WARNUNG vor einem PJ-Tertial am pathologischen Institut zu Heidelberg!
Ich möchte im Folgenden von meinen entsetzlichen Erfahrungen am pathologischen Institut berichten, die mir mein ansonsten sehr schönes PJ im letzten Tertial richtig vergällten.
Zunächst einmal wurde schon am ersten Tag des PJs klar, dass es -anders als in den offiziellen Verlautbarungen veröffentlicht- keine PJ-Vergütung geben würde.
Außerdem wäre jede eigene praktische Tätigkeit im Haus grundsätzlich ausgeschlossen: "Einen scharfen Gegenstand nimmt hier kein PJ-Student in die Hand." Eine praktische Ausbildung oder auch nur Hilfsdienste im Sektionswesen oder dem Zuschnitt waren nicht gestattet, so dass man zu stundenlangem passiven Zuschauen verdammt war.
Da das Studiendekanat zu viele Studierende, nämlich drei, gleichzeitig zugelassen hätte, entschied der Lehrkoordinator zudem eigenmächtig, mich für den ersten Monat des PJs in eine ziemlich auswärts gelegene Außenstelle in einer Thoraxchirurgie, in der nur halbtags von einem Assistenten zugeschnitten und befundet wird, abzuschieben, so dass ich weder Anschluss zu den anderen PJ-Studenten noch zu den Ärzten im eigentlichen Hauptstandort finden konnte und nach etwaigen Sektionen am Morgen in diese entfernte Außenstelle hetzen musste. Nach spätestens zwei Wochen, in denen man erst passiv dem Zuschnitt zusehen durfte und dann später eine kurze Weile der Befundung, wiederholten sich dort die Schnellschnittbefunde nur noch und ein weiterer Lerneffekt war nicht zu verzeichnen.
Doch tatsächlich sollte es nach meiner erbetenen Rückrotation in die Allgemeinpathologie nur noch schlimmer werden. Den Leitfaden des Tertials sollte ein "Curriculum" bilden, das illustre Lerneinheiten mit wochenlanger Elektronenmikroskopie und Molekularpathologie beinhaltete, die mir nicht ein einziges Mal auch nur angeboten wurden, anzusehen. Insgesamt sorgte sich niemand um dieses "Logbuch" und keiner der Assistenten zeichnete mir eine Sektion oder mein vormittägliches Rumsitzen im Zuschnitt ab. Wenn man nicht gerade zur Untätigkeit verdammt herumsaß, konnte man sich gefälligst selbst darum bemühen, irgendeinen Oberarzt anzubetteln, ihm beim Befunden zuzusehen. Und wenn man nicht gleich weggeschickt wurde, bedeutete das wirklich bloß zusehen, denn Mühe geben zu erklären oder zu lehren hat sich keiner gemacht: "Stören sie jetzt nicht, hier wird Diagnostik gemacht", "Die Antwort auf diese Frage zu finden, ist jetzt ihre Hausaufgabe". Wenn es nicht um den netten Assistenten gewesen wäre, in dessen Zimmer ich einen Platz gefunden hatte und der mir einfach seine Fälle zum Mikroskopieren überlassen hat, hätte ich das PJ-wahrscheinlich ohne jeden Wissenszuwachs beendet. Die institutseigenen Fortbildungsveranstaltungen drehten sich übrigens in meinem PJ-Turnus um die erhabene Geschichte des Pathologischen Institutes und wurden größtenteils von Medizinhistorikern gehalten, bevor sie in der Sommerpause ganz aussetzten. In den nächsten Monaten sah ich also einige wenige Sektionen, musste mich sonst aber um meine eigene Unterhaltung sorgen, für meine Betreuung oder Lehre hatte sich keiner zuständig gefühlt. Meinen PJ-Kollegen wurde in den ersten Wochen gesagt, nach den etwaigen morgendlichen Sektionen und dem Zuschnitt: "Ab Eins macht jeder Seins". Ich nutzte die Zeit im Institut zum intensiven Selbststudium oder konnte mit dem Gynäkopathologen des Hauses, dem Lichtblick unter den Oberärzten, noch manchmal gut mikroskopieren.
Auf diese Weise wurde mein PJ zur echten Geduldsprobe, aber ich wollte es einfach nur noch abhaken - aus Fehlern wird man klug.
Die letzte nahezu kafkaeske Wendung ergab sich dann allerdings zuletzt: Als ich meine Lerntage anderthalb Wochen vor PJ-Ende anmelden wollte, brach der Lehrkoordinator vor versammelter Mannschaft in einen (ziemlich sicher wohleinstudierten) theatralischen Wutausbruch aus: Was ich denn glaubte, dass ich eine PJ-Bescheinigung bekäme, was hätte ich denn die letzten Monate überhaupt gemacht? Er werde jetzt ein Tribunal einsetzen aus der Leitenden Oberärztin und ihm und mein Verhalten im PJ aufs Genaueste überprüfen, er wolle mir die Bescheinigung verweigern. Ich war natürlich völlig perplex -von so einem Vorfall hatte ich noch nie gehört. Ich hatte mit diesem Mann in meinem PJ nichts zu schaffen, als ich ihn in den ersten Wochen nach der Möglichkeit zum gemeinsamen Mikroskopieren fragte, lehnte er stets ab. Mein Einwand, dass wenn mein Verhalten im PJ irgendwie zu beanstanden gewesen wäre, er dies doch über Monate jeden Tag hätte rügen können, war natürlich nichtig. Ich würde keine Bescheinigung bekommen.
Das war dann ein echter Schlag vor der Prüfungsvorbereitungsphase. Noch am selben Tag habe ich dann mit dem LPA telefoniert und mich von einem Rechtsanwalt beraten lassen, die die ganze Angelegenheit nicht glauben konnten ob ihrer Absurdität. Dass ich rechtlich gesehen auf der sicheren Seite stand, beruhigte mich in dieser sicher nicht alltäglichen Konfliktsituation dann wenigstens. Im Institut ergriffen dann außerdem die Assistenten sehr anständigerweise meine Partei und lobten mich als sehr engagiert und fachlich stark, erklärten, dass ich ordentlich anwesend war und mit ihnen mikroskopiert hatte, so dass im Zusammenhang mit der Darlegung der rechtlichen Verhältnisse der Lehrkoordinator schließlich einlenkte. Diese Tage des Bangens gingen natürlich von meiner Lernzeit ab.
Dass die Sache noch nicht vorbei war, ahnte ich schon, als der Lehrkoordinator mir bei der Aushändigung des Zeugnisses sehr süffisant viel Glück bei der mündlichen Prüfung wünschte.
Tatsächlich wurde ich dann in der mündlichen Prüfung mit Fragen bedacht wie: "Morphologie der makroskopisch sichtbaren Schnittflächen aller Nierenzellkarzinome in extenso", "Erklären sie die Histochemie der kolloidalen Eisenfärbung nach Hales" und dergleichen mehr.
Fazit: Nichts gelernt, keine gute Zeit gehabt, trotz anderslautender Ankündigung keine Vergütung, viel Stress und meine Examensnote beschädigt.
Man sagt, im Nachhinein kann man über alles lachen, ich hoffe das wird mir auch einmal im Bezug auf mein PJ-Tertial in der Pathologie zu Heidelberg gelingen.