in die nächsten Ski- und Wandergebiete und nach Luzern sind es 30 Minuten mit der Bahn.
Das Kantonsspital ist ein sehr kleines Krankenhaus, auf der Medizin gibt es 25 Betten und auf der Chirurgie ebenso. Als ich dort war waren meist maximal 18 Patienten auf Station, für 3 Assistenzärzte und 2 Unterassistenten. Demensprechend waren die Ärzte selbst oft nicht ausgelastet und für die UAs gab es kaum was zu tun.
Der Arbeitstag beginnt um 7:45 mit dem Morgenrapport, wo die Aufnahmen der Nacht vorgestellt werden. Montags ist immer Chefvisite, die sehr lang und leider wenig ergiebig ist. Die sonstigen Visiten mit dem zuständigen Assistenzarzt sind natürlich abhängig davon, wie gewillt dieser ist einem etwas zu erklären, aber definitiv interessanter. Man kann auf Station auch Patienten übernehmen, muss aber immer wieder danach fragen. Das Ganze sieht dann öfter aber trotzdem so aus, dass man ein paar Sätze auf der Visite sagen darf bevor der Assistenzarzt (oder Oberarzt, wenn man bei der OA-Visite überhaupt zu Wort kommt) übernimmt. Dann darf man den Tagesverlauf sowie Briefe diktieren, und dann wird gewartet, was der Tag so bring. Der OA kommt täglich vorbei um alle Patienten zu besprechen, aber auch die eigenen Patienten werden fast immer zwischen OA und Assistent besprochen, selten wird man direkt angesprochen oder etwas zu dem Patienten gefragt. Wenn das der Fall ist, ist es wirklich sehr lehrreich. Leider ist das sehr selten. Auch die Patientenbesprechung mit der Pflege übernimmt der Assistenzarzt. Die Ärzte sind alle sehr freundlich, aber in solchen Momenten vergessen sie leider vollkommen, dass da noch jemand sitzt. Die Arbeiten auf Station, die einem als UA zugetraut werden, sind eher frustrierend: Schellong-Tests, MOCA/MMS-Tests, ab und an mal eine aBGA und eine ABI-Messung. Man muss kein Blut abnehmen oder Braunülen legen. Wer aber üben will, kann morgens um 7 auf Station gehen und helfen.
Die Arbeit auf dem Notfall ist schon wesentlich angenehmer, da dort mehr zu tun ist (aber auch nicht immer, es kann schon mal passieren, dass über den Tag verteilt 5 internistische Patienten kommen, für ingesamt 3 Assistenten und ein UA). Manche Assistenten lassen einen komplett alleine zu den Patienten, sodass man sie danach vorstellt, gemeinsam bespricht, nochmal anguckt, und dann vielleicht schon mal anfängt zu Sonographieren. Das ist dann natürlich super. Manche kommen aber immer mit einem zu den Patienten und übernehmen das Gespräch und man darf nur daneben stehen. Aber man lernt auf dem Notfall schon etwas, die körperliche Untersuchung wird hier immer sehr gründlich gemacht, was eine gute Vorbereitung fürs Examen ist. Wenn man Glück hat, darf man mal eine Punktion machen, aber meistens machen das die Assistenten.
Fortbildungen: Immer morgens nach dem Rapport für ca 10-30 Minuten.
Dienstags: Journal-club. Hier werden aktuelle Paper vorgestellt.
Mittwochs: Fortbildung aus anderen Fachbereichen
Donnerstags werden Videos geguckt mit Vorlesungen aus Harvard oder Oxford oder englische Multiple Choice Fragen beantwortet, eher einschläfernd als lehrreich.
Freitags ist EKG Kurs, der wirklich viel bringt, weil jeder mindestens ein EKG komplett Befunden muss, und das ganze wird dann mit dem kardiologischen OA besprochen.
Insgesamt ist das Klima in der Klinik sehr angenehm. Alle duzen sich (bis auf der Chef) und gehen sehr respektvoll und höflich miteinander um. Besonders im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Ärzten und Pflege fällt das sehr positiv auf.
Die UAs haben offiziell eine 42,5, die Assistenten eine 50-Stunden Woche. Der Tag beginnt um 7:45 und endet für UAs frühestens um 17:15 nach dem Abendrapport, wenn die IMC Visite (immer danach) lang dauert kann es auch schonmal bis 18 Uhr gehen. Man macht prinzipiell jeden Tag Überstunden, aber offiziell aufgeschrieben wird das nicht. Die Picket-Dienste sehen so aus, dass immer ein UA (auch aus den anderen Fachbereichen) für den OP in Bereitschaft steht. Die Stunden, die man arbeitet, werden als Überstunden gezählt. Die Zeit, die man in Bereitschaft ist, wird einem nicht angerechnet. Für ein Wochenende bekommt man einen Tag Ausgleich, egal wie viel oder wenig man gearbeitet hat. Es wird aber nicht genau aufgeschrieben, wer wann wie lange gearbeitet hat...
Gehalt sind 1100 CHF abzüglich 280 Miete und etwas Steuern sodass man bei 740 CHF landet. Damit kommt man gut über die Runden in der Schweiz. Essen gibts für 6-8 Franken und die netten Assistenten geben regelmäßig Cappuccino aus. Das Wohnheim ist voll ausgestattet, einigermassen sauber und direkt am See.
Fazit: Die Zeit war in Ordnung, aber ich glaube, dass man in kleinen Krankenhäusern in Deutschland mittlerweile wesentlich mehr geboten bekommt, mit regelmäßigen Sono- und Untersuchungskursen. Ich bin in die Schweiz gegangen, mit der Erwartung viel zu arbeiten, aber auch viel zu lernen. Im Endeffekt habe ich mäßig viel gelernt und vor allem viel rumgesessen und Zeit totgeschlagen. Das lag vor allem daran, dass es viel zu wenig Patienten gab. Aber immerhin sind die Leute alle super freundlich und die vorhandenen Freizeitmöglichgeiten entschädigen den etwas eintönigen PJ-Alltag.