Ich war von Anfang Mai bis Ende Juni auf der Intensivstation der Kardiologie Hietzing (4. Medizinische Abteilung).
Arbeitszeiten waren von Montag - Freitag etwa 7:15 bis 14:30 (verschieden, an ruhigen Tagen 13:00 - an stressigen Tagen 15:30). Nachtdienste konnten mitgemacht werden - hier gab es auch Schlafmöglichkeiten. Urlaub wurde individuell vereinbart und war bei rechtzeitiger Bekanntgabe kein Problem.
Der Arbeitstag startete um 7:15 mit der Übergabe von Nachtdienst an die Tagmannschaft. Hier gingen wir kurz von Patientenbett zu Patientenbett, wo berichtet wurde, wie sich die Nacht gestaltet hat. Um 8:00 war Morgenbesprechung, wo Aufnahmen der letzten Nacht und Allfälliges besprochen wurde. Vor der Morgenbesprechung gab es etwa alle 3 Wochen eine "Early Bird"-Fortbildung, wo meist Pharma-Firmen neue Geräte oder Medikamente präsentierten. Auch Ärzte von anderen Fachrichtungen haben verschiedene Krankheitsbilder und Guidelines präsentiert. Um 8:30 waren wir wieder auf der Intensivstation zurück. Hier war die Standardaufgabe, dass die Transferierungsberichte vorbereitet wurden und die Kurve für die Normalstation vorbereitet und vorgeschrieben wurde. Nach Fertigstellung des Transferberichts und der Kurve hat man den Patienten nochmal mit der Oberärztin durchdiskutiert, hat Vorschläge zum Procedere unterbreiten können und offene Fragen geklärt. Zwischendurch war es immer tagesabhängig: Manchmal kam keine einzige Aufnahme und es war kein einziger Zugang zu stechen. Manchmal hätte man sich am besten Zerteilen müssen, ist von Bett zu Bett gehastet und hätte am besten 2 Patienten gleichzeitig intubieren sollen. Nach 3 Wochen Einarbeitungszeit hab ich meine erste Arterie und meinen ersten ZVK unter oberärztlicher Vidierung stechen dürfen. Insgesamt habe ich 3 Arterien in Seldinger-Technik und 2 ZVKs gestochen. Weiters einen Blasenkatheter, etwa 15 Venflons und 10 Blutabnahmen. Am Ende der 2 Monate wäre ich erst so richtig ins Team eingearbeitet gewesen und hätte auch mehr machen dürfen/können.
Um 11:00 gab es meist eine Sitzvisite mit den OberärztInnen und der Pflege. Hier wurden die Patienten mittels Beamer kurz präsentiert und gemeinsam Probleme besprochen und das weitere Procedere festgelegt. Mittagessen war regelmäßig kostenlos in der Betriebskantine möglich: Essen war einigermaßen gut.
Auf der Intensivstation gibt es eine elektronische Kurve. Laborwerte und Blutgase wurden hier automatisch eingespielt. Verordnungen wurden nur elektronisch gemacht. Hier habe ich für das Programm einen eigenen Zugang bekommen und konnte hier gut arbeiten. Die Pflege macht Blutabnahmen, Blasenkatheter, Magensonden und Venflons selbstständig - hier wird meist sehr brav gearbeitet und Hilfe wirklich nur nach 1-2 Fehlpunktionen geholt. Die Pflege ist ganz nett - wie überall auch personenabhängig: Wenige sind bissi frech/schnippisch, die meisten sind sehr umgänglich und nett.
Insgesamt kann ich ein KPJ an der Kardiologie in Hietzing doch empfehlen. Hier die Details:
. Das Team ist ausgeglichen und nett. Besonders die Oberärztinnen sind jung und dynamisch. Nach einem ersten Kennenlernen war die Zusammenarbeit sehr gut. Fragen wurden immer ausgeglichen beantwortet, außerdem wurde einem immer Wertschätzung entgegengebracht und Engagement sehr geschätzt.
. Durch die ausschließliche Beschäftigung mit Intensivpatienten habe ich intensivmedizinische Betreuung verstanden, kann korrekt einschätzen, welche Patienten auf der Intensivstation und welche auf einer Normalstation betreut werden müssen und kann mit den verschiedenen Zugängen (Arterie, ZVK, Beatmung etc.) richtig umgehen. Außerdem war u.a. sehr lehrreich, wie kritisch kranke Patienten in terminalen Krankheitsstadium korrekt beim Sterben begleitet werden. Ich kenne Indikationen und Management von ECMO und kontinuierliche Hämodialyse.
Was mir nicht so gut gefallen hat:
Durch meine Erfahrungen im Ausland - besonders in der Schweiz - war ich anfangs vom Österreichischen Gesundheitssystem wieder etwas enttäuscht. Ich sehe in mehreren Punkten Verbesserungsbedarf. Auch, wenn hier die Intensivstation der Kardiologie vom KH Hietzing nicht "schuld" ist, möchte ich die Punkte dennoch - besonders für KollegInnen aus dem Ausland - diskutieren:
Der stationsführende Oberarzt ist von 7:30 - etwa 14:00 auf der Station. Dieser legt das Konzept und den Therapieplan für die Patienten fest. Um 14:00 übergibt er an den "diensthabenden" OA, welcher bis nächsten Tag 7:30 die Station führt. Es wird zwar eine ausführliche Übergabe gemacht, dennoch kann der Dienstarzt die Patienten nicht so gut kennen wie der Stationsarzt. Da der Dienstarzt auch für andere Patienten zuständig ist (oder zB die Ambulanz noch fertig machen muss), kommt den Patienten nachmittags meiner Meinung nach weniger Betreuung zu als vormittags. Hier sehe ich Verbesserungsbedarf. Ein Lösungsansatz wäre, die Kerndienstzeiten des Stationsarztes zu verlängern (zB bis 16:00 Uhr Mo-Fr) und einen Schichtbetrieb einzuführen, wo Ärzte zB eine Woche nur Nachtdienst machen und danach entsprechend kompensieren.
Weiters sehe ich enormes Verbesserungspotential in der Etablierung einer flächendeckenden elektronischen Fieberkurve. Eine physische Fieberkurve birgt das Risiko, dass unnötige Zettel eingeordnet werden, wichtige Zettel nicht in der Kurve landen und die Handschriften einfach nicht lesbar sind. Im Vergleich zur elektronischen Fieberkurve ist eine physische Fieberkurve zeitlich aufwändiger, ineffizienter und unübersichtlicher.
Die Probleme der Punkte "Stationsarzt - Dienstarzt" und "Elektronische Fieberkurve" sind österreichweite Diskussionspunkte und sind nicht spezifisch für die Kardiologie des Krankenhaus Hietzing. Hier auf der Kardiologie im KH Hietzing werden diese Punkte verhältnissmäßig gut gelöst: Übergaben sind lang und ausführlich, die Zahl "zu betreuende Patienten pro Dienstarzt" ist verhältnismäßig niedrig und auf der Intensivstation gibt es bereits eine elektronische Fieberkurve.
Zusammenfassend kann ich ein KPJ an der Kardiologie des KH Hietzing empfehlen. Ich war gut ins Team integriert. Die OberärztInnen und KollegInnen waren sehr nett. Es waren interessante Fälle auf der Intensivstation und ich habe doch meine manuellen Fähigkeiten spezifisch für die Intensivmedizin verbessern können.
Bei Fragen jederzeit gerne :)
Bewerbung
Bewerbung mittels Lebenslauf war sehr unkompliziert über das Sekretariat möglich. Es ist jedoch eine erhebliche Vorlaufzeit notwendig, da die Kardio bei Studenten sehr beliebt ist und meistens ausgebucht ist. Ich habe mich etwa 1 Jahr vorher beworben und habe nur eine Stelle bekommen, weil eine andere Studentin abgesagt hat. Ich empfehle sich etwa 2 Jahre im Voraus zu bewerben.