Notaufnahme, Intermediate Care Station, akutgeriatrische Station, Privatstation, Palliativstation
Einsatzbereiche
Station, Notaufnahme
Heimatuni
Bonn
Kommentar
Ich kann das Spital Zofingen für das Innere-Tertial absolut empfehlen!
Wer tatsächlich etwas inhaltlich von seinem Innere-Tertial mitnehmen möchte, ist hier bestens aufgehoben. Wer Wert legt auf viel Freizeit und zum Beispiel Skifahren möchte, sucht vielleicht lieber etwas in einem großen Skigebiet.
Ich versuche mal objektiv und faktisch zu berichten:
- Das Wichtigste zuerst: Bei 16 Wochen Arbeit hatte ich 6,irgendwas Tage frei. Bei der sehr netten Art der Schweizer kann man solide 7 Tage Urlaub planen. Dazu kommen noch Kompensationstage, welche durch Überstunden oder Dienste am Wochenende entstehen. Diese Tage müssen nicht mit den 30 freien Tagen im gesamten PJ verrechnet werden, sondern stehen extra. Die Stationsarbeit beginnt auf den meisten Stationen gegen 08:00 Uhr, offizielle Arbeitszeit ist von 08:15 Uhr bis 19:15 Uhr, wobei ein früheres Gehen an den allermeisten Tagen möglich war. Auf der Notfallstation gibt es für PJler (die in der Schweiz Unterassistenten "UHUs" heißen) drei mögliche Schichten: Frühdienst (08:00 - 19:00 Uhr), Zwischendienst (11:00 - 22:00 Uhr) und Spätdienst (13:00 - 24:00 Uhr). Jeweils darin enthalten ist eine 1-stündige Pause und in den meisten Fällen kann man früher gehen. Generell beinhaltet der Arbeitsvertrag eine 50-Stunden-Woche.
- Die Begrüßung und Einarbeitung war gut strukturiert. Ich wurde an meinem ersten Arbeitstag (17.05.2016) durchs Haus geführt, mir wurde die Kleiderregelung erklärt und ich wurde dem Team der Inneren Medizin vorgestellt. Am gleichen Tag gab es eine etwa 2-stündige Einführung in das klinikweite Arbeitsprogramm (KISIM), mir wurden meine Zugangsdaten und Arbeitsutensilien (eigenes Telefon, Mitarbeiter-Badge, Arbeitskleidung) überreicht und ich habe erste Schnupperstunden auf der mir zugeteilten Station verbracht.
- Ich habe den Wunsch geäußert, gerne in alle Abteilungen des Hauses zu rotieren, was direkt im Dienstplan vermerkt wurde und auch funktioniert hat.
Zunächst habe ich 3 Wochen auf der akutgeriatrischen Station gearbeitet. Die Aufgaben die ich erledigt habe steigerten sich mit der Zeit meiner Anwesenheit und meiner Einsatzbereitschaft von anfänglich Verlaufseinträge schreiben über radiologische Untersuchungen anmelden, ABI-Messungen, MMST & Clock-Test bis hin zu eigenständig komplette Briefe schreiben.
Dann war ich 2 Wochen der Intensivstation zugeteilt, was im Spital Zofingen mit ca. 6 Plätzen eher einer moderaten Intermediate Care Station entspricht. Dazu kommen noch die "Externen", einer Normalstation auf der alles, was die innere Medizin zu bieten hat, untergebracht wird.
Anschließend war ich 2 Wochen in der Notaufnahme, wo ich Patienten eigenständig anamnestiziert, untersucht und Diagnostik angeordnet habe. Meine Ergebnisse habe ich entweder einem Assistenzarzt, aber in den meisten Fällen dem Oberarzt vorgestellt und mit diesem die Therapie besprochen. Bei stationären Aufnahmen habe ich die Aufnahme gemacht, bei ambulanten Patienten den ambulanten Brief geschrieben.
Dann gab es für mich 1 Woche Urlaub. Hier muss ich eine persönliche Anmerkung machen: Die Schweiz ist einfach mega toll! Sowohl landschaftlich, als auch die Menschen, die ich dort kennengelernt habe. Es ist wirklich ein anderes Land und kein seltsames Anhängsel von Deutschland. ;)
Zurück gab es noch einmal 2 Wochen Notaufnahme und dann 4 Wochen Privatstation. Hier habe ich meine eigenen stationären Patienten übernommen, also die Aufnahme gemacht, den Verlauf begleitet, in Absprache mit Assistenz- und Oberärzten Medikamente und Diagnostik verordnet und natürlich Briefe geschrieben. Zu guter Letzt, weil ich darum gebeten hatte, war ich 2 Wochen auf der Palliativstation, wo ich hauptsächlich Verlaufseinträge geschrieben und an den diversen Gesprächen mit anderen therapeutischen Beteiligten und den Angehörigen teilgenommen habe.
Vor allem in der Notaufnahme und bei der Betreuung stationärer Patienten habe ich selbstständiges Arbeiten erlernt und Routine in Anamneseerhebung und klinischer Untersuchung erhalten. Für meine medizinische Kompetenz hat sich diese Zeit unglaublich gelohnt, auch wenn die dazugehörige Verantwortung deutlich spürbar war. Für mein persönliches Wachstum war die Palliativstation ein Highlight der Schweiz und ein unerwartet befriedigendes, erdendes Arbeiten.
- Das Team in der Inneren Medizin (in der Schweiz heißt es nur "Medizin") war sehr freundlich und aufgeschlossen. Zu Ende meiner Zeit dort hatte ich wirklich das Gefühl, Teil einer kleinen Familie zu sein. Dies ist auch der flachen Hierarchie geschuldet, in welcher man sich mit allen Kollegen bis zum leitenden Oberarzt per Du anredet und nach dem Morgenrapport meist zusammen Kaffeetrinken geht.
- Ein typischer Tag auf Station sieht in etwa so aus: gegen 08:00 Uhr morgens auf Station sein und Kurzbesprechung mit der Pflege haben, um 08:15 Uhr Morgenrapport mit Röntgenbesprechung durch die Radiologen, bis etwa 09:00 Uhr zusammen Kaffeetrinken, dann Visite vorbereiten und anschließend durchführen, Dinge von der Visite erledigen, 12:30 Uhr/ 13:00 Uhr bis 13:30 Uhr/ 14:00 Uhr Mittagspause (falls nicht Tumorboard oder Weiterbildung per Videochat ansteht), dann weiter Dinge aus der Visite abarbeiten, Briefe Schreiben, gegen 15:45 Uhr Kurvenvisite, um 16:15 Uhr Abendrapport, danach entweder Kaffeetrinken oder weiter Dinge abarbeiten oder Briefe schreiben. Auf jeder Station ist in der Regel 1/Woche Chefarztvisite und mehrfache Oberarztvisite.
-Ein Zimmer konnte ich direkt bei Bewerbung mit reservieren. Es gibt zwei Gebäude in direkter Nähe des Spitals, in denen ein Zimmer gemietet werden kann. Je nach Austattung kosten diese meines Wissens nach zwischen 340 CHF und 550 CHF. Ich habe nach einem billigen Zimmer gefragt, habe 340 CHF bezahlt und war vollkommen zufrieden damit: Bett, Schrank, Tisch mit 2 Stühlen, Nachttisch und Waschbecken mit Spiegelschrank. Toiletten und Duschen wurden gemeinschaftlich von der Etage genutzt, es wurde jedoch jeden Tag geputzt und es war sehr sauber. Da ich mit dem Auto da war, musste ich eine Parkkarte für 30 CHF/Monat kaufen, nun wurde jedoch ein Parkhaus am Spital gebaut und die genauen Preise hierfür kenne ich leider nicht. Mit dem Mitarbeiter-Badge kann man in der Mensa bezahlen und erhält dadurch 10% Rabatt. Die Lebensmittelpreise in den Geschäften sind für deutsche Verhältnisse natürlich hoch, jedoch erhält man als UHU 1550 CHF/Monat und kann davon abzüglich der Miete, der Parkkarte und der Ausgaben für Mensa und Lebensmittel noch gut leben. Es ist nötig für die Gehaltszahlungen ein schweizer Bankkonto zu haben, ich persönlich habe gute Erfahrungen mit der Migros Bank in Zofingen gemacht, dort ging die Kontoeröffnung mit Online-Banking problemlos.
- Die Schweiz an sich ist ein wunderschönes Land. Ich habe mir gezielt den Sommer ausgesucht, um dort wandern und in einem Bergsee Schwimmen zu gehen. Landschaftlich und menschlich gesehen ist die Schweiz wirklich toll, auch die Städte, für mich vor allem Luzern und Zürich, haben ihren eigenen Vibe und sind es wert gesehen zu werden. Zofingen selbst ist ein kleines, charmantes Örtchen mit Altstadtflair und einem Gefühl von stehengebliebenen Uhren, aber bietet eine solide Basisversorgung, vor allem Restaurants gibt es viele.
Bewerbung
- Ich habe mich etwa 1 1/2 bis 2 Jahre im Voraus beworben, aber eine kurzfristigere Bewerbung kann durchaus erfolgreich sein, also einfach probieren.
Fazit:
Es gibt sehr viele Dinge, die ich über meine Zeit am Spital und meine Erlebnisse in der Schweiz im Allgemeinen schreiben könnte. Zusammengefasst war das Spital für mich persönlich die richtige Entscheidung, ich habe es wirklich nich bereut mein Tertial dort verbracht zu haben. Auch wenn es ab und an lange Tage und wenig Freizeit unter der Woche gab, so hat das Arbeiten mit und in dem Team sehr Spaß gemacht und war überaus lehrreich.