Unfallchirurgie, Orthopädie, Hand- und plastische Chirurgie, Wirbelsäulenchirugie
Einsatzbereiche
Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme, OP
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Ein typischer Tag auf der Ortho in Langenthal:
Beginn um 7:30 Uhr mit Frühbesprechung anhand von Röntgenbildern. Es lohnt sich, etwas früher schon auf der Station aufzutauchen, da man so vor der Visite die Pflege noch relativ unbeschäftigt vorfindet und einige gezielte Fragen zum Verlauf während der Nacht stellen kann.
Nach der Frühbesprechung beginnt die Visite, die in der Regel 1h - 1,5h dauert. Dienstags ist Oberarzt- und freitags Chefarztvisite. Während der Visite finden regelmäßig Wundkontrollen und Verbandswechsel sowie eine Anpassung der Medikamente statt. Danach findet auf Station der reguläre Betrieb statt, bei dem zunächst die Anordnungen und Entscheidungen der Visite ausgearbeitet und organisiert sowie Entlassungen vorbereitet werden und anschließend die Elektivpatienten für den Folgetag aufgenommen werden.
Beinahe täglich wird man direkt nach oder sogar noch vor der Visite für ein paar Eingriffe in den OP gerufen. Dort ist man typischerweise in der zweiten Assistenz bei Knie- oder Hüft-TP-Implantationen. Dabei wird man Schritt für Schritt immer mehr gefordert, so dass man recht schnell auch für Hautverschluss, Anlegen des sterilen Verbandes und Betreuung der Patienten nach dem OP bis zum Aufwachraum fest zuständig ist. Das Spektrum der Operationen in der Orthopädie ist in Langenthal sehr vielfältig, da der Orthopädie hier auch die Hand- und plastische Chirurgie sowie Wirbelsäulenchirurgie zugehörig sind. Als PJler sieht man somit neben der Endoprothetik auch Gammanägel, Plattenosteosynthesen an allen möglichen Stellen, Sehnennähte an großen und kleinen Sehnen, Knie- und Schulterarthroskopische Eingriffe, sämtliche kleinen Eingriffe an Hand und Fuß, Spondylodesen, aber auch mal Liposuktionen, Mammaaugmentationenen oder sogar 10stündige Lappenplastiken.
Falls man keinen Dienst im OP hat, kann man auch alternativ in die Sprechstunden der Kaderärzte gehen, wo man immer willkommen ist und einiges über Orthopädie, Untersuchung und postoperativen Verlauf lernen kann.
Um 16:30 findet nochmals eine Nachmittagsbesprechung statt, in der neu aufgetretene Probleme auf Station besprochen werden können und das Personal für den nächsten OP-Tag eingeteilt wird. Anschließend können die noch nicht erledigten Arbeiten auf Station beendet werden, jedoch dürfen die PJler oft auch einfach schon nach Hause gehen.
Jeder PJler tut darüber hinaus im Tertial mindestens 1 Woche auf der allgemeinchirurgischen Notaufnahme Dienst, wo er körperliche Untersuchung, rationale Diagnostik und chirurgische Wundversorgung lernen und üben kann.
So weit, so unspektakulär. Das allein ergäbe schon ein prima Tertial, bei dem chirurgisch und orthopädisch so einiges gelernt werden kann. Darüber hinaus ist die Stelle in Langenthal aber einfach der absolute Hammer. Es ist das beste, freundlichste, witzigste und verständnisvollste Team aus Assistenten, Oberärzten und Chefarzt, was ich bisher gesehen habe. In den OPs mit den orthopädischen Oberärzten wird sehr darauf geachtet, dass man viel sieht und immer seine Fragen stellen kann. Es wurden sogar manchmal Eingriffe kurz unterbrochen, bis man mir den OP-Situs erklärt und alle meine Fragen beantwortet hatte. Von wegen Haken und Schnauze halten! Dabei herrscht stets eine positive Stimmung bei allen Beteiligten. Das Ansehen der chirurgischen PJler vor allem bei der OP-Pflege ist überhaupt nicht vergleichbar mit Deutschland.
Bei der Visite oder in der Sprechstunde mit den Wirbelsäulen- und Schulterchirurgen bekommt man ausführlich Bildgebung und körperliche Untersuchung erläutert, das Teaching dort ist sehr systematisch und einfach vorbildlich. Und auch bei den Ärzten der Hand- und plastischen Chirurgie war man stets mit all seiner Unwissenheit willkommen ohne einen einzigen abwertenden Kommentar zu hören. Man durfte sich alles aus der Nähe ansehen und danach schlauer aus der OP oder Sprechstunde gehen. All dies geschieht in einem freundschaftlichen, fast scherzhaften Umgang miteinander. Dieses Team war für mich ein Aufatmen nach allem, was ich in Deutschland schon erlebt hatte.
Auch der Grad an Organisation in der Schweiz ein Aufatmen im Vergleich zu Deutschland. Das Appartement im Personalhaus, der Internetzugang, die Klinikkleidung, der PC-Zugang, usw. - alles war bei meiner Ankunft schon organisiert oder wurde am Ankunftstag innerhalb von Minuten fertiggemacht. Organisatorische Probleme wie z.B. Bescheinigungen oder Gehaltsüberweisungen nach Deutschland wurden stets problemlos und extrem schnell erledigt, teilweise musste ich mich noch nicht einmal selbst darum kümmern.
Alles in allem gibt es keine einzige Arbeitsstelle, auf der ich so gern erschienen bin. Und kein einziges Team, in dem ich mich fachlich und menschlich besser aufgehoben gefühlt habe.
Bewerbung
Unsere Fachschaft wurde von einem Oberarzt aus Langenthal angeschrieben, ob sie eine Tätigkeitsbeschreibung für PJler nicht an alle Studenten weiterleiten kann. Als ich diese weitergeleitete Email bekommen habe, habe ich mich sofort beworben und auch sofort eine Stelle bekommen. Das war 2 Jahre vor meinem Tertial.
Langenthal scheint jedoch insgesamt keine besonders bekannte Adresse unter den deutschen PJlern zu sein, daher ist eine Initiativ-Bewerbung sicherlich nicht schon drei Jahre im Voraus nötig. 1-2 Jahre reichen völlig aus.