Grundsätzlich kann ich mich dem Vorbericht nur anschließen und muss leider nach wie vor ausdrücklich davor warnen sein PJ im CCTH zu machen! Diese Warnung ziehe ich sofort zurück und wandle es in eine Empfehlung um, sofern sich die Organisationssturktur gebessert hat. Näheres zu den Gründen s.u.
Vielleicht sollte ich zu meiner merkwürdigen Bewertung einiges klarstellen:
Die schlechte Bewertung rührt vor allem aus der kompletten Unfähigkeit von seiten der Bürokratie bzw unserer Organisation. Im Gegensatz zu meiner Vorrednerin nenne ich allerdings den Namen: Geht als PJ'ler auf GAR KEINEN FALL mit World Unite! nach Ghana. Es ist leider nicht möglich an der örtlichen Organisation auch nur ein gutes Haar zu lassen. Wir sind da leider komplett verarscht worden. Der einzige Vorteil war die schnell organisierte Unterkunft von seiten der Organisation, wobei wir auch da einen astronomischen und völlig unangemessenen Preis bezahlen mussten; das was geboten wurde, war selbst für ghanaische Verhältnisse ranzig und eine Frechheit. Ich könnte mich jetzt seitenweise darüber auslassen, will es aber nur recht knapp zusammenfassen: Es wurde uns im Vorhinein zugesichert, dass es möglich ist in Ghana PJ zu machen und man selbstverständlich den Unistempel und den Krankenhausstempel bekommt (beides benötigt man für das Prüfungsamt in Deutschland). Auf Grund der in den Vorberichten genannten Probleme haben wir bereits in der ersten (!) Woche bei unserem Organisator nachgehakt, er möge sich rechtzeitig darum kümmern. Es war weder für World Unite noch dem örtlichen Kooperationspartner möglich innerhalb der folgenden 4 Monate die Unterschrift des Dekans bzw. den offiziellen Stempel klarzumachen. Wer jetzt mit dem Klischee kommt, in Afrika liefen die Uhren halt anders usw. dem sei gesagt, dass das nicht unsere erste Auslandserfahrung war und wir in Ghana die Erfahrung gemacht haben, dass man dort durchaus etwas rechtzeitig "planen" kann und man mit den örtlichen Behörden, wenn man sich eben rechtzeitig drum kümmert, sehr gut zurechtkommt und zusammenarbeiten kann (so geschehen beim Visum, um dessen Verlängerung wir uns entgegen der usprünglichen Vereinbarung mit World Unite ebenfalls selbst kümmern mussten...). Also lag es an uns, den Dekan zu bearbeiten, uns unseren Ausbildungsaufenthalt dort zu verifizieren. Aus irgendwelchen Gründen tat der sich allerdings sehr schwer damit und weigerte sich bis kurz vor unserem Rückflug dies zu tun! Wir haben nicht wirklich eine Ahnung wieso. Wenn ich das richtig verstanden habe, ging es irgendwie um verletzte Eitelkeiten, einen internen Machtkampf zwischen medizinsicher Fakultät (zur Uni gehörig) und dem Lehrkrankenhaus selbst, das irgendwie eine eigene Entität darstellt, obwohl es das Lehrkrankenhaus der Uni ist... Alles in allem recht verwirrend und wir können von sehr sehr großem Glück reden, dass sich der sehr grandiose Chefarzt der Chirurgie, Dr. Morna, so für uns eingesetzt hat, obwohl es nicht sein Buisiness war, und es am Ende irgendwie geschafft hat diese Unterschrift zu besorgen. Man muss sich Vorstellen, dass wir bis zum Tage unserer Abreise nicht wussten, ob wir unsere Bescheinigung bekommen oder ob unser PJ da bezogen auf das Examen umsonst gewesen wäre! Wir mussten deswegen sogar unsere Abfahrt zum Flughafen verschieben. Kurz gesagt kann man sagen, dass World Unite seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht oder absolut unzureichend nachgekommen ist, ob aus Unfähigkeit, Naivität oder Vorsatz mag nun dahingestellt sein. Eigentlich eine Schande für eine derartige Organisation, zumal wir mit Famulaturen in anderen Ländern (Sansibar und tansanisches Festland) sehr gute Erfahrungen mit World Unite gemacht haben.
Falls sich die Frage bezüglich der Bescheinigungen nicht irgendwie in der nächsten Zeit löst, ist also von einem PJ im Cape Coast Teaching Hospital dringendst abzuraten! Die Gefahr, dass man sein Tertial dort nicht anderkannt bekommt, ist einfach zu hoch!
Doch nun zu den erfreulicheren Dingen:
Abgesehen vom oben erwähnten Manko ist eine Famulatur oder ein PJ im CCTH nämlich durchaus zu empfehlen. Das Ärzteteam ist wirklich sehr nett, scheint sich ehrlich über ausländische Studenten zu freuen und erklärt einem wirklich sehr viel. Organisatorisch hängt man allerdings ein bisschen zwischen den Seilen, da man etwas weiter ist, als ein "student of the final year", die eine Art Blockpraktikum durchlaufen, aber selbstverständlich noch nicht so weit wie ein Intern im ersten Jahr. Selbst etwas machen durfte/musste man nicht, dafür gab es sehr viel zu sehen, viel Unterricht und Lehre, die wirklich sehr gut war. Die Lehrvisiten dauerten teilweise bis zu 5 Stunden, was bei 35°, ohne Pause und stickiger Atmosphäre sehr anstrengend werden konnte, aber das ist ja mein Problem und nicht das der Lehre. Ein Fall wird wirklich so lange bedside durchgeteacht bis es jeder der Studenten verstanden hatte, man konnte jederzeit Fragen stellen ohne blöd angeguckt zu werden. Kurz: Die Lehre war fast besser als das, was man aus Deutschland gewohnt ist! Als ausländische Studenten hatten wir tatsächlich einen ziemlichen Sonderstatus und konnten im Prinzip kommen und gehen, wann wir wollen, waren von Prüfungen, Patientenvorstellungen und sonstigen studentischen Verpflichtungen befreit. Man konnte allerdings selbstverständlich freiwillig daran Teilnehmen, was wir teilweise nach Lust und Laune auch taten. In den OP konnte man zum gucken eigentlich auch jederzeit, wobei während der OP auch recht viel erklärt wurde. Neben den klassischen chirurgischen Krankheitsbildern gab es natürlich einen (tropen)medizinsichen Schwerpunkt und man hat Fälle gesehen, die man in Deutschland eher selten zu Gesicht bekommt (Buruli-Ulcus, Eumycetome, tropic ulcer, generell alle Ulzera, dies gibt, Echinokokkosen, uvm). Sehr interessant!
Natürlich muss man erstmal ankommen und sich einleben. Die Abläufe auf Station sind zum Teil für Neulinge recht schwer zu durchsteigen (ich glaube, ich war bis zum Schluss zu blöd, das zu kapieren) und häufig muss man eben lange warten bis irgendwas passiert oder irgendwer kommt. Trotzdem schienen die Lehrbeauftragten immer ein Auge auf uns zu haben und es fiel sofort auf, wenn wir mal nicht da waren. Man überarbeitet sich dort nicht, aber hingehen und direkt am ersten Tag die Unterschrift bekommen (s.o.) und den Rest der Zeit reisen und chillen, wie in Bali oder Sri Lanka offenbar, ist da eher weniger. Wobei die Arbeitszeiten sehr human waren. Von Station zu Station und von Tag zu Tag bisweilen recht unterschiedlich begannen wir meistens zwischen 7:30 und 09:00, je nachdem ob ein Seminar o.ä. anstand, und blieben eigentlich selten länger als 13h oder 14h. Es war aber auch recht problemlos möglich mal ein paar Tage bis Wochen frei zu nehmen und Reisen zu gehen; das stieß bei den ghanaischen Ärzten eher auf Begeisterung ob der Neugierde für ihr Land. Man musste sich schlicht rechtzeitig mit den verantwörtlichen Ärzten besprechen. Der Informationsfluss war allerdings bisweilen auch etwas träge, so kamen wir einmal Freitags in den Ortho-OP und stellten fest, dass niemand da war und nach 2h warten erreichte uns die Nachricht, dass alle OPs für den Tag abgesagt waren und so gingen wir wieder nach hause :D Andere Länder, andere Sitten und Mentalitäten. Ich kann jedem nur empfehlen, sich grundsätzlich auf Wartezeiten einzustellen, egal wohin man geht und einfach immer ein Buch mitzunehmen oder Menschen zu beobachten oder sonstwas. Wirklich langweilig wird einem aber tatsächlich irgendwie nie. Die bisweilen stoische ghanaische Mentalität scheint ansteckend zu sein.
Mir hat das Land wirklich sehr gut gefallen, man kann sich größtenteils (eigentlich komplett) sehr frei und sicher bewegen und, wenn man das Tro-tro-System einmal verstanden hat, recht easy (wenn auch unbequem) von A nach B reisen und sich dieses vielseitige und faszinierende Land anschauen. Cape Coast selber ist auch ein schönes Städtchen und eher vom Typ leicht verschlafene Studentenstadt und Touri-Hotspot. Gibt aber ein paar coole Kneipen und Restaurants. Es ist auch ein guter Ausgangspunkt für (Wochenend-)Trips entlang der Küste zu schönen Stränden im Westen und Osten (besonders zu empfehlen: Butre, Busua, Cape Three Points, Princess-Town und Akwidaa sowie Ada Foah) oder Trips nach Elmina, Accra oder Kumasi. Wer weiter weg will (super schön: Volta region mit Vli Falls und Amedzofe, Bootsfahrt auf dem See) oder gar in den Norden nach Tamale, Bolgatanga und Mole (sehr zu empfehlen! Im Vergleich extrem günstige Safaris zu Fuß und per Geländewagen) sollte mehr Zeit, am besten ein bis zwei Wochen einplanen.
"Die Ghanaer" sofern man sie denn über einen Kamm scheren will, habe ich als sehr freundliche, gastfreundliche und offene Menschen erlebt. Natürlich gibt es überall Idioten, aber das hat ja nix mit dem Land im speziellen zu tun. An das Essen muss man sich gewöhnen, aber mir hats sehr gut geschmeckt! Aber auch wer sich nicht auf das (empfehlenswerte) Abenteuer der westafrikanischen Küche mit Fufu, Banku, Goat soup, Jolloff und Red Red einlassen will, kommt bei den inzwischen Zahlreichen italienischen bzw. internationalen Restaurants auf seine Kosten oder muss eben selber kochen; in den Supermärkten (in Accra, Cape Coast und Kumasi) und den örtlichen Märkten bekommt man eigentlich alles, was das Herz begehrt. Auch das Bier ist gut trinkbar ;)
Kurzum: Ghana gilt als "Afrika für Einsteiger" neben Tansania, Ruanda, Namibia und Südafrika und meiner Meinung immer eine Reise oder Famulatur wert. Wenn man den Krampf mit dem Visum hinter sich hat, ist es vor Ort auch recht easy und man muss eigentlich zu keiner Zeit irgendwelche Probleme mit Polizeit oder Militär befürchten, da sie westlichen Touris sehr wohlgesonnen sind. Wie oben bereits erwähnt, hatten wir (abgesehen von dem Beschiss durch unsere Organisation) keine Probleme mit Kniminalität und man konnte sich (in Gruppen) auch nach Einbruch der Dunkelheit frei bewegen, was in weiten Teilen Afrikas sonst keine Selbstverständlichkeit ist. Man sollte sich vielleicht vorher bei Einheimischen kundig machen, welche Gegenden zu meiden sind. Aber das ist ja in Detroit, Marseilles oder Frankfurt das gleiche.
Bewerbung
Mit World Unite! 2-3 Monate vorher. Nicht zu empfehlen!