Ich kann ein PJ-Tertial in der Orthopädie und Unfallchirurgie des Unispitals Basel wärmstens empfehlen. Man ist voll in alle 3 Tätigkeiten des Assistenzarztalltags integriert und übernimmt hier - nach einer angemessenen Phase des Einlernens - voll die Aufgaben eines Assistenzarztes:
OP: Hier verbringt man die meiste Zeit, entweder als Erst- oder Zweitassistent. Bei nicht allzu seltener Erstassistenz steht man entsprechend mit dem operierenden Oberarzt alleine am Tisch und hat 1on1-Teaching. Auch sonst hat, wenn man Interesse zeigt, das Teaching am OP-Tisch einen hohen Stellenwert. Dies betrifft sowohl die Operationstechnik als auch Tipps und Tricks zum Nähen, richtig Drähte und Implantate positionieren sowie operative Anatomie.
Sprechstunde: Man untersucht die Patienten in Eigenregie und stellt sie dann seinem Oberarzt vor, meldet weitere Diagnostik, Therapien oder Operationen an. Im Anschluss wird die Konsultation diktiert. Gerade für die M3 ist dies eine sehr gute Vorbereitung.
Station: Auf Station hat man die Möglichkeit eigene Patienten zu betreuen (mit Unterstützung durch die Assistenzärzte), d.h. Aufnehmen, Visitieren, Diagnostik und Konsile anmelden und am Ende entlassen. Die Zusammenarbeit mit der Pflege ist durchweg gut und die Pflege übernimmt Aufgaben die nicht unbedingt ärztlich erfüllt werden müssen. Blutabnehmen musste ich nie. Wenn ich es gewollt hätte, hätte ich es sicherlich tun können, allerdings musste ich bei meiner ersten Famulatur morgens immer zuerst 20 Blutabnahmen machen, sodass ich darauf nicht unbedingt scharf war.
Highlights sind der Arthroskopie-Trainer, an dem man nach Belieben üben darf, und der Anatomie-Kurs, bei dem man unter Anleitung von erfahrenen Chirurgen die operativen Zugänge an Kadavern üben kann. Auch das Arthroskopieren am Leichen-Knie wurde ermöglicht. Das Teamwork und die Stimmung sind wirklich gut. Man muss weder Scheu haben die Assistenzärzte noch die Oberärzte zu fragen. Alle Teams sind wirklich nett, insbesondere das Knie-Team unter PD Dr. Pagenstert und die Spinale Chirurgie unter Prof. Schären nehmen sich sowohl von ober- als auch assistenzärztlicher Seite sehr der PJler an. Sowohl bei Dr. Pagenstert als auch seinem Oberarzt Dr. Mumme konnte ich nach Abschliessen der Übungen am Arthroskopie-Trainer und dem Kadaver mehrmals arthroskopische Rundgänge im Operationssaal durchführen. Prof. Schären hat mich für ein grosses Spektrum hochinteressanter Eingriffe eingetragen und mir die Feinheiten der Operationstechniken der Wirbelsäule nähergebracht. Es werden neben den klassischen Operationen neueste Verfahren wie z.b. die nose to knee-Knorpeltransplantationen durchgeführt, die es nur in Basel gibt. Operative Highlights waren auch eine Hemipelvektomie bei Ewing-Sarkom, wobei das explantierte tumorbefallene Becken zwischenzeitlich für eine Stunde in der Radioonkologie bestrahlt wurde, bevor es nach Vorlage durch 3D-Druck wieder eingesetzt wurde sowie eine extrem ausgedehnte Fasziektomie bei nekrotisierender Fasziitis.
Man merkt auch sehr schnell, dass hier individuelle Medizin nach den Bedürfnissen des Patienten gemacht wird. Der Kostendruck ist einfach nicht so hoch wie es in Deutschland der Fall ist. Wenn nötig, kann man sich selber in einer Sprechstunde auch mal mehr als 30 Minuten Zeit nehmen für einen Patienten und die Oberärzte tun es auch. Dasselbe gilt operativ: es ist keine Fliessbandarbeit, sondern es wird sorgfältig versucht, das bestmögliche Outcome für den Patienten zu erreichen, auch wenn die OP dadurch etwas länger dauert. Wobei die Operateure hier wirklich "schön" operieren. Die Ergebnisse der Patienten, die man im Anschluss auf Station verfolgt, spiegeln dies auch wieder.
Ich habe hier sehr viel gelernt ohne mich je überfordert zu fühlen, weil die Aufgaben immer meinen Fähigkeiten angepasst wurden und ich immer die Möglichkeit hatte, zu fragen oder mir etwas zeigen zu lassen. Eigentlich müsste ich noch viel mehr schreiben um all denen gerecht zu werden, die mir etwas beigebracht haben. Ich kann ein PJ-Tertial hier also wirklich sehr empfehlen.