Chirurgie ist eigentlich nicht mein medizinisches Hauptinteresse, dennoch hat mir das Tertial summa summarum gut gefallen. Wie in jedem Krankenhaus gibt es auch in Geislingen Kritikpunkte (siehe untern) die aber in der Minderzahl sind.
Positives:
1. Ansehen: Als PJler geht es einem gut in Geislingen. Zu keinem Zeitpunkt wird einem das Gefühl vermittelt lästig oder nur für Deppenaufgaben wichtig zu sein. Das kann der ganzen Klinik nur positiv angekreidet werden und ist für mich persönlich ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Den Verantwortlichen gebührt allein dafür mein größter Dank.
2. Unterricht: Der chirurgische (wie auch der übrige) Unterricht ist praxisorientiert und kurzweilig. Relevante Krankheitsbilder werden auf den Punkt gebracht, verständlich erklärt und besprochen. Zudem ist Herr Dr. Hahn stets offen für Anregungen seitens der PJler und gestaltet seinen Unterricht auch praktisch wertvoll. So haben wir bspw. mit ihm gegipst und die Portpunktion geübt. Manche Krankheitsbilder wiederholen sich zwar im Unterricht aber das spiegelt in gewisser Weise ja auch die Realität wieder. Ungeachtet dessen wird die Lehre aber wichtig genommen und Unterrichtsausfälle sind eine Rarität.
3. Flache Hierarchien: Egal ob Chef-, Ober- oder Assistenzarzt kann mit jedem und jederzeit ungezwungen gesprochen werden. Auch für Fragen steht jeder bereit und der Umgang ist von Freundlichkeit und Respekt geprägt. Besser kann man es nicht erwischen.
4. Gute Stimmung im OP: Die Stimmung im OP ist durchweg freundlich. Ich bin nie ungerechtfertigt (in der Sache oder Ton) kritisiert worden und sowohl Pflege als auch Ärzte und Anästhesie sind immer hilfsbereit und willig Dinge beizubringen. Eine vergleichbare Stimmung habe ich in Famulaturen oder Studium in einem operativen Fach nicht erlebt.
5. Praktische Anleitung im OP: Egal mit wem man operiert, profitiert wird meistens davon. Gerade die Eingriffe mit Chef- oder Oberarzt und zwei PJlern haben mir besonders viel Spaß gemacht. Nähen und Knoten darf man immer was für das Vertrauen der Ärzte in uns PJler spricht. Ansonsten davon wird geduldig erklärt wobei ich insbesondere den ltd. Oberarzt Herrn Meißen hier positiv erwähnen möchte. Egal wie stressig es war, blieb er immer ruhig und höflich. Mit Herrn Kalbasi (Oberarzt) ist es eigentlich immer lustig und noch nie wurde mir Knüpfen so gründlich erklärt.
6. Stimmung unter den PJ-Studierenden: Mit den Mit-PJlern hatte ich eine fantastische Zeit. Der Umgang war toll, kollegial und wir haben auch nette Freizeitaktivitäten unternommen. Für die PJler kann die Klinik zwar nichts aber es passt einfach ins Gesamtbild!
7. Eigenes Telefon: Das eigene Telefon ist ein großer Pluspunkt. So wird man von Mit-PJlern und Ärzten oft angerufen wenn es etwas Spannendes zu sehen gab oder Eingriffe einen Besuch lohnten.
8. Ärztliches Personal: Wie freundlich und bemüht alle sind, habe ich an anderer Stelle schon mehrfach betont.
9. Zeiteinteilung: Der Arbeitstag ist so gestaltet, dass es eigentlich immer etwas zu tun gibt ohne, dass es zu krass wird. Auch die Mittagspausen und der Feierabend werden immer eingehalten was für chirurgische Fächer nicht immer gesichert ist.
Kritikpunkte:
1. Einführungstag in Göppingen/Verwaltung: Zum Einführungstag werden alle PJler nach Göppingen eingeladen. Dies ist prinzipiell eine gute Idee aber für die Geislinger PJler ungeeignet. Hier wäre ein separater Einführungstag vor Ort sinnvoller, wobei zu erwähnen ist, dass dies eine Vorgabe der Verwaltung ist und nicht dem Geislinger Krankenhaus angelastet werden kann. Dies gilt ebenso für die Kommunikation. So wurde vorab von der Verwaltung publiziert, dass unser Gehalt 597 € betrage, die Miete im Wohnheim in Göppingen ca. 150 € und das Parken frei wäre. Am Einführungstag galt davon nichts mehr und zwar zu unserem Nachteil. Immerhin wurde uns im Gegenzug Vollverpflegung versprochen. Ein guter Start sieht aber anders aus!
2. Betreuung: Die Ärzte sind zwar alle durchweg und unabhängig ihres Standes nett und lehrwillig jedoch wäre retrospektiv gesehen die Zuordnung zu einem Assistenzarzt vernünftig. Insbesondere gilt dies für PJler die zuvor nicht im Haus gearbeitet haben, da ansonsten die Einarbeitung ins PC-Programm schwierig und die Abläufe eher undurchsichtig bleiben dürften. Ob das aber wirklich sinnig und realisierbar ist, müssen die Verantwortlichen entscheiden.
3. Vorlesung in Göppingen: Neben dem Unterricht in Geislingen gibt es auch Vorlesungen in Göppingen. Leider gelang es bisher nicht diese als Videoübertragung laufen zu lassen. Der Geislinger Chefarzt und PJ-Beauftragte Herr Dr. Hahn bemüht sich aber darum. Der Unterricht in Göppingen ist gut, die zeitaufwändige Fahrerei aber selten wert zumal doch auch Vorlesungen ausfallen. Die Videoübertragung ist insofern dringend erforderlich und für alle Beteiligten wichtig!
4. Kostendruck: In keinem Krankenhaus bisher war das Thema Kosten, MDK etc. so präsent für mich wie in Geislingen. Dies liegt daran, dass in Göppingen eine neues Klinikum gebaut werden soll dessen Finanzierung an bestimmte Vorgaben gekoppelt ist die auch die Geislinger Klinik zum Sparen zwingen. Auf Dauer ist dieses ständig präsente Thema aber nervig (auch für alle anderen Mitarbeiter).
5. Morgen-/Röntgenbesprechung: Die morgens stattfindende Besprechung und Röntgendemo ist meines Erachtens ebenfalls optimierbar. Interessante Befunde werden zwar durch Chef- und Oberärzte erklärt dennoch wird hier Lehrpotential nicht genutzt. So könnte man gerade auch von einer Kurzbefundung der Röntgenbilder durch den Radiologen und einer Diskussion über Indikationen und OP-Verfahren profitieren. Auch die Struktur der Morgenbesprechung ist schwer durchschaubar und die Abläufe wirken auf Außenstehende chaotisch.
Fazit: Uneingeschränkt empfehlenswert.
Bewerbung
Kann ich nicht beurteilen, da die Anmeldung über die Heimatuniversität erfolgte.