In England läuft ja alles etwas anders und in Medway irgendwie auch noch rückwärts.
Ich war in der General surgery eingeteilt (das umfasst auch breast surgery, ja das ist tatsächlich ein eigenes Fachgebiet da..und vascular surgery. und die Urology teilt sich das Büro, da hätte man auch jederzeit mitlaufen können) und mein zugeteilter Consultant war an meinem ersten Tag gleich mal nicht verfügbar. Der SHO aus ihrem Team, der mich dann rumführen sollte, war selbst seit zwei Wochen im Land und hatte keine Ahnung, also bin ich erstmal bei Daniella Papierkram erledigen, ins occupational health department teuer Blutabnehmen lassen (Quantiferon, Hep B, C und Varicellen Titer für 200Pfund, aber muss auf englischem Boden analysiert worden sein! angeblich..) und dann einkaufen zu Aldi.
Als es am zweiten Tag auch nicht richtig besser wurde, hat sich eine studentenaffinere F1 aus einem andren Team mir angenommen und bei dem bin ich dann auch geblieben. War zwar breast, aber was solls. Generell läuft das so ab, dass F1s für die Stationsarbeit zuständig sind, F2s auch, und erst ab CT1 geht man ab und zu mal in den OP. Man braucht aber auch so viele Leute, weil es nicht wardbased sondern consultantbased ist und man während einer Visite mit seinem Consultant oder zumindest dem Reg von einer Station zur nächsten tingelt, die dicken fetten Papierakten rauskramt und dann handschriftlich alles festhält, was besprochen wird. Bestensfalls hat man dann seine eigene to-do-Liste dabei oder Anforderungsscheine für einfach alles, um den Sticker aus der Akte gleich draufkleben zu können und den ausgefüllten Anforderungsschein dann persönlich in die entsprechende Abteilung zu tragen (Radio, Gastro, Echo..nur Labor darf man in ein Körbchen auf Station werfen für die Phlebs oder die Schwestern). Nehmt euch also auf jeden Fall schicke Schuhe in denen ihr trotzdem viel rumlaufen könnt, effizient ist nämlich was anderes (aber man gewöhnt sich ja an alles).
Theoretisch stellen die euch aber frei, was ihr machen wollt. Ihr könnt auch den ganzen Tag im OP rumhängen und auch in alle Fachrichtungen reinlinsen. Man darf je nachdem wer operiert auch durchaus selber was machen. Von Kamera oder Haken halten, Nähen über einfach mal irgendwo den Finger reinstecken alles dabei. Ich bin immer montags mit Mr. Andrews in den OP, der hat meist Hernien oder Gallenblasen gemacht und lässt einen auch immer mit an den Tisch. Am besten sucht ihr euch einfach ein Team mit einem coolen Consultant, einem erfahrenen Reg (weil der selber nicht mehr so viel lernen muss und alleine operiert, da steigt ihr schnell zur 1. Assistenz auf) und chirurgisch desinteressierten F2 und F1. Mr Gandhi oder Ms Grimes sind zB so Leute.
Mundschutz ist im Raum nicht notwendig, am Tisch hatte ich trotzdem immer einen an, aus reinem Eigenschutz..Anziehen dürft ihr euch selbst, und wie immer gilt bloß nichts unsteril machen. die OP-Pflege ist aber eigentlich super nett und hilft einem immer weiter :)
Frühstücken, Mittagessen oder Kaffee trinken könnt ihr eigentlich immer, die Mensa ist aber naja...englisch. Sandwiches und Paninis gibts im Cafe, die sind ganz lecker, und auf Kaffee werdet ihr meist eingeladen, weil die Ärzte sagen als Studenten wurden sie auch immer eingeladen, das ist nun mal so. ;)
Oder ihr macht einfach mal blau. Da ihr als elective students da seid und bei den Briten electives ungefähr Urlaub in Asien, Südamerika, Australien oder sonst wo wos cool ist entsprechen und die da meist nur paar Tage im Krankhaus sind und dann das Leben genießen, habt ihr eigentlich keinerlei Verpflichtungen. Man muss sagen Medway ist nicht grad die beste Gegend, im dunkeln allein draußen rumlaufen ist irgendwie gruselig und wahnsinnig viel zu sehen oder zu machen gibts da ohnehin nicht. Chatham ist defintiv schon ein bisschen besser als Gillingham, Rochester ist ganz süß und in ner dreiviertel Stunde ist man halt in London (am besten ihr kauft das super off-peak day return ticket für 13,70 für Hin- und Rückfahrt und dann in London halt mit der Oyster weiter, von Victoria aus kostet das nämlich 15,70 für genau dasselbe).
Für Tagestrips sind auch Canterbury, Dover, Tunbridge Wells und diverse berühmte Schlösser und Gärten in Kent nicht schlecht. Ich war auch mit meiner F1 in Paris für zwei Tage und dann alleine noch in Edinburgh für ein langes Wochenende, von London aus kann man halt für ein weekend away auch überall billig hin fliegen ;)
Die F1s sind aber auch untereinander gut vernetzt und nehmen euch abends auch mal mit, wenn sie was machen. Das Wohnheim ist nämlich nicht so spannend, dass man da unbedingt viel Zeit verbringen will. Es gibt ein teureres, rennoviertes und ein billiges, richtig abgelebtes, schäbiges mit intensivem Geruch..Eigentlich hatte ich das billige gebucht, bei meiner Ankunft war aber kein Zimmer für mich da, weil die Dame es nicht zum richtigen Zeitpunkt gebucht hat (man bezahlt quasi tageweise und sie dachte es wäre ja dumm, drei Tage vor Praktikumsbeginn schon zu bezahlen..), zum Glück hat der Chef der Abteilung an dem Tag Überstunden gemacht, war noch da und hat das für mich geregelt. Am Ende war ich im teureren Wohnheim, aber das ist wirklich deutlich lebenswerter! Waschen ist auch unglaublich teuer. Eine Maschine bzw Trockner waren glaub ich 3,50.
Was uns zum Dresscode führt. Eine Sache die ich im Ausland immer schwierig finde. Kleidung müsst ihr komplett selbst mitbringen, eher schick, das heißt Kleid, Rock, Bluse oder etwas bequemer schicke Hose mit nicht zu gammeligem T-Shirt oder Feinstrick (Es gibt eher schicke Hose und TShirt als Jeans und Bluse, aber letztlich schaut niemand schief, wenn mans trotzdem macht), und immer dran denken, es sind Großraumzimmer und Klima gibts nicht! Kittel trägt man auch nicht, deshalb fehlen einem so ein bisschen die Taschen, Stethoskop hängt also um den Hals (oder man hat halt keins, in der Chirurgie auch egal), Zettelkram hat man in einer Mini Handtasche oder in einer Art Klemmbrettschachtel und Kuli steckt in den Haaren. Schuhe sind auch schick, Ballerinas sind aber völlig okay und im Zweifel schimpft auch keiner über schwarze Nike denk ich. ;)
Was man noch bedenken sollte: die F1s fangen immer im August an, das heißt wenn ihr Juli/August da seid, gehen nach nem Monat alle und es kommen neue nach, die euch als Dienstältesten sehen, weil sie selbst keine Ahnung haben (meine F1s haben super von dem PJler geschwärmt, der vor mir da war..). Ich war ab September da und beeindruckt wie viel die nach einem Monat arbeiten alleine können. Aber im Oktober geht das Semester wieder los und die Kings Studenten kommen für ihre Praktika. Das sind sehr viele Leute mit sehr breiten Ellbogen, die für alles mögliche Häkchen in ihrem Logbuch brauchen. Aber wenn sie keine Häkchen-Konkurrenz in einem sehen, sind die auch umgänglich ;)
Also um das viele Gejammer zusammen zu fassen: ich fand die Zeit unglaublich schön und würds auch wieder machen, aber aufgrund der Leute im Krankenhaus!! die Gegend ist nichts sehenswertes und die Einheimischen da entsprechen eher dem Brexit-Befürworter von Bildungsstand und Optik her. Dennoch ist die Nähe zu London natürlich ein Argument und die 200Pfund für den Bluttest deutlich billiger als TOEFL, Wohnung in London und co, aber man wohnt halt dann auch nicht in der City. Hab mich zwischendurch sehr geärgert, den bequemsten Weg gegangen zu sein, aber immerhin hats überhaupt geklappt ;)
Bewerbung
per email an Daniella James die man irgendwie übers KCL findet ca. 6 Monate vorher, die endgültige Zusage kommt dann aber erst so ein Monat vor Beginn. Und ab 3 Monate vor Beginn müsst ihr noch ein aktuelles, englisches Führungszeugnis vorlegen! bei uns übersetzt die PJ-Sekretärin das gratis, hat gereicht. Hab aber von Freunden, die sich nach mir beworben hatten, gehört, dass es seit Brexit schwieriger geworden ist.