Ablauf
Der Tag begann mit der stationsübergreifenden Frühbesprechung um 7:45. Anwesenheit war gewünscht, aber nicht verpflichtend. Danach musste auf Station den Patienten Blut entnommen werden, was meist bis etwa 9:00 dauerte. Die einfachen Blutabnahmen übernahmen dabei die Schwestern, die schwierigeren wir Studenten. War dies erledigt, war meist schon die erste Aufnahme da. Für uns Studenten hieß das, den Patienten zu begrüßen, ihm sein Bett zuzuweisen, ihn körperlich zu untersuchen, gründlich Anamnese zu erheben und einen Zugang (Venflon) zu legen. Sein Fall musste anschließend dem zuständigen Oberarzt vorgestellt werden, der weitere Untersuchungen anordnete. Da dies das Hauptgeschäft war, gewann man darin schnell Übung. Pro Tag gab es durchschnittlich zwischen drei und zwölf Aufnahmen, und da wir mit drei Studenten und ein bis zwei Turnusärzten ganz gut belegt waren, war das immer gut zu schaffen. War der letzte Patient aufgenommen, war man immer willkommen, bei der ein- bis zweistündigen Visite teilzunehmen. Je nach Arzt hieß das entweder überflüssig im Zimmer rumzustehen oder aber die Anordnungen des Arztes zu notieren, um sie später in den PC einzugeben. Da für mich der Lerneffekt bei Visite eher gering war, suchte ich mir währenddessen meist andere Aufgaben auf Station (Blut abnehmen, Lungenfunktionstests durchführen, EKGs schreiben, Schellong-Tests, 24h-Blutdruckmessung etc.). Im Anschluss gab es manchmal noch einen Arztbrief zu schreiben, das heißt, anhand der Patientenakte seine Medikamente in den PC einzutragen und seine Diagnosen als ICD-10-Code zu verschlüsseln. Mit wachsenden Kompetenzen durfte man auch nach und nach seinen stationären Verlauf dokumentieren, was intellektuell etwas anspruchsvoller war. Wir gingen immer zwischen 14 und 15 Uhr mittagessen und dann heim, wenn auf Station nichts mehr zu tun war. Es sei noch erwähnt, dass auf Station sehr viel geschallt wurde. Man war zwar immer eingeladen, sich dazuzusetzen und bei den Ultraschalluntersuchungen zuzuschauen, bekam jedoch nie die Möglichkeite, den Schallkopf mal selbst in die Hand zu nehmen. Ich konnte nach den acht Wochen also genauso wenig schallen wie zuvor, was schade ist.
Einmal pro Woche gab es eine Fortbildung durch den Chefarzt, also eine etwa vierzigminütige Powerpointpräsentation zu diversen Themen (sehr langweilig, musste jedes Mal mit dem Schlaf kämpfen und habe nichts mitgenommen).
Bewertung
Die Ärzte sind alle sehr sehr nett und herzlich! An meinem ersten Tag wurde mir vom gesamten Team das Du angeboten und im Laufe der Zeit entwickelte sich ein sehr freundschaftlicher, wertschätzender Umgang miteinander. Die Ärzte hatten immer gute Laune und lobten sehr oft studentische Tätigkeiten. Eigeninitiative wurde gerne gesehen.
Negativ war dagegen, dass praktisch kein Teaching stattfand. Zwar untersuchte man jeden Tag viele Patienten, doch tat man dies immer ohne Aufsicht und hatte ohne Rückmeldung logischerweise auch keine Möglichkeit, in seiner Technik besser zu werden. Das gleiche galt für die Anamnese. In den acht Wochen wurde mir nicht gezeigt, wie man am besten eine kurze, professionelle und strukturierte Anamnese erhebt. Man war auf sich alleine gestellt und hätte höchstens anhand eines Buches seine praktischen Fähigkeiten aufwerten können. Ebenso gab es bei der Fallvorstellung kein Gespräch mit dem Studenten, der Arzt ordnete einfach verschiedene Untersuchungen an, ohne zu erklären warum oder welche differenzialdiagnostischen Überlegungen seinen Entscheidungen dabei evtl. zugrunde lagen.
Außerdem gab es aufgrund der wahnsinnig veralteten SAP-Software aus dem Mittelalter sehr viele administrative Aufgaben zu erledigen, was mit der Zeit etwas mühsam wurde, insbesondere wenn man Diagnosen vom Bildschirm per Hand in die Patientenkurve abschreiben musste oder ständig damit beschäftigt war, alte Befunde einzuscannen.
Fazit
Insgesamt habe ich die Zeit am St.-Josef-KH genossen. Ich hatte bei meinen Famulaturen nicht ausreichend Gelegenheit, praktische Fähigkeiten zu erlernen und war deshalb dankbar, viel Übung im Nadellegen und Untersuchen zu bekommen. Abgerundet wurde das durch die im Vergleich sehr nette Atmosphäre auf Station. Ein komplettes Tertial auf dieser Station wäre mir dann aber doch etwas lang geworden, da ich nach acht Wochen das Gefühl hatte, meine Kompetenzen nicht mehr steigern zu können, da es kein Teaching gab und keine konkrete Rückmeldung zu den doch eher simplen Tätigkeiten, die man auszuführen hatte.
Bewerbung
Eine Bewerbung ist auch noch kurzfristig möglich (zwei Monate). Ich habe wenige Wochen vor Tertialbeginn meine PJ-Pläne geändert und mich sehr spontan für Wien entschieden und bekam zum Glück ebenso spontan eine Zusage. Dabei läuft die Bewerbung nicht über das Krankenhaus, sondern über die Vinzenz-Gruppe ("Doctors point", http://www.vinzenzgruppe.at/karriereportal/aerzteausbildung-doctorspoint/).