Viele negative Aspekte aus älteren Berichten konnte ich während meines 8-wöchigen Einsatzes in der Allgemeinchirurgie wie beschrieben vorfinden. Dennoch entschied ich mich trotz der Vorinformation aufgrund des guten Rufes der ZNA für ein Tertial in diesem Haus. Insgesamt war es eine äußerst unangenehme, um nicht zu sagen vergeudete Lebenszeit mit minimalem Kenntnisgewinn. Schon vom ersten Tag an merkt man, dass es ein spannungsreiches Arbeitsklima innerhalb der Ärzteschaft gibt. So wird man zu den Besprechungen zweimal täglich Zeuge offener Konflikte und Streitereien oder blickt in verlegen nach unten schauende, resignierte Gesichter von Kollegen, die diese bereits ungelöst beigelegt haben. Diesen Gesichtsausdruck mit begleitendem Schnaufen wird man die kommenden Wochen auch während des Stationsalltages dauerhaft ertragen müssen. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass es ohne große Verwunderung keinerlei Assistenzärzte gibt, was die Arbeitsbelastung der Anwesenden erhöht, für schlechte Stimmung sorgt und natürlich Einfluss auf den Einsatz von PJ-lern hat. Dies ist sehr schade, da trotz allem der Großteil der Ärzteschaft im Einzelgespräch nett und zugänglich ist und wohl sicherlich bessere Arbeitsbedingungen verdient hätte.
Als eigener Posten ist der selbstbezogene leitende Oberarzt zu erwähnen, den ich nur aus Gründen der Höflichkeit in dieser unangemessen, fast schon unverschämt neutralen Form vorstelle. Leider ist er auch der PJ-Beauftragte, der zwar weder über Rechte von Praktikanten informiert ist, sich jedoch aufgrund einer eingebildeten Weisungsbefugnis hervorragend imaginäre Pflichten ausdenken kann. So ist es unabhängig von der Anzahl der Studenten (in unserem Fall 5) angeblich nicht möglich, dass mehr als einer von uns einen Urlaubtag nehmen kann. Auch soll nie mehr als ein einzelner freier Tag genommen werden, was besonders im letzten Tertial beim Lernen für das Staatsexamen stören kann. Es ist ratsam, diese Anordnung einfach zu ignorieren und immer zu kommen, da so am Ende ohnehin nur noch die Urlaubstage sowie die 3 Studientage übrigbleiben und man die Ausbildungszeit dadurch vorzeitig beendet. Das klinikweit geltende Angebot, einen 12-stündigen Dienst mit nachfolgendem freien Tag zu absolvieren gilt hier nicht. Bei Inanspruchnahme müssen es unbedingt mindestens 16 Stunden oder mehr sein. Hier zeigt sich der klägliche Versuch, den Beschwerden der Oberärzte über seit Jahren mangelnde Assistenzärzte für Stationsarbeit, zu Lasten der PJ-Ausbildung, entgegen zu wirken. Ähnlich lapidare Versprechungen werden gegenüber der hauseigenen IMC und der Ambulanz für chirurgische Aufnahmen gemacht, so dass sich diese in Rotationszeiten mit wenigen PJ-lern regelrecht darum streiten, wem diese zu helfen haben. Allgemein akzeptiert ist lediglich, dass die Anwesenheit im OP bei geplanter Assistenz oberste Priorität hat.
Die Zeit im OP kann man sich bei Interesse durchaus positiv gestalten, da das Klinikum St. Georg als Maximalversorger im Bereich Allgemeinchirurgie vielfältige und auch sehr große Operationen anbietet. Selbst wenn kein PJ-Assistent benötigt wird, sind jederzeit Zuschauer und Fragen erwünscht. Die Annahme dieses Angebotes obliegt stark der Eigeninitiative, da die Stationsarbeit, bestehend aus sehr wenigen Aufnahmen (diese laufen größtenteils über besagte Ambulanz) Blutentnahmen, Flexülen, kurzen Briefen und Visiten sehr überschaubar und langweilig ist. In postoperative Behandlungsstrategien und konservative Therapien wird man nicht eingebunden und ohne Nachfrage wird nichts erklärt, dies stellt einen spürbaren Unterschied zum OP dar. Ein Grund hierfür ist sicherlich auch, dass tagsüber so gut wie nie ein Stationsarzt anwesend war und aufgenommene Patienten nicht besprochen werden können. Auf der Station 2.1, die am ersten Tag wählbar ist, soll dies allerdings besser funktionieren.
In die Operationen konnten wir uns nach Belieben einteilen, wobei einer der „freien“ PJ-ler ein Telefon bekam. Der OP-Plan stimmte in Bezug auf Personaleinteilung selten, so dass der Telefonträger vom leitenden Oberarzt auch sehr unangenehme Anrufe bekommen konnte, wenn zu OP-Beginn kein PJ-Assistent anwesend war. Generell ist es nicht ratsam, bei diesem zu assistieren, da persönliche Beleidigungen und cholerische Ausbrüche bei seinen OPs ein maximales Ausmaß annahmen. Diese betrafen, wie man es leider auch aus anderen Einrichtungen kennt, nicht nur das chirurgische und anästhesiologische Team, sondern auch die OP-Schwestern, die Pathologie und nicht zuletzt uns Studenten und den Patienten. Einige Male wurde unliebsames Arbeitsgerät zur OP-Schwester geschmissen oder auf den Patienten geknallt. Einmal erfolgte während eines Wutausbruches während einer komplizierten OP sogar ein wütender Schlag (mit Instrumenten in der Hand) auf den bewusstlosen Patienten, als wäre er eine Tischplatte. Es wird viel geschrien, beleidigt und geschubst. Arbeitsanweisungen, sofern diese überhaupt erfolgen, sind so widersprüchlich, dass es unmöglich ist, diese zur Zufriedenheit auszuführen. Meist werden einem nur unsanft die Gliedmaßen herumgerissen oder der Ellbogen ins Gesicht gedrückt. Ein alteingesessener Oberarzt gerät hier genauso ins Visier wie ein unerfahrener Student, während sich der Lautstärkepegel kontinuierlich hebt.
Der Versuch, diese Arbeitsbedingungen zu meiden und öfter bei anderen, wesentlich angenehmeren Operateuren zu assistieren, führte zu einer noch abschätzigeren Behandlung durch den leitenden Oberarzt und wurde unabhängig davon, dass diese ebenfalls Assistenten benötigen, als Faulheit gewertet. In der dritten Woche verletzte ich meine Hand im OP, so dass ich 3 Tage nur auf Station und in der Ambulanz tätig war. Ohne weitere Rücksprache beschwerte er sich mehrmals bei der Personalabteilung und gab an, dass man nie anwesend sei und keinen PJ-Nachweis bekommen dürfte. Dies erfuhr ich erst später indirekt durch die Personalabteilung, die mich privat anrief und zu sich einlud. Glücklicherweise ist für die Ausstellung der Nachweise jedoch der Chefarzt zuständig, daher ließ sich diese Repressalie sowie die Vorladung nach einem Gespräch mit diesem recht leicht abwenden. Dennoch zeugt dies nicht von allzu großer Wertschätzung für die monatelang geleistete unliebsame Arbeit für wenige Cent pro Stunde durch den PJ-Beauftragten, wobei in weiten Teilen auf das durchaus bestehende Recht auf Lehre verzichtet wurde. Immerhin wird das Krankenhaus für die Ausbildung von Studenten bezahlt, aber selbst Basisfertigkeiten wie Nähen und Knoten können aufgrund des exzessiven Einsatzes von Klammernähten nicht erworben werden. Auch die Röntgenbesprechungen wirken chaotisch und es sprechen oft mehrere Personen gleichzeitig (einer davon immer der leitende Oberarzt), teilweise über unterschiedliche Patienten und mit keinem besonderen Respekt gegenüber den Radiologen. Viele Punkte führen auch hier innerhalb des Teams zum Streit.
Fairerweise muss man ergänzen, dass - im Gegensatz zum leitenden Oberarzt - der Chefarzt Angebote bereithält, um zumindest das theoretische Ausbildungsspektrum der Studenten zu erweitern. So finden einmal wöchentlich ein 2-stündiges Tumorboard sowie eine 4-stündige Chefarztsprechstunde statt, an denen man teilnehmen kann. Zusätzlich gibt es freitags ein Abschlussgespräch über einen interessanten Fall oder selbstgewählte Themen. Zentral veranstaltet findet 1-2 mal wöchentlich (mit 50% Ausfall) eine PJ-Fortbildung durch verschiedene Kliniken statt. Die meisten Ärzte haben auch nichts dagegen, wenn man mit ihnen mitläuft, sollten mal ein Konsil, ein Patient in der ZNA oder eine Untersuchung anfallen. Auch hier darf aber der leitende Oberarzt nicht in der Nähe sein, da er alle Aktivitäten, die nichts mit Stationsarbeit oder OP zu tun haben, unterbindet. So ist in seinem Beisein auch bei begründetem Interesse an komplizierten Patienten, bei denen man 4 Stunden Haken gehalten hat, keine Teilnahme an einer 10-minütigen ITS-Visite möglich. Mildernd kann man anführen, dass ihm die Existenz eines solchen Interesses sichtlich fremd ist – schade ist allerdings, dass eine einzelne Person eine solch schlechte Erfahrung in einer Einrichtung bereitet, die zumindest das Potential zur Mittelmäßigkeit hat.
Bewerbung
Bewerbungen wurde von der Universität zentral zeitgleich etwa 3 Monate vor PJ-Beginn verwaltet