Es gibt viele gute Gründe, das Innere-Tertial in der Schweiz zu absolvieren. Dabei viel Geld zu verdienen, ist nach meiner Erfahrung allerdings keiner davon, obwohl sich das Gerücht hartnäckig hält. Wenn man ein PJ in der Schweiz allerdings als Möglichkeit sieht, zu relativ günstigen Konditionen spannende Auslandserfahrungen machen zu können, kann man hier (dennoch) sicherlich glücklich werden.
Der Tag beginnt in Horgen mit der Röntgenbesprechung um 8 Uhr, gegen 8:15 Uhr findet der Rapport statt und anschließend wird erst mal Kaffee getrunken (das Birchermüsli der Kantine ist sehr zu empfehlen). Je nachdem, wo man eingeteilt ist, geht es dann auf den Notfall oder auf Station. Der Stationsdienst geht offiziell von 8 bis 18:15 Uhr; nicht allzu selten konnte man auch einmal früher gehen. Auf dem Notfall ist man entweder von 8 bis 16:30 Uhr oder im Spätdienst von 14:30 – 23 Uhr. Wochenenddienste müssen auch absolviert werden. Der geht Samstag und Sonntag von 11 bis 21:30 Uhr, dafür hat man den Freitag davor und den Montag danach frei (nein, man kann die nicht sammeln und an einem anderen Tag nehmen). Es muss immer ein UHU pro Wochenende arbeiten. Je nachdem, wie viele UHUs da sind, muss man mehr oder weniger Wochenenddienste machen. Diese werden aber immerhin zusätzlich boniert mit 160CHF/Wochenende.
Der Stationsdienst ähnelt dem deutschen. An Blutentnahmen führen UHUs lediglich arterielle Mikropunktionen für die BGA durch, den Rest erledigt die Pflege.
Auf dem Notfall hängt es vom zuständigen Assistenzarzt ab. Teilweise betreut man Patienten von Anfang bis Ende fast vollständig selbst, schreibt Berichte, meldet notwendige Untersuchungen (in Rücksprache mit den Assistenz- oder Kaderärzten) selbst an, teilweise folgt man auch einfach nur dem Assistenzarzt und unterstützt ihn. Dabei sind – je nach Patientenaufkommen – Fragen fast immer willkommen.
Inkludiert ist oft auch eine Woche auf der Akutgeriatrie, wo man seine Fähigkeiten im Patientenassessment trainieren kann (heißt: MMS, Uhrentest, Schellong, GDS-15 etc.).
Außerdem kann man bei Interesse versuchen, mal einen Tag mit dem Rettungsdienst mitzufahren; hierzu sollte man Sicherheitsschuhe oder wenigstens Wanderschuhe mitbringen; auch ist es Aufgabe der internistischen Unterassistenten, die kardiologische Reha medizinisch zu begleiten, bei der jeden Mittwoch Patienten mit Z.n. Herzinfarkt auf einen kleinen Berg wandern
An Fortbildungen gibt es diverse Veranstaltungen (Journal-Club, EKG-Besprechung, Assistenzarzt-Fortbildung, Hausarztfortbildung).
Hierarchien sind übrigens eher flach. Bis auf wenige Ausnahmen duzt hier nahezu jeder jeden, was das Arbeiten in meinen Augen sehr angenehm gestaltet.
Kosten:
- Miete 500 CHF (zzgl. einmalig 100 CHF Reinigungsgebühr, die im ersten Monat vom Lohn abgezogen wird)
- Essen (nicht inkludiert. Ein Kaffee kostet 1,30 CHF, das Mittagessen wird grammweise verrechnet und kostet idR insgesamt um die 7-8 CHF, kaltes Wasser dazu gibt es gratis. Es gibt aber auch eine Mikrowelle, in der man Selbstmitgebrachtes erwärmen kann)
- Äquivalenzbescheinigung Universität Zürich 50 CHF
- 20 CHF Anmeldegebühr bei der Gemeinde (sollte innert der ersten 8 Tage geschehen; falls man länger als drei Monate bleibt, kostet es mehr)
- Parkhaus, falls man ein Auto mitbringt 120 CHF/Monat
- Zzgl. Auslandsversicherungen, Handygebühren etc.
Freizeit:
Der Zürichsee ist direkt vor der Haustür, ansonsten gibt es großartige Wandergelegenheiten überall, sowie Zürich in wenigen Zugminuten mit unzähligen Möglichkeiten; außerdem sollte man sich ruhig mal durch die Schweiz schlemmen (Birchermüsli, Käsefondue, Raclette à discretion, Basler Leckerli, Rösti, Luxemburgerli, Chocri, Sprüngli uvm.).
Literaturtipps:
Medstandards.ch
Compendium.ch
Sonstiges:
- Es ist nicht nötig, ein Schweizer Bankkonto zu eröffnen. Manchmal kann sich das jedoch lohnen, da einige Banken interessante Angebote mit sich bringen (z.B. kostenloses Sparkonto mit massiven Rabatten auf Bergbahnfahrten).
- Fahre niemals mit dem Auto zu schnell. Niemals!
- Angeschäkert Fahrrad zu fahren wird ab 0,5 Promille geahndet (und wird teuer)
- Will man das Fahrrad mit dem Zug transportieren, kostet das extra
- Man darf das Auto – soweit ich weiß – nicht einfach so für längere Zeit auf öffentlichem Gebiet abstellen. Dafür soll es eine Gebühr geben.
- Beachte die Zollregelungen beim Grenzübertritt
- Denke an die Autovignette
- Falls es konkret wird, empfehle ich zur Mitnahme ins Wohnheim ein scharfes Messer, eine große Tasse, einen zusätzlichen kleinen Topf, Flaschenöffner, ggf. Schweizer Steckdosenadapter und eine kleine Salatschüssel.
Bewerbung
Der Bewerbungsprozess war einfach: Etwa 1,5 Jahre im Voraus schrieb ich dem Chefarztsekretariat eine Mail mit möglichen Zeiten und welche Unterlagen benötigt würden und erhielt relativ zeitnah eine Antwort
Da man – sollte man kürzer als drei Monate des veranschlagten Beginns die zugesagte Stelle wieder absagen – 500 CHF Strafe zahlen muss, kann man gelegentlich auch etwa vier Monate im Voraus noch eine Stelle bekommen.
Man kann sich gleich auch einen Platz im Wohnheim organisieren. Diese befindet sich direkt neben dem Spital, ist recht neu und verfügt über eigene Studios inkl. Pantry-Küche, WLAN, Waschmaschine und Trockner im Keller, Fahrradkeller und ein modernes Bad.
Bei der Bewerbung sollte man beachten, dass „deutsche Fehltage“ hier nicht anerkannt werden. Heißt: In Rücksprache mit dem zuständigen LPA und der eigenen Fakultät kann man besprechen, dass ein um die entsprechenden Fehltage verkürzter Vertrag in Horgen anerkannt wird. Erfreulicherweise erarbeitet man sich hier ein paar Urlaubstage.