Notaufnahme, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station, OP
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Ich versuche das Tertial so sachlich und objektiv wie möglich zu schildern, damit es so gut es geht repräsentativ erscheint. Zuerst einmal die positiven Eindrücke aus Aarau. Zu Beginn ist alles sehr struktiert und organisiert. Am ersten Tag erhält man von der Sekretärin ein Diensttelefon und wird im Verlauf des Tages durch die Klinik geführt. Man bekommt die Kleidung angepasst, einen Mitarbeiterausweis und erhält einen kurzen Rundgang durch die Klinik (Op etc.) sowie eine Einführung in das dortige EDV-System, mit dem man später arbeitet. Frau Saurenmann ist eine perfekte Sekretärin, die sich um alle Angelegenheiten der Unterassistenten kümmert. Ebenso verfügen die Unterassistenten über einen eigenen Raum mit Arbeitscomputern, in dem man arbeiten, Eigenstudium betreiben oder sich zur Mittagspause zurückziehen kann. Ebenso gibt es seit neurem für die Pikettdienste (24h Dienste, die man als Unterassistent ableisten muss) ein eignes Zimmer mit Bett. Das Essen in der Cafeteria oder der Mensa ist passabel und mit 5-9 Franken preislich absolut im Rahmen. Ich selber war 4 Wochen auf der Notaufnahme, 4 Wochen auf der Viszeralchirurgie, 4 Wochen Traumatologie und zum Schluss gemischt auf Gefäß- und Kinderchirurgie eingeteilt. Mit Abstand am besten hat mir das Arbeiten auf der Notaufnahme gefallen. Hier hat man sehr viele Freiheiten als Unterassistent. Man untersucht eigenständig Patienten, erhebt die Anamnese und bespricht das weitere Procedere mit seinem Assistenz- oder Oberarzt. Demnach meldet man nach Rücksprache auch eigentständig weitere Untersuchungen an ( Röntgen, CT, Sonographie, Labor). Bei größere Verletzungen, die genäht werden müssen, hat man die Möglichkeit, erst unter Supervision und im weiteren Verlauf komplett selbstständig die lokale Betäubung zu sehen und die Wunde zu nähen und zu versorgen. Je nach Patient hat man auch die Möglichkeit Panaritien oder kleine Pilonidalsinus chirurgisch zu behandeln, was für Chirurgie interessierte Studenten ziemlich cool ist. Die Zeit auf der Kinderchirurgie war ebenfalls sehr lehrreich. Man hat die Möglichkeit morgens bei Ops zu assistieren und nachmittags in den Sprechstunden den Chef- und leitenden Ärzten zu zugucken. Hier hat man die Möglichkeit auch selber kleine Patienten zu untersuchen. In der Schweiz wird viel Wert auf Fortbildungen gelegt. Besonders hervorzuheben sind die aus der Traumatologie. Prof. Gross und Dr. Renner geben sehr fundierte Fortbildungen zu den verschiedensten Krankheits- und Frakturtypen der Traumatologie. Ebenso gibt es eine eigene Unterassistentenfortbildung, die die Unterassistenten selber leiten und anderen Fachdisziplinen über chirurgische Krankheitsbilder informieren. Auch besteht die Möglichkeit, die Radiologiefortbildung zu besuchen. Eine eigene Fortbildung der Viszeralchirurgie findet allerdings nicht statt. Die Lehre in der Viszeralchirurgie war mit Abstand auch am schlechtesten. Die Bezahlung ist für Schweizer Verhältnisse gut. Abzüglich Wohnungskosten und Versicherungen bleiben einem nach Ende des Monats je nach dem 850-1000 Franken auf der Hand am letzten Monat sogar 1300. Pikettdienste werden allerdings nicht bezahlt und nur am Wochenende mit freien Tagen mit einem freien Tag entschädigt.
Nun zu den Punkten, die an dem Spital nicht so gut waren. Zuerst muss erwähnt werden, dass die Klinik Anfang Mai ohne Chefarzt auskommen musste und kommissarisch geleitet werden musste. Dementsprechend war ist der ganze Betrieb der chirurgischen Klinik herunter gefahren worden, was sich in einer geringen Fallzahl an OPs widergespielt hat. Die geringe Zahl an OPs hat dazu geführt, dass man als Student wenig in den OP gekommen ist ( als 2. Assistent). Generell ist es so, dass man als Student leider nur sehr wenig machen darf. Die Tätigkeiten beschränken sich meistens nur aufs Haken halten, Faden führen oder Faden schneiden. Eigenständig eine Naht machen oder chirurgische Knoten üben ist leider nur sehr selten möglich. Auf häufiges Nachfragen hat man die Möglichkeit, mal 1-2 Nähte zu machen. Um seine praktischen Fähigkeiten auszubauen, speziell wenn man chirurgisch interessiert ist, ist dies im Kantonspital Aarau nur schlecht möglich. Ebenso wird einem relativ wenig zu den Ops erklärt, auch auf Nachfrage. Wenn man Glück hat, bekommt man auch keinen doofen Spruch gedrückt, sondern ein bisschen zur Op erklärt. Wenige Ausnahmen erklären jedoch ausführlich die Zugangswege, Risiken etc.
Das Team der Assistenzärzte habe ich und die anderen Unterassistenten ( teilweise bis zu 9 Studenten) als ''speziell'' empfunden. In anderen Abteilungen wurden Unterassistenten regelmässig morgens mit zum Käffchen an den Tisch genommen oder man ist zusammen Mittag essen gegangen. Dies ist in dieser Abteilung nicht vorhanden. Unterassistenten und Assistenzärzte sitzen getrennt. Auch Versuche unsererseits, eine guten Beziehung zu den Assistenzärzten aufzubauen, blieben leider erfolglos. Ebenso wird man häufig von einigen Assistenzärzten für Bimboaufgaben benutzt. Sicherlich bringe ich gerne mal irgendwelche Formulare in andere Abteilungen, telefoniere Hausärzten hinterher oder hole dem Arzt mal neue Wechselklamotten. ABER: Das alles beruht auch auf Gegenseitigkeiten. Der Wissensaustausch und das Teaching der Assistenzärzte ist praktisch nicht vorhanden gewesen, auch eine gewisse Dankbarkeit für diese Arbeit, die den Assistenzärzten den Alltag ein wenig einfacher gestaltet hat, ist nicht aufgekommen. Der Höhepunkt bildete regelmässig die Chefarztvisite, in der man als Student als '' Wasserspender fungieren darf'' und den Ärzten das Desinfektionsmittel in die Hände träufelt. Anders hingegen die Oberärzte und leitenden Ärzte. Sofern man Interesse hatte und Lust auf Sprechstunden, konnte man jederzeit in die verschiedenen Abteilung gehen und bei den Sprechstunden dabei sein, in denen man auch einiges zu den Krankheitsbilder erklärt bekommen hat. Insgesamt hat man als Student aber nicht so eine enge Beziehung zu den Oberärzten und leitenden Ärzten.
Im Großen und Ganzen sollten Studenten, die sich für Chirurgie interessieren, diese Klinik meiden. Es wird einfach zu wenig Wert in die praktische Ausbildung gelegt. Das Team und die Stimmung des Teams zueinander ( hauptsächlich die Assistenzärzte) sind bis auf wenige Ausnahmen komisch. Das Gefühl in der Rangordnung noch hinter der Putzfrau zu kommen, kommt gehäuft vor. ABER: Ab Juli fängt einer neuer Viszeral-Chefarzt aus Deutschland an der Klinik an, der den Laden ordentlich aufmischen wird. Von daher wird wahrscheinlich wieder mehr in die Ausbildung der Studenten wert gelegt. Sofern man sich an die Oberärzte gehalten hat, war durchaus auch ein Lerneffekt da. Für alle keinen Bock auf Chirurgie haben und ungern im OP sind, bietet sich das Krankenhaus an.
Ich hoffe, es war einigermaßen fundiert berichtet und nicht zu sehr wertend. Meine Meinung stimmt weitgehend mit der meiner anderen Unterassitenten überein.