Jedem, der Anästhesist werden möchte empfehle Ich dieses Krankenhaus! Man ist direkte Assistenz des PJ-Beauftragten(dazu noch OP-Manager), was enorm viele Vorteile hat. Unter permanenter Betreuung leitet man die Anästhesie im Saal. Am Anfang schaut man zu, dann macht man mehr und mehr selbst. Nach einigen Wochen sind die Einleitung mit Intubation (oft auch Video-Intubation), Medikamentendosierung und Narkoseführung mit Ausleitung das tägliche Brot. Braunülen legt man 4-5 täglich, ZVKs und Arterien immer wenn es sich mal ergibt. Regionalanästhesieverfahren kann man auch ab und an üben.
Falls man Fragen hat kann man immer den Anästhesisten fragen - so ziemlich alles ist learning by doing, was sehr viel Spaß macht.
Optional hat man die Möglichkeit Dienste mitzumachen, dh ca 8 Stück im Monat, darunter einmal Samstags und Sonntags, aber auch zusätzliche Dienste, falls einer der Ärzte krank ist. Die Dienste sind Bereitschaftsdienste,dh falls ein operativer Notfall in die Ambulanz eingeliefert wird muss man kommen. Als Ausgleich gibt es 10 freie Tage zur freien Verfügung, die nicht in der Bescheinigung aufgelistet werden. Jedem, der Wert auf seine Freizeit legt, empfehle ich dieses Angebot nicht anzunehmen. An Dienst-Tagen bleibt man fast immer bis spät abends oder wird in die Klinik gerufen. Nicht nur einmal musste ich mitten in der Nacht zur Klinik kommen oder am Wochenende 12h im OP sein. Allerdings lernt man in den Diensten auch am meisten. Das muss man für sich selbst entscheiden!
Durch die 1:1 Betreuung hat man nahezu jeden Tag Unterricht. EKG-Training, Anästhesiologie,Bildgebung - v.a. während der OPs, wenn es ruhig ist, wird so einiges miteinander besprochen. Da ich der einzige PJler im Haus war erübrigte sich der PJ-Unterricht. Der Tag beginnt um 7:30 mit der Visite auf Intensivstation. Da macht man eigentlich garnix, hält die Klappe und geht mit. Ab 8 dann OP. Kleine Kaffeepause und Mittagspause sind immer machbar. Das Mittagessen wird gestellt und das Kantinenessen ist fantastisch (kaum zu glauben), großes Lob an die Küche!Feierabend ist pünktlich um 16h, es sei denn man hat Dienst, dann bleibt man bis zum Ende der letzten OP. Jeden zweiten Freitag ist Vorlesungstag an der Uni. Geht von 10 - 14h. Falls man das große Los hat und an dem Tag Dienst hat muss man danach in den OP kommen.
Nachteilig ist definitiv die Lage des Krankenhauses. Wilhelmsburg ist nicht gerade schnell erreichbar,da es auf der Elbinsel liegt. Ich kam täglich mit dem Rad von der Innenstadt (ca 45min). Insgesamt ist das Haus zwar bildschön, aber sehr klein, es gibt nur 3 OP-Säle, eine handvoll Anästhesisten, keine Assistenzärzte in der Anästhesie und eine kleine Intensivstation.
Leider wird man von den anderen Anästhesisten nicht ernst genommen und fühlt sich eher als Stör-Faktor (ging mir vor allem während meiner Woche auf der Intensivstation so),dh wenn der betreuende Anästhesist nicht da ist (was zum Glück selten vorkommt) oder man in einen anderen Saal geschickt wird um mal andere Narkose"stile" zu sehen, wird man direkt zum studentischen Grünschnabel degradiert.
Die Anästhesie-Pflege ist unglaublich nett und witzig, mit dem Team kann man echt viel Spaß haben und man lernt immer was hinzu ! Von der OP-Pflege wird man häufiger eher als "Gaststudent" betrachtet, was ich oft unangenehm fand. War aber nicht immer so. Ab und zu was zu Naschen mitbringen lockert die Stimmung ungemein.
Die Anzahl der Operateure ist überschaubar. Alle sind nett, jedoch zu PJlern distanziert. Das Klinikum hat den Schwerpunkt Hernienchirurgie. Kann auf Dauer schon öde werden,manchmal kommt noch was anders wie Appendizitis rein oder etwas unfallchirurgisches. Im Knochensaal werden darüber hinaus noch täglich TEPs gemacht. Ab und an kommen externe Chirurgen, zB Neurochirurgen und Urologen, die sich einen Op-Saal "mieten".
Das Krankenhaus zahlt 200€ im Monat, was natürlich lächerlich wenig ist. Auf der Website steht teilweise geschrieben, dass bei Bedarf ein Personalzimmer gestellt wird, das ist de facto nicht der Fall.OP-Kleidung wird selbstverständlich gestellt, was man sicherlich nicht als "Leistung für PJler" betrachten muss.
FAZIT:
Es war anstrengend, jedoch definitiv mein bestes Tertial ! Man wird wie ein Assistenzarzt angelernt und auch so eingesetzt. Die 1:1 Betreuung mit dem OP-Chef/PJ-Beauftragten im learning-by-doing Modus und das in lockerer Atmosphäre fand ich genial. Wer Anästhesist werden will ist hier klasse aufgehoben. Aber auch ansonsten kann man Grundfertigkeiten wie Maskenbeatmung,Intubation, Analgosedierung und Co überall gebrauchen! Wer sich ein gemütliches Tertial machen will mit mehrstündigen Kaffeepausen und frühen Feierabenden ist hier sicherlich fehl am Platz. Die Tatsache, dass ich der einzige PJler im Haus war und es keine Assistenzärzte, sondern nur Oberärzte in der Anästhesie gab fand ich etwas unangenehm.
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Braunülen legen Eigene Patienten betreuen EKGs Punktionen