Leider ist von der Chirurgie im Kantonsspital Münsterlingen ernsthaft abzuraten. Der Ruf der Chirurgie hier ist tatsächlich nicht umsonst so schlecht. Die Klinik ist zwar schön und super gelegen. Toll sollen allerdings Innere Medizin und Pädiatrie sein.
Eine Begrüssung gibt es zu Beginn allgemein von der Klinikleitung und ist sehr nett. Ganz das Gegenteil erlebt man jedoch auf der Chirurgie. Eine Begrüssung durch eine Bezugsperson, geschweige den Chefarzt bleibt gänzlich aus. Integration ins Team fand nie statt. Gleich zu Beginn wird klar: "bei unserer Arbeit und beim Mittagessen soll nicht gestört oder gar etwas gelernt werden"!
Das Aufgabenfeld des Unterassistenten ist hier sehr beschränkt. Wir machen die Patientenaufnahme (für Operationen vom Folgetag. In der Anamnese und im Status soll einfach etwas für den späteren Bericht schonmal drinstehen) dazu kommt Haken halten im OP.
Man dient der Chirurgie und Orthopädie. Die meiste Zeit verbringt man mit orthopädischen Eingriffen. Täglich Hüft-, oder Knie TEPs. Das Team der Orthopäden ist sehr nett, sogar der Chefarzt stellt gelegentlich Fragen und scheint sich um den Nachwuchs der Ärzteschaft teils humorvoll zu kümmern. Zusammen mit einem leitenden Arzt der Orthopädie sind sie die Einzigen, die den Studenten vermitteln, dass sie - zumindest von ihnen - wertgeschätzt und wertvoll für die Zukunft seien.
In der Chirurgie verbringt man viel Zeit im eigenen Kämmerchen (abgesondert von Assistenzärzten, die die Station schmeissen) mit Vorverordnungen und Berichten eintippen oder steht im OP und hält ein Bein oder Haken. Teaching gibt es keins. Kollegen der Station sieht man nie, ist auch nicht gedacht von ihnen zu lernen oder ihnen über die Schultern zu blicken. Im OP sollte man besser nichts tun ausser Haken halten. Man steht bis zum Schluss der OP steril am Tisch, um dem Assistenzarzt schliesslich die letzten zwei Fäden seiner Hautnaht abzuschneiden (nähen darf man selber praktisch nie, da die OP Minuten nun zu teuer geworden sind). Danach wird man vom unzufriedenen Lagerungspfleger angeschnauzt, dass man das Wärmetuch nicht richtig falten könne and so on. Der Chefarzt der Chirurgie zeigt nicht das geringste Interesse an Studenten, also redet er gar nie mit ihnen und so geht diese Haltung wohl auch auf die Assistenzärzte über, die uns Unterassistenten gerne UHU nennen und dabei stets betonen, dass dies ja Unterhund bedeuten würde. Das Spektrum der Chirurgie ist eingeschränkt und dominiert von Hernien und Schilddrüsen Eingriffen.
In der Notaufnahme sind wir leider nicht gerne gesehen und werden da solange ignoriert, bis wir von alleine wieder abzotteln. Eine feste Rotation auf den Notfall ist auch trotz genügend UHUs nicht vorgesehen. Es gibt auch kaum niemanden, der uns etwas untersuchen lässt oder etwas erklärt. Vielleicht sind ja auch Notaufnahme-Minuten neu zu teuer geworden, um sie in die Ausbildung unserer neuen Ärztegeneration zu investieren.
Ich weiss leider nicht, was in der Chirurgie zu diesem wirklich schlechten Klima gegenüber dem jungen und interessierten Nachwuchs geführt hat. Immerhin weiss ich jetzt ganz klar: "Chirurgie wurde mir hier gänzlich verdorben"!
Ich bin ein aufgeschlossen-, interessierter und höflicher Mensch. Aber Anschluss oder nur das geringste Zugehörigkeitsgefühl für die Kollegen der Chirurgie zu finden war hier extrem schwierig. Nachtdienste zu leisten oder Überstunden zu machen wären nicht das Problem. Das gehört zum Arztberuf und wir lernen auch damit umzugehen. Abschliessend habe ich ausser Anamnese schreiben und Clexane verordnen hier leider für meine Zukunft nur gelernt, dass ich nie wieder nach Münsterlingen zurückkommen werde.
Bewerbung
Ein Jahr vor Beginn bei der Chefarztsekretärin Fr. Straub