PJ-Tertial Innere in Kenyatta National Hospital (2/2017 bis 4/2017)

Station(en)
Notaufnahme, HIV-Ambulanz, Innere Medizin
Einsatzbereiche
Notaufnahme, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station
Heimatuni
Erlangen
Kommentar
Das PJ-Tertial in Nairobi lässt sich natürlich nicht ganz in den gleichen Kategorien bewerten wie ein Tertial in Deutschland. Man kann seinen Status so ein bisschen selbst definieren, da niemand wirklich weiß wie viel wir können. Kenianische Studenten auf Station sind eher bei Lehrvisiten dabei oder untersuchen Patienten für eine Bettenprüfung, so etwas wie PJ-ler sind vllt noch am ehesten die Interns... wobei die eigentlich die Station schmeißen. Wie gesagt, man kann sich da so ein bisschen einordnen, wo man möchte.

Zu der Zeit als ich dort war, waren in ganz Kenia die Ärzte in den öffentlichen Krankenhäusern im Streik. Das wusste ich zwar vorher schon ein bisschen, das Ausmaß war mir aber noch nicht bekannt. Im KNH war wirklich nur die Minimalbesetzung, auf den Stationen waren kaum Patienten und nur einmal am Tag ein Arzt, der sich in Zivil für die Visite reingeschlichen hat. Das was mir vorschwebte – Innere/Infektio auf Station – konnte ich also ein bisschen vergessen. Stattdessen half mir die Sekretärin des Dekans und eine kenianische Studentin so ein bisschen beim Improvisieren und nach einer Passierschein-A38-mäßigen Mammuttour durch sämtliche Verwaltungen der Uni und des Krankenhauses hatte ich schließlich die Genehmigung in der Hand, in der Notaufnahme, der Inneren und der Pädiatrie zu arbeiten.

Die Notaufnahme wurde zur Zeit des Streiks von Armeeärzten geleitet, die aber alle sehr nett waren und mich auch viel machen ließen. Komplett alleine Patienten sehen ging zwar wegen der Sprachbarriere meistens nicht so gut, denn das Patientenklientel in öffentlichen Krankenhäusern wie dem KNH sind eher ärmere Menschen, die oft nicht gut Englisch sprechen. Trotzdem konnte ich oft quasi die Federführung übernehmen und die Ärzte halfen mir erst mal nur bei der Kommunikation. In der Notaufnahme habe ich die ersten zwei Wochen verbracht.

Danach habe ich für zwei Wochen an die CCC – Comprehensive Care Clinic – gewechselt. Das ist eine Art Ambulanz für HIV-Infizierte, das war genau mein Ding. Ich habe zwar größtenteils zugesehen, habe aber eine Assistenzärztin und eine Oberärztin erwischt, die wirklich Lust hatten, mir was beizubringen. Ich habe nicht nur über HIV-Therapie im „Resource limited setting“, sondern auch in Industrienationen, über opportunistische Infektionen usw. weit mehr gelernt als im Studium und ich denke auch als die meisten Ärzte in Deutschland, die keine Spezialisten sind. Meine beiden Betreuer haben mir jeden Tag eine Leitlinie oder ein paar Paper als Hausaufgabe aufgegeben, die ich mir dann während meinen 1,5h Berufsverkehr reingezogen habe.

Nach vier Wochen war der Streik glücklicherweise zu Ende, so dass ich die zweite Hälfte wie geplant auf Station verbringen konnte. Die Visite nimmt den größten Teil des Vormittags ein (es liegen bis zu 100 Patienten auf einer Station!), danach teilen sich die Assistenzärzte noch zu erledigende Eingriffe wie Liquorpunktionen etc. auf. Dann sind sie in einer Ambulanz eingeteilt oder gehen in die Bibliothek. Die eigentliche Stationsarbeit wird von Interns erledigt.
Zweimal pro Woche ist Oberarzt- oder Chefarztvisite. Wer sich bei uns schon blöd vorgekommen ist, wenn man mit fünf anderen weißen Kitteln morgens ins Patientenzimmer spaziert, wird sich hier wundern. 30 und mehr Leute sind keine Seltenheit. Bei Visite werden die Patienten vorgestellt, dann werden jedem entsprechend seinem Ausbildungsstand Fragen gestellt, es hat schon einen Prüfungscharakter. Die Assistenzärzte haben vor manchen Chefs auch wirklich Angst und bereiten sich krass auf die Visiten vor. Ich hatte so ein bisschen den Ausländerbonus, das heißt ich konnte mich so viel einbringen, wie ich wollte.
Nach der Visite kann man in Ambulanzen gehen, den Interns bei der Stationsarbeit helfen – da hat man ziemlich viele Freiheiten. Wie gesagt, niemand weiß so ganz genau, wie viel wir können ;) Oder man geht einfach nach Hause, da ist einem auch niemand böse.
Prinzipiell hat man auch die Möglichkeit, in alle Vorlesungen zu gehen, in die man möchte. Habe ich ein paar Mal gemacht, aber die waren eigentlich den unseren entsprechend und die kannte ich ja schon. Am besten sich einen Vorlesungsplan besorgen, z.B. von einem kenianischen Studenten, und sich einfach das anhören, was man möchte.

Insgesamt hat sich das Tertial für das, was ich später einmal machen will (Infektiologie/Tropenmedizin) definitiv gelohnt. Ich war überrascht, welchen Stellenwert die Lehre für kenianische Ärzte hat. Davon kann man in Deutschland leider oft mal nur träumen. Klar gibt es Ärzte die mehr oder weniger Lust auf Teaching haben, aber es findet immer und überall statt, es ist eben einfach Teil der Aufgaben, und zwar für jeden. Außerdem hat die körperliche Untersuchung einen viel höheren Stellenwert als bei uns, da viele diagnostische Möglichkeiten nicht völlig ad libitum verfügbar sind. Da habe ich auch sehr viel gelernt, was mir auch im Hinblick auf das Staatsexamen viel genützt hat.

Damit sind wir auch schon bei den weniger schönen Erfahrungen. Im Gesundheitssystem in Kenia gibt es zwar eine staatliche Krankenversicherung, die Mitgliedschaft ist aber nicht verpflichtend, so dass zumindest ärmere Leute oft nicht versichert sind. Außerdem sind die Leistungen, die übernommen werden nach oben hin beschränkt und für teure Untersuchungen braucht man oft erst eine Bestätigung, dass sie übernommen werden. Dadurch ergibt sich, dass eigentlich sehr dringende Untersuchungen teilweise lange nicht durchgeführt werden können, da die Finanzierung nicht klar ist. Wenn die Untersuchung dann durchgeführt wird, ist sie dann oft mal eigentlich schon gar nicht mehr nötig.
Zusätzlich sind zwar theoretisch im KNH alle Materialien und Möglichkeiten vorhanden, in der Praxis aber oft mal kaputt oder aus… Es ist nicht wie angeblich in der Provinz, wo bei Kerzenlicht operiert werden muss, aber z.B. konnte während der gesamten Zeit in der ich da war, im eigenen Labor keine INR bestimmt werden da das Reagenz aus war. Die Angehörigen müssen also das Blut der Patienten in ein privates Labor bringen, daher muss man warten bis jemand zu Besuch kommt, wenn es keine Verwandten gibt, dauert es noch länger und so weiter. Gleichzeitig hat das Krankenhaus eigentlich ein sehr hohes Budget, aber das Geld verschwindet irgendwo.
Das alles kann sehr(!) frustrierend sein. Trotz allem würde ich diese Erfahrung jedem empfehlen, der einmal über den Tellerrand der europäischen Medizin, in der man faktisch jede apparative Untersuchung immer und überall durchführen kann ohne dass man dem Patienten eventuell in den finanziellen Ruin treibt. Es ist erstaunlich, wie viel man durch ein bisschen Erfahrung in der körperlichen Untersuchung herausfinden kann. Man muss es nur üben und sich selbst und seinen klinischen Fähigkeiten vertrauen.

Organisatorisch muss man bedenken, dass man 500 Dollar Studiengebühren zahlen muss, sich selbst eine Unterkunft organisieren und auch die Anreise zahlen. Also sucht euch am besten ein Stipendium, da gibt es wirklich viele!
Bewerbung
Ca. ein halbes Jahr vorher per E-Mail bei Florence Maera, der Sekretärin des Dekans der medizinischen Fakultät der Universität Nairobi. Sie ist eine wirklich nette und liebe, die Mama aller Studenten! Die Adresse ist deanmedic@uonbi.ac.ke
Unterricht
Häufiger als 5x / Woche
Inhalte
Patientenvorstellung
Fallbesprechung
Prüfungsvorbereitung
Tätigkeiten
Patienten untersuchen
Braunülen legen
Notaufnahme
Patienten aufnehmen
Blut abnehmen
EKGs
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
Vor 15:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Mittagessen regelmässig möglich
Gebühren in EUR
500 USD

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
3
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
4
Unterricht
1
Betreuung
3
Freizeit
1
Station / Einrichtung
4
Gesamtnote
1

Durchschnitt 2.07