Das Chirurgie PJ im Klinikum Dritter Orden war durchaus durchwachsen. Ich will zunächst mit den positiven Aspekten beginnen: Das Ärzteteam ist durch die Abteilungen hinweg größtenteils wirklich sehr freundlich, und wahren einen respektvollen Umgang. Mit dem Pflegepersonal kommt man weitgehend gut aus. Bei medizinischen Fragen wir einem von den Ärzten auch gerne etwas erklärt und sofern möglich, wird bei Nachfrage auch gestattet sich in einem Nebenzimmer mit dem Selbststudium zu beschäftigen. Das klinikübergreifende Konzept des PJs mit täglichen Fortbildungen ab ca. 14:00, sowie einem lernfreien Freitag ist wirklich absolut vorbildlich. Allein aufgrund der Lernzeit, lohnt es sich allemal, vor allem im letzten Tertial, das entsprechende PJ dort zu absolvieren.
Aufgrund der vorangegangenen schlechten Bewertungen in Unfallchirurgie habe ich mich auf die Visceralchirurgie beworben. Da es aber aufgrund dieser Bewertungen kaum noch Bewerber für Unfallchirurgie gibt, wurde das Tertial kurzerhand nun für Alle in 2Monate verpflichtend Visceral und Unfall gesplittet.
Zunächst Visceralchirurgie/Allgemeinchirurgie:
Der Chef der Visceralchirurgie ist sehr freundlich, er hat uns bei Beginn zu einem kleinen persönlichen Gespräch eingeladen und am Ende auch ein Zeugnis rausgeschrieben. Das Team ist weitgehend wirklich sehr nett, insbesondere die vordere Seite. Stationsalltag beginnt um 7:00 mit der Blutentnahme einer ganzen Station, während die anderen Ärzte auf Visite gehen. Ein Mitgehen auf Visite sei aufgrund der möglichst schnell benötigten Blutentnahmen eben leider nicht möglich. Leider hat man somit keinen wirklichen Überblick über die Patienten gehabt. Zudem gab es so eine Art Oberschwester, die sehr dahinter war, das der kostenlose PJler möglichst alle Blutentnahmen und Pflasterwechsel durchführt.
Danach wurde man in den OP geschickt um die Haken zu halten. Das Spektrum deckte alle wichtigen Eingriffe der Abdominal und Gefäßchirurgie ab. Zum Teil auch große und sehr interessante Eingriffe wie Whipple OP, oder Aortenprothesen. Für bestimmte OPs war man dann aber als Hakenhalter fast immer fest eingeplant. Das waren vor allem Varizen und die verhassten Strumen, von denen man ca. 20 (nicht) gesehen hat. Problem der Struma-OP ist, dass man hinter dem Patientenkopf steht und mit beiden Händen die Haken hält. Man hat absolut keine Chance in die OP Wunde zu sehen. Es gibt zwar einen Retraktor, den man an den OP Tisch schrauben kann und der ohne Ruckeln und Kraftverlust zuverlässig die verantwortungsvolle Aufgabe des PJlers übernimmt, zuweilen gibt es davon wohl aber nur zwei Stück vornehmlich für Privatpatienten. Für den großen Rest muss eben der kostenlose PJler herhalten. An dieser Stelle wäre es für die PJ-Qualität wirklich wünschenswert, wenn die Klinik in weitere Sätze Retraktorsysteme investieren würde. Am Ende dieser OPs durfte man schließlich zumeist die Wunde unter freundlicher Anleitung zunähen.
Das Personal im OP ist bis auf ein paar schwarze Schafe sehr nett.
Unfallchirurgie:
Die Unfallchirurgie spaltet sich in zwei große Gruppen, zwischen denen eine enorme hierarchische Lücke zu klaffen scheint: Es gibt einerseits den Chef und andererseits den Rest der Ärzteschaft. Bildlich macht sich dies auch besonders in der Morgenbesprechung sichtbar. Das Team ist seitens von Ober und Assistenzärzten durchweg sehr nett und wahrt einen respektvollen Umgang. Fragen werden gerne beantwortet und man darf auch selber viel lernen. Man merkt jedoch deutlich, warum die Unfallchirurgie ohne PJler ins Straucheln kommt. Man ist nämlich für alle anfallenden Verbandswechsel und Blutentnahmen verantwortlich. Auch im OP ist man als persönlicher Hakenhalter fast ausschließlich dem Chef vorbehalten. Vom OP-Spektrum sieht man die wichtigsten kleinen und großen Eingriffe der Unfallchirurgie. Der Chef selbst ist überfleißig, arbeitet enorm viel und traut meiner Ansicht seinen Ärzten zu wenig zu. Vom einfachen VAC Wechsel bis zur Hüft TEP operiert der Chef absolut Alles und bei allen Patienten selbst. Das geht so weit, dass er sich sogar zur selben Zeit in mehrere OP Säle gleichzeitig einträgt!!! Eigeninitiative ist in OPs mit dem Chef ausgeschlossen. Auf die Frage, ob ich zunähen dürfte, bekam ich ein: "Auf keinen Fall, ich kenne Sie ja überhaupt nicht" zurück. Wenn dann ein paar Eingriffe an die Kollegen abfallen ergibt sich ein komplettes Kontrastprogramm. Es wird einem, im besonderen von den sehr netten Oberärzten viel gezeigt, erklärt und man darf auch ein bisschen was selber machen.
Der Chef jedoch ist bereits sehr alt und geht wohl in 2-3Jahren in Ruhestand. Für das PJ wird es dann wohl einen deutlichen Qualitätsaufschwung geben.
Gesamtfazit:
Fast durchwegs überdurchschnittlich nette Ärzteteams, immer für Fragen offen, gute Möglichkeiten für Eigenstudium, leider sehr viel Blutabnahme, Nadel und Verbandswechsel, gutes, weitläufiges OP Spektrum, aber auch viele langweilige "Pflichteingriffe" zum Hakenhalten, wenn möglich eher Priorität in die ACH legen.