Miserables Praktikum! Ich rate stark davon ab, hier ein PJ zu machen, es sei denn, man findet es toll, eine billige Arbeitskraft zu sein und nichts zu lernen.
Obwohl ich mich ursprünglich auf mein Tertial in Münsterlingen gefreut habe, muss ich sagen, dass ich schwer enttäuscht bin. Der Lerninhalt hier in Münsterlingen ist gleich 0, es findet keinerlei Teaching statt (mit Ausnahme eines engagierten Leitenden Arztes der Orthopädie, welcher 1 x pro Woche 45 Minuten Teaching macht). Die Rolle des/der Unterassistenten/in (der Name für PJ-ler in der Schweiz, abgekürzt UA) besteht einerseits aus klassischem "Haken und Klappe halten" im OP (immer mit dem Risiko, von Kaderärzten angeschnauzt zu werden) und aus Papierkram der Station zu erledigen. Patienten werden jeweils nur im Rahmen von präoperativen Aufnahmen (mit Anamnese und Status) gesehen, die Möglichkeit, selber Patienten aufzunehmen oder zu diagnostizieren besteht nicht. Auf der Notfallstation werden UA nicht eingesetzt, da sie dort explizit unerwünscht sind. Die Arbeitsbelastung rangiert von minimal (mit Langeweile und im Büro sitzen) bis zu extrem, je nach Tagesprogramm und Anzahl der UA. Dazu kommen die zahlreichen Pikettdienste: Unter der Woche müssen von 17:00 am Vortag bis 07:00 am nächsten Tag und am Wochenende gar 24 Stunden (von 07:00-07:00) sämtliche Dienste abgedeckt werden. Offiziell lautet die Regelung, dass UA innerhalb von 30 Minuten steril im OP stehen müssen, in der Praxis wird man aber oftmals nur 10 Minuten vorher angerufen oder aber es heisst am Telefon "Du musst jetzt sofort rüberkommen, wir sind schon am Abdecken". Kompensation für diese Dienste gibt es übrigens keine, weder zeitlich noch finanziell (was rechtswidrig ist!), das heisst es kann gut vorkommen, dass ihr die ganze Nacht im OP steht und dann am nächsten Tag nahtlos wieder an den Morgenrapport gehen müsst und den Tag wieder im OP verbringt.
Der Chefarzt der Chirurgie interessiert sich gar nicht für die UA (er macht sich nicht mal die Mühe, die Namen der UA zu lernen) und hält auch sonst nichts von Teaching, ein Ruf, der ihm mittlerweile voraus eilt.
Im OP teilen sich die UA untereinander auf, in welche OP man geht. Viszeralchirurgische Operationen sind eher wenige angesagt für UA, dafür umso mehr orthopädische, insbesondere Gelenkprothesen, wo man dann brav 2 Stunden lang Bein halten darf.
Das einzig gute, was ich über mein Tertial sagen kann, ist, dass das Krankenhaus wunderschön gelegen ist, mit Blick auf den Bodensee und in der Nähe zu Konstanz. Das Essen in der Mensa ist auch sehr gut, aber teuer (9 Franken). Der Kontakt zu den Assistenzärzten ist dürftig, die meisten sind aber sehr nett, nur haben sie keine Zeit/Lust, einem etwas zu erklären.
Abschliessend kann ich jedem nur eindringlich abraten, ein Tertial in Münsterlingen in Erwägung zu ziehen. Der Lerninhalt ist gleich 0, es findet kein Teaching statt und man wird regelrecht ausgebeutet, insbesondere mit den Pikettdiensten.
Bewerbung
Ca. 1.5-2 Jahre vorher, deutsche PJ-ler werden bevorzugt.