Nun zu meinen eigenen Erfahrungen:
Praktisch ab dem ersten Tag haben Frau Dr. Adam und ich während der Sprechstundenzeiten parallel gearbeitet, d.h. ich bin mit Patienten selbstständig Anamnese und Untersuchung durchgegangen, habe mir über ggf. weitere erforderliche Diagnostik und die Therapie Gedanken gemacht und dies mit den Patienten besprochen. Anschließend ist Frau Dr. Adam immer noch einmal dazugekommen, hat sich alles angehört und meine Vorschläge akzeptiert, verändert oder ggf. noch ergänzt. So war der Lerneffekt sehr hoch, da ich eigene Therapiepläne entwickeln und mit einer erfahrenen Ärztin diskutieren konnte und die Chance hatte, auch die apparative Diagnostik wie EKG, Ultraschall, Echo oder Ergometrie immer erst einmal selber durchzuführen. Die oben erwähnten sehr verschiedenen Inhalte der Sprechstundetermine haben dazu geführt, dass ich einerseits meine Fähigkeiten hinsichtlich vieler Untersuchungstechniken ausgiebig trainieren konnte (z.B. neurologischer Status, orthopädischer Status, HNO-Status, …). Andererseits habe ich auf diese Weise unheimliche viele verschiedene Krankheitsbilder gesehen und ein Gefühl dafür entwickelt, welche Fälle sich ambulant behandeln lassen und welche nicht. Neben der reinen Sprechstundenarbeit hat mir Frau Dr. Adam mit der Zeit immer mehr zusätzliche Aufgaben übertragen. So war es ziemlich schnell meine Aufgabe, die Mappe mit den Befunden der mit-/weiterbehandelnden Fachärzte oder den Krankenhausentlassungsbriefen unserer Patienten durchzuarbeiten und die erforderlichen Maßnahmen (Kontrolltermine, Überweisungen/Rezepte, Medikamentenpläne) einzuleiten. Das fand ich insofern auch noch einmal gewinnbringend, als dass man sich da Gedanken zu Fragen wie welche Bildgebung wann sinnvoll ist, welche Medikamente nicht miteinander kombiniert werden sollten oder wann Laborkontrollen bei bestimmten Laborwerten oder medikamentösen Therapien sinnvoll sind, machen muss. Ungefähr nach der Hälfte des Tertials durfte ich dann auch eigenständig Hausbesuche machen. Dabei ging es in der Regel um kleinere Sachen wie Fadenzug von Nahtmaterial nach OP, Verlaufskontrollen von Wunden oder Blutentnahmen.
Gerade in einer Praxis mit einem kleinen Team spielt natürlich neben den reinen Arbeitsaufgaben auch die Arbeitsatmosphäre eine wesentliche Rolle. Menschlich habe ich mich ab der ersten Woche im Praxisteam sehr gut aufgenommen gefühlt. Die Schwestern sind mir sehr aufgeschlossen begegnet und haben mir bestimmte Sachen bereitwillig mehr als einmal erklärt. Auch neben der Arbeit habe ich mit den Schwestern ein sehr angenehmes Verhältnis gehabt. Manchmal haben wir nach der Sprechstunde bei etwas Zuessen und Zutrinken zusammengesessen und auch über nichtmedizinische Themen gesprochen. Frau Dr. Adam selbst ist mir gegenüber von Beginn an ebenfalls sehr wohlwollend aufgetreten und hat meine Arbeit zu schätzen gewusst und das auch mehrfach artikuliert. Sie ist sehr um das Wohl ihres Teams besorgt und hat mir sogar angeboten, in der Wohnung über der Praxis zu übernachten, da mein Anfahrtsweg von Zuhause nach Hohen Neuendorf mehr als eine Stunde betrug. Oftmals bin ich daher unter der Woche in Hohen Neuendorf geblieben und erst am Wochenende zu mir nach Hause gefahren. So konnte ich den einen oder anderen Nachmittag nutzen und per Fahrrad das Brandenburger Umland erkunden. Fachlich habe ich Frau Dr. Adam als sehr versierte und erfahrene Allgemeinmedizinerin erlebt. Sie hat ein sehr hohes Anspruchsniveau an sich selbst (und natürlich auch an ihr Team). Gerade bei internistischen und v.a. kardiologischen Problemstellungen erfolgt die Diagnostik und Therapie da schon zumeist auf fachärztlichem Niveau. Aber gerade dadurch hat mir das Arbeiten einmal mehr Spaß gemacht, weil eben nicht gleich jeder komplexere oder kompliziertere Kasus zum nächstbesten Facharzt überwiesen wurde. Angenehmerweise ist Frau Dr. Adam auch meist offen für die Sichtweise und Überlegungen anderer, sodass man mit ihr Fälle gut diskutieren kann. Ab und an hat sie mich auch bei Patienten mit unklarem Beschwerdebild und zumeist schon komplexer Diagnostik gebeten, den Fall noch einmal zu ordnen und aus einer mehr oder weniger „unvoreingenommenen“ Perspektive zu betrachten und differentialdiagnostische oder therapeutische Gedanken bzw. Vorschläge zu äußern.
Bisher klingt der Bericht wahrscheinlich wie eine einzige Lobeshymne, aber ehrlich gesagt gibt es auch sehr wenig an meinem Tertial zu beanstanden. Manchmal musste ich ein bisschen aufpassen, dass die Schwestern mein Angebot zur Hilfe nicht dazu nutzten, mir auch die eine oder andere eher ungeliebte Aufgabe unterzujubeln. Aber mit einem knurrigen Tolerieren beim ersten Mal und einem freundlichen, aber bestimmten Kommentar beim zweiten Mal konnten wir auch derartige Situationen in der Regel gut lösen. Ferner ließ natürlich auch Frau Dr. Adam den Arbeitseifer eines Studenten nicht ungenutzt. So fielen Rechercheaufgaben zur leitliniengerechten Therapie dieser oder jener Krankheit oder zur aktuellen Studienlage hinsichtlich neuerer (manchmal auch eher abgefahrener) Therapieformen regelmäßig mir zu. Allerdings waren auch das in der Regel keine Nonsense-Aufgaben, nur manchmal war es eben doch schon eine sehr mühsame und langwierige Arbeit.
Insgesamt kann ich allen, die sich eine Arbeit als Allgemeinmediziner vorstellen können und ein gewisses Maß an Engagement und Arbeitsmotivation mitbringen, ein Tertial in der Allgemeinarztpraxis von Frau Dr. Adam ausdrücklich empfehlen. Hier bekommt man einen abwechslungsreichen und realistischen Einblick in die ambulante Versorgung allgemeinärztlicher und teilweise internistischer Problemfälle gepaart mit dreieinhalb Monaten Zusammenarbeit in einem netten Team. Jemand, der das Ganze allerdings nur zum Ausspannen vom vermeintlich stressigeren Klinikalltag nutzen möchte und auf fünf halbe Arbeitstage in der Woche hofft, wird dort sicherlich nicht glücklich werden.