Meine Bewertung umfasst das Chirurgie-Tertial, welches ich in Teilen in der ACH, UCH und MKG verbracht habe. Grundsätzlich ist es möglich in allen chirurgischen Disziplinen des Hauses Teile des PJ abzuleisten, es wird allerdings erwartet, dass man in ACH und UCH arbeitet. Die PJ-Beauftragte bot uns jedoch Hospitationen in anderen Abteilungen an, weshalb ich durch Zufall zur MKG kam.
Im 1. Tertial waren wir 3 Chirurgie-PJler + 3 weitere in anderen Abteilungen. Es sind wohl immer zwischen 2-10 Studenten im Haus. Die Unterkunft wird in WGs in einem Wohnblock um die Ecke gestellt. Mittagessen ist kostenlos möglich. Es findet 2x pro Woche Unterricht (nach Dienstschluss, meist 16.00-17.30 Uhr) statt. 1x wöchentlich unterrichten die Chirurgen, 1x wöchentlich die Internisten. Der Lt. OA der Dermatologie biete zusätzlich nach Interesse zweiwöchentlich ein Bedside-Teaching an, welches sehr sehr zu empfehlen ist! Nach Rücksprache durfte man die angesammelten Überstunden abbummeln. Dies erfolgte vor allem auf Vertrauensbasis und wurde nicht digital erfasst.
Nun zu den Abteilungen....
ACH: Die ACH ist geprägt von vielen Colon-, Schilddrüsen und Bypass-OPs, Cholezystektomien, Appendektomien und Leistenbrüchen, selten Bariatrische Chirurgie, noch seltener Thoraxeingriffe (außer regelmäßige Spiegelungen). Arbeitsbeginn ist 7.10 Uhr. Der Tag beginnt mit der OA-Visite, in der die OÄ Ihren Pat. die Hand geben, die Wunden ansehen und Laborwerte besprochen werden. Die Hauptaufgabe des Studenten sind die täglichen Blutentnahmen und Viggos, die einen schon mal 1-2 Stunden beschäftigen. Danach erfolgt der Einsatz im OP als Haken-Halter für die Bäuche oder Schilddrüsen. Man wird nicht offiziell nie eingeteilt sondern spontan mitgenommen. Genäht habe ich ganze 2x in 7 Wochen. Man darf Fadenführen oder Saugen (oder eben nur Haken halten). Je nach Tagesform werden Fragen gestellt oder der Situs erklärt. Den Rest der Zeit verbringt man mit Verbandswechseln auf Station, nimmt Patienten auf oder man wird in die Notaufnahme mitgenommen. Die Stimmung ist eigentlich ganz gut- man geht zusammen essen und späßelt rum. Am Nachmittag um 15 Uhr erfolgt eine OP-Besprechung für den nächsten Tag und die Röntgenbesprechung. Meist kann man gegen 16-16.30 Uhr gehen. Der Chef macht sehr guten Studentenunterricht, auf Station findet allerdings quasi kein Teaching statt. Ein "Highlight" war das Legen einer Magensonde- naja, die Lernkruve war zumindest nicht exponentiell in dieser Abteilung....
UCH:
Die größte chirurgische Abteilung mit 3 Stationen. Hauptschwerpunkte sind Hüft-TEPs, Knie-TEPs (und jeweilige Wechsel), periprothetische Frakturen, Akut- und Alterstraumatologie, Handchirurgie und teilweise Wirbelsäulen.
Man darf sich eine der Stationen aussuchen. Möglichst soll auf jeder Station auch nur ein Student sein. Man arbeitet dort mit 1-3 Stationsärzten zusammen, jede Station hat auch ihren eigenen zuständigen OA. Die Tage beginnen um 7.00 Uhr mit der Stationsvisite. Danach trifft sich die gesamte Abteilung zur Röntgenbesprechung und ITS-Visite. Man wird namentlich quer Beet in den OP-Plan eingeteilt als 1.-2. Assistenz , sodass man alle Seiten und Operateure der Abteilung kennenlernt. Die Studenten können sich auch untereinander absprechen oder es können Wünsche geäußert werden. Insgesamt hält man viel Haken, man darf aber auch (vor allem, wenn man Initiative zeigt!) Knoten und Nähen. Wer möchte kann Wochenweise in der Notaufnahme hospitieren und wird dann gar nicht in den OP eingeplant. Auch wenn man dort weniger machen darf, als ich erhofft hatte, hat es sich gelohnt! Um 15 Uhr findet auch hier die Abteilungsbesprechung statt. Arbeitsende ist dann meist zwischen 15.30-16.00 Uhr. Die Abteilung ist sehr nett und bemüht hin und wieder Lehre zu betreiben. Die Oberärzte beteiligen sich auch beim wöchentlichen PJ-Unterricht. Die obligatorischen Blutentnahmen, Viggos und Verbandswechsel teilt man sich jedoch kollegialer mit den Assistenzärzten als in der ACH. Hier wird man eher als "Fast-fertiger-Arzt" behandelt und schreibt Arztbriefe, macht Röntgen-, Reha- oder Physiotherapie-Anmeldungen.
MKG:
Durch Zufall war ich Teil einer Hybrid-OP der ACH und MKG und empfand den Umgang am OP-Tisch so angenehm, dass ich beschloss für eine Woche in dieser exotischen Abteilung zu hospitieren. Vorweg: Aus 1 Woche wurden 3 und ich hätt gerne verlängert, wenn die Zeit es zugelassen hätte!!
Es handelt sich um eine kleine Abteilung mit Chef, Oberärztin und 5 Assistenten bei einer halben (mit der HNO geteilten) Station. Zusätzlich wird noch eine Praxis im MVZ des Hauses betrieben, wo man gerne mitkommen darf. Hauptsächlich werden natürlich Zähne extrahiert, jedoch finden auch sehr viele Biopsien und Entfernungen von Hauttumoren im Kopf-/ Halsbereich, sowie Neck-dissections und Hautplastiken statt. In meiner kurzen Zeit wurden auch Radialis-Lappen verpflanzt und ein personalisiertes Maxilla-Implantat eingesetzt, Kieferrekonstruktionen, Orbitabodenfrakturen u.ä. operiert. Wer Interesse an der Kopf-/Halschirurgie hat, wird hier auf ein sehr sehr nettes, aufgeschlossenes und interessiertes Team stoßen. Da Studenten hier eine Rarität sind, legt man vor allem Wert auf Lehre!!! Es wird alles erklärt, gezeigt und Wert darauf gelegt, dass man einen guten Einblick in das Fach und die Untersuchungstechniken sowie die Feinheiten des Fachs erhält. Arbeitsbeginn ist 7.30 Uhr. Es erfolgt die tägliche Besprechung im Büro des Chefs, Chefvisite (täglich!) und danach kann man schon mit in den OP (und immer mit am Tisch stehen). Sonst geht man mit zu Konsilen, die Notaufnahme oder das MVZ. Man kann Arztbriefe schreiben und bevor man sich langweilt, bespricht ein Assistent ein Thema mit dir oder schickt dich nach Hause.
Alles in allem war das Chirurgie Tertial OKAY. Chirurgie-affine Menschen werden nicht auf ihre Kosten kommen. Viel Nähen, Gipsen, Knoten oder mehr tut man im KBR nicht. Hakenhalten und Stationsarbeit sind der Alltag. Wer keine große Lust auf Chirurgie hat, kann sich gut wegducken und dies als solches problemlos offen kommunizieren. Das Haus ist sehr familiär, obwohl es ein Maximalversorger ist. Man grüßt sich, geht zusammen essen und das Miteinander ist angenehm. Die Arbeitszeiten sind vollkommen in Ordnung. Dienste oder Nachtdienste muss man gar nicht machen, darf man allerdings, wenn man unbedingt möchte.
Eine Hospitation in der Anästhesie oder dem Rettungsdienst wurde auch angeboten.
Ich habe von Kommilitonen viel schlimmeres gehört, von daher würde ich das KBR weiterempfehlen. 400 EUR + Essen + Unterkunft + Kleidung ist vielleicht für den ein oder anderen ein weiteres Pro-Argument.
Bewerbung
über das PJ-Büro der Uni Göttingen zu den angegebenen Fristen