Ich absolviere zurzeit mein chirurgisches Tertial am Maximalversorger HKBB (Helios Klinikum Berlin Buch). Die ersten zwei Monate war ich in der Rettungsstelle, die weiteren zwei verbringe ich in der Allgemeinchirurgie.
Die Rettungsstelle am HKBB ist interdisziplinär angelegt. Über den Tag verteilt (Früh-, Zwischen-, Spät- und Nachtdienst) arbeiten 1-3 Assistenzärzte mit 1-2 Oberärzten im interdisziplinären Bereich, welche alle internistischen Patienten betreuen. Zusätzlich gibt es einen Assistenzarzt und einen Hintergrunddienst der Unfallchirurgie, welche alle chirurgischen Patienten betreuen und einen Neurologen für die Patienten seines Fachgebiets. Je nach Auslastung betreuen die einzelnen Fachgebiete auch "fachfremde" Patienten in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Kollegen. Alle weiteren Abteilungen werden konsiliarisch hinzugezogen.
Für die Patientenversorgung stehen 6 Untersuchungszimmer, 2 Eingriffsräume, 2 Schockräume, 1 CT und eine angegliederte Bettenstation mit 14 Betten (jeweils mit Monitor) zur Verfügung. Am Tag sind pro Schicht außerdem circa 6 Krankenschwestern und -pfleger in der Rettungsstelle im Einsatz, von denen eine auch die Triagierung übernimmt (MTS). Auch Blutentnahmen und Flexülen werden prinzipiell von der Pflege übernommen. Natürlich ist einem keiner böse, wenn man das selber noch üben möchte. Die Kinderrettungsstelle befindet sich direkt neben der Rettungsstelle, dort war ich jedoch nie im Einsatz.
Da ich bis auf drei Wochen der einzige Student in der RST war, konnte ich mir meinen Dienstbeginn selbst festlegen. Ich kam also zwischen 8-10 Uhr morgens und blieb für acht Stunden. (Der eigentliche Dienstbeginn mit Übergabe ist um 7:30 Uhr, jedoch war an den meisten Tagen die Notaufnahme bis 9 Uhr relativ leer und ich stehe ungern früh auf). Um 13 Uhr ist Chefvisite, wo alle aktuell in Behandlung befindlichen Patienten dem Chef vorgestellt werden. Auch als Student stellt man hier seine Patienten vor.
Bei mehreren Studenten im Praktikum wird ein Dienstplan festgelegt. Auch wenn es eigentlich mein chirurgisches Tertial ist, habe ich auch viel bei den internistischen KollegInnen mitgearbeitet. Dies war erfreulicherweise auch ganz unproblematisch.
Nun zum eigentlich wichtigen: Meinen Aufgaben. Egal ob als PJ-Student oder als Famulant, egal ob chirurgisch oder internistisch, der Grundgedanke ist, dass man seine eigenen Patienten betreut. Klingt toll, ist auch so. Auch wenn ich oft zunächst überfordert war habe ich durch diese selbstständige Tätigkeit sehr viel gelernt.
Man schaut also in die Liste am PC (dort stehen kurz die Beschwerden und die Triagierung) und trägt sich bei einem Patienten ein. Dann erhebt man die Anamnese und Status und schreibt einen Kurzbefund zum EKG und trägt alles bereits in den vorläufigen Arztbrief ein. Bevor man dann zum Oberarzt geht macht man sich Gedanken zu Differenzialdiagnosen, weiterer Diagnostik und Therapie, schaut kurz auf die Laborwerte und stellt dann dem OA den Fall vor. Es liegt an einem selbst ob man nun nur die Fallgeschichte wiedergibt oder bereits Ideen vorstellt, was man weiter untersuchen würde und welche Medikamente der Patient bekommen sollte.
So oder so gibt der OA dann seine Meinung zum Fall ab, stellt natürlich genau die Fragen, die man den Patienten nicht gefragt hat und bespricht mit einem dann das weitere Vorgehen. Der Patient bleibt weiterhin aber in der eigenen Betreuung. Man meldet dann also zum Beispiel Röntgen/CT an, ordnet Medikamente an oder macht schon mal eine Ultraschall-Untersuchung. In Rücksprache mit den OÄ entscheidet man dann im weiteren Verlauf, ob der Patient stationär bleiben muss oder wieder entlassen wird. Falls er bleibt schreibt man den Arztbrief fertig, zeigt diesem dem OA und organisiert auf der entsprechenden Abteilung ein stationäres Bett für den Patienten. Bei Entlassung vervollständigt man ebenfalls den Brief mit entsprechenden Anweisung an den Patienten (Wiedervorstellung bei Beschwerdeverschlechterung, Vorstellung bei niedergelassenem Kollegen, Einnahme von Medikament xy).
Fazit:
+selbstständiges Arbeiten mit Patienten, welches für mich extrem lehrreich war. Ich habe sehr viel an klinischer Erfahrung gewonnen, die Klassiker der internistischen und chirurgischen Notaufnahme kennengelernt (Luftnot, AKS, Pneumonien, dekomp. Herzinsuffizienz, exazerbierte COPD, Stürze, Rückenschmerzen) und viel über klinische Therapie- und Behandlungsalgorithmen gelernt. Auch wenn die Entscheidungen letztlich von den Ärzten gefällt werden müssen, konnte man sich immer mit seinen eigenen Vorschlägen einbringen. Dabei hatte ich auch immer den Eindruck, dass meine Überlegungen ernst genommen werden. Generell war die Wertschätzung für die von einem geleistete Arbeit sehr hoch, was natürlich zusätzlich motiviert.
+tolles Team aus AssistenzärztInnen und Oberärzten, insgesamt sehr gute Stimmung in der RST. Allesamt freundlich, in den meisten Situationen immer bereit dir etwas beizubringen und zu zeigen.
+gute und entspannte Zusammenarbeit mit sehr erfahrenen Krankenschwestern und -pflegern. Bei einigen KollegInnen wurde die tolle Zusammenarbeit mit einer Prise Berliner Charme garniert.
+Sono: Die zwei Monate waren wie ein langer, ausführlicher Sono-Kurs. Egal ob FAST, Abdomen-Sono, Herzecho oder Kompressionssono der Beinvenen. Alles wurde einem gezeigt und man wurde ermutigt alles erstmal selber zu schallen und dann den Arzt dazu zu holen.
+Auch bei kritischen Patienten (Verkehrsunfälle, Blutungen/Schlaganfälle, Reanimationen) die per RTW mit NA/RTH kommen konnte man bei der Betreuung mitmachen. Im Schockraum steht man natürlich zunächst eher in der zweiten oder dritten Reihe, doch wurde ich mit der Zeit auch mehr und mehr mit Tätigkeiten eingebunden.
+die Begleitung von Patienten aus der RST zu Interventionen wie z.B. in die Angio, Endoskopie oder zum Herzkatheter war fast immer möglich.
+bei invasive Tätigkeiten wie Nähen, Gelenkspunktionen, Pleurapunktionen, Aszitespunktionen, Lumbalpunktionen und Thoraxdrainagen konnte man so gut wie immer assistieren und diese teils auch selbstständig durchführen.
Ein Kritikpunkt ist der fehlende PJ-Unterricht. Jedoch kann man sämtliche Abteilungsfortbildungen besuchen. Außerdem erhält man mit der Zeit so viel 1:1-Teaching durch die Ärzte, dass man den PJ-Unterricht dann doch nicht wirklich vermisst.
Spind, Kleidung, Telefon und Transponder werden gestellt. 560 Euro Aufwandsentschädigung pro Monat im PJ. Zusätzlich Essensmarken im Wert von 3,20 € (ein normales Mittagsessen), 20-30 Minuten Mittagspause waren fast jeden Tag möglich.
Bewerbung
Die Bewerbung lief über die Sekretärin des ärtlichen Direktors, Frau C. Jentsch und die Sekretärin des Notfallzentrums, Frau M. Petroll. Da im Notfallzentrum viele Famulanten sind, empfiehlt es sich 4-6 Monate vorher zu bewerben, damit man sicher einen Platz bekommt. Für die Bewerbung reicht ein kurzes Anschreiben und eine Immatrikulationsbestätigung, außerdem muss man ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis beantragen und an die Klinik weiterreichen. Da es sich zum Zeitpunkt meiner Bewerbung um kein akademisches Lehrkrankenhaus handelte, musste ich meinem Studienrektor durch ein Schreiben des Krankenhauses nachweisen, dass dort dennoch Studenten und Assistenzärzte ausgebildet werden. Damit war eine Voranerkennung des Tertials ohne weiteres möglich. Inzwischen ist das HKBB Lehrkrankenhaus der Unis Riga und Breslau.