Leider hätte man aus diesem Tertial so viel mehr herausholen können, als einem letztendlich ermöglicht wird.
Es gibt eine Allgemeinchirurgie und eine Unfallchirurgie, in die man rotiert.
Was mir gut gefallen hat: bei den Allgemeinchirurgen wurde man oft mit in die Notaufnahme genommen, viel erklärt bekommen, auch bei Visite von den OÄ mit einbezogen worden, konnte eigene Patienten betreuen; während der OPs haben die Operateure dann doch gern etwas erklärt, wenn sie merkten, dass Interesse und auch gutes Vorwissen besteht, zum Teil auch 1. Assistenz bei OPs oder laparoskopischen Eingriffen.
In der Unfallchirurgie war die Mitarbeit in der Ambulanz wirklich ohne negatve Punkte - sehr (!) nette und bemühte Assistenten, die viel machen lassen und vor allem anrufen, ob man Lust hat, etwas zu nähen, Patient schon mal aufzunehmen, interessante Untersuchungsbefunde selbst ansehen, auf Station auch von den UCH/Ortho Assistenten gut eingebunden worden, selbst eigene Patienten komplett selbstständig betreut (natürlich immer nach Rücksprache mit den Assistenten). Allgemein waren die Assistenten in beiden Fachbereichen wirklich toll und menschlich möchte ich niemanden dort missen; die Zeit hat mir viel gebracht und ich konnte trotz der negativen Aufzählung, die gleich folgt, viel lernen und bin auch oft gern hingefahren.
Auch das OP Personal muss einmal positiv erwähnt werden - ich habe fast nur chirurgisch famuliert und auch ein chirurgisches Fach als Wahltertial gemacht - aber was dort für ein Zusammenhalt und Freundlichkeit besteht, ist wirklich herausragend - alle waren zu den PJ nett, halfen immer bei Fragen, niemand wurde angezickt, sondern immer höflich behandelt. Ich war immer sehr gerne im OP und habe auch freiwillig schon vor den Eingriffen beim Aufbauen geholfen, weil ich die Menschen dort sehr mochte und mich nie unwohl gefühlt habe. Sie waren auch die einzigen, die während oder nach OPs gefragt haben, ob man noch Stehen kann, für den Haken eine Kompresse zum Halten möchte, sie einem helfen können beim Kittel ausziehen etc.
Weiterhin gut: von Kiel aus gut zu pendeln, Mittagessen von 12:00-13:30 inklusive Nachtisch und Getränken (Milch, Buttermilch, Wasser), z.T. mit extra Salat, auch vorbestellbar und später abzuholen, wenn man schon vorhersieht, es zeitlich nicht zu schaffen, Wasser auf allen Stationen immer zur freien Verfügung, freies Parken, bei Bedarf gäbe es wohl sogar Wohnheimplätze.
Was schlecht war (leider viel...)
Allgemein: gerade die Oberärzte (und -ärztinnen!!) sind zum Teil sehr zickig - vollkommen personenunabhängig und egal wann oder wie lange, kann echt anstrengend sein. Zudem steht der PJ ganz unten in der Nahrungskette bei ihnen, wir sind ja zum Hakenhalten und nichts anderem da (wie, Sie wollen da PJ-Unterricht haben/machen? Da haben wir ja SO VIELE OPs...), niemand fragt überhaupt mal, ob man Lust dazu hat, 6 Stunden im OP zu stehen, mittags nur dank anderer PJ Essen mitgenommen zu bekommen und das dann innerhalb von 10 Minuten runterzuschlingen, um wieder in der nächsten zu stehen, nicht pünktlich Feierabend zu haben und am Ende noch angefahren zu werden, weil man es wagt, den Haken kurz etwas locker zu lassen, weil man einfach umgreifen muss. Somit steht man bei den ACH in jeder (!) Struma als 2. Assistenz, jede offene Hernie als 2. - wirklich viel dazulernen tut man aber nicht, geschweige denn mal etwas tun, außer Haken zu übernehmen oder zu tupfen, ggf. darf man zunähen (kommt auf den Operateur an). Bei den UCH ist es noch schlimmer. Wenn an dem Tag 4 Hüft-TEPs gemacht werden, kann man sicher sein, dass man in jeder drin steht und auch rein muss. Man kann sich sogar darauf einstellen, dass man selbst dann in Hüften rein muss, auch wenn man nicht auf dem Plan steht, weil die Assistenten gern die ungeliebte 2. Assistenz an den mehr oder weniger wehrlosen PJ abgeben. Wirklich ärgerlich und was egal wem man es gesagt hat egal war, dass man immer nur 2. Assistenz macht, also auf der falschen Seite der Hüfte steht und nichts(!) sieht, nichts erklärt bekommt und auch Nachfragen gekonnt übergangen werden. Letztendlich gibt man es dann nach dem zweiten Tag auf, zumindest war es so bei mir, und ich stand einfach nur mental abwesend und die Minuten absitzend am Tisch. Immerhin gehen Hüften beim Chef enorm schnell, sind aber nicht minder anstrengend und unbequem. Die schönen oder spannenden OPs werden natürlich von den OÄ selbst oder den Assistenten gemacht und höchstens darf man auf häufigere Nachfrage mit hinein. Am letzten Tag durfte ich zwar aufgrund von Personalmangel mal spannende OPs mitmachen, die ich bis dahin nie gesehen hatte (was lächerlich ist in einem Chirurgie Tertial) und auch die letzte unter Anleitung selbstständig durchführen, das Ganze hat aber die Ausbeutungserinnerung nicht überschatten können.
Die Pflege ist auch sehr fordernd und versucht es bei jedem PJ, Blutabnahmen jederzeit an diesen abzuturfen, sodass man sich am Anfang bei jeder Schwester mehr oder weniger klar dazu äußern muss, dass man gerne hilft, aber erst, wenn sie es wirklich nicht schaffen, zumal es dort Stationsassistentinnen gibt, die für das Blutabnehmen zuständig sind. Die ein oder andere Assistentin hätte auch gern gehabt, dass wir freiwillig länger bleiben, um noch Blutentnahmen zu machen, damit 1. sie das nicht tun muss und 2. die Entlassung am nächsten Morgen schneller geht; gerne auch 15 Minuten vor Feierabend telefonisch beauftragt, wenn man gerade steril am nähen war und sagte, dass man das nicht schaffen wird - als Antwort kam nur unqualifiziertes Gezicke. Aber das ist eben personenabhängig, hat aber auch Ursache in dem allgemein Umgang mit den PJ.
Die Zeit in der Ambulanz hingegen ist nur positiv hervorzuheben - tolles Team, alle wahnsinnig nett und hilfsbereit, auch fächerübergreifend, es macht wahnsinnig viel Spaß dort mitzuarbeiten und darf auch enorm viel, Patienten direkt voruntersuchen, bei Schockräumen Aufgaben übernehmen, das Prozedere planen, Anordnungen vorbereiten, gern jede Wunde nähen, wenn man gezeigt hat, dass man es kann, auch vollkommen selbstständig, bei einfacheren Fällen auch komplett alleine von Begrüßung bis Entlassung agieren etc. Leider wird die Zeit dort sehr beschnitten durch die OP-Planung, der PJ muss wie gesagt immer mit rein, sobald er eingetragen ist und bei Personalmangel sowieso, auch nur geringes Zuspätkommen wird wohl direkt als Anlass zum Kritisieren gesehen (so zumindest wurde mir das zugetragen, habe ich selbst nicht erlebt, da ich glücklicherweise immer pünktlich oder zu früh war).
Extrem negativer Punkt: die Lehre. Findet fast nicht statt, da ja irgendwas immer nicht passt (OP, Sprechstunde, bin im Urlaub, ...) - und wird auch nicht nachgeholt. Kein EKG Unterricht, da es niemanden mehr gibt, der sich dafür verantwortlich fühlt und der PJ-Beauftragte in Rendsburg die Aufgabe, einen Verantwortlichen dafür zu finden, auf uns PJ abwälzen wollte.
Da man einmal im Monat, selten auch zwei mal, einen Tag Fortbildung in Rendsburg hat und laut Imland Konzern dort teilnehmen soll, kann man sich auch hier auf Diskussionen gefasst machen. Denn dann fehlt ja ein wichtiger PJ für alle unliebsamen OPs - dementsprechend musste man mit ausreichend Vorlauf vorher betteln, dort hinfahren zu dürfen. Extraangebote wurden fast nicht toleriert, ebenso wenn man Dienste mitgemacht hatte, um sich freie Tage zu erarbeiten - dieses wurde kritisch hinterfragt, was eine Frechheit ist, wenn man mit PJ on top und nicht "nur mitPJ" planen soll und man theoretisch auch jederzeit krank werden könnte.
Insgesamt kann ich jedem, der bei dem Chirurgietertial etwas lernen möchte, Eckernförde empfehlen, solange man insgesamt 4 PJ in der Chirurgie ist, also in jeder Abteilung zwei, sodass man sich in die OPs gut hineinteilen kann und viel in der Ambulanz ist; wenn allerdings noch Famulanten hinzukommen kann es auch sein, dass man sich extrem auf den Füßen steht; allein ist es enorm viel Arbeit, man wird auch gern ungefragt von der anderen Abteilung für OPs ausgeliehen, die Oberärzte besprechen das untereinander und über den eigenen Kopf dann so. Andernfalls ist es für die, denen es egal ist und die auch ruhig am Tisch stehen und die Tage wegstreichen gut finden bestimmt ein gutes Tertial. Ich habe auch einiges fachliche mitgenommen, allerdings habe ich das Tertial nur deswegen nicht komplett negativ in Erinnerung, weil die Arbeit in der Ambulanz und mit den Assistenten so unfassbar freundschaftlich und nett war.
Für alle anderen - geht lieber direkt nach Rendsburg, von anderen PJ hat man sehr viel gutes gehört.