PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Hospital de Clinicas Dr. Manuel Quintela (9/2017 bis 12/2017)

Station(en)
QF, Thorax
Einsatzbereiche
Notaufnahme, Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde
Heimatuni
Saarbruecken
Kommentar
Eins vorneweg: das Tertial in Uruguay an sich für mich vor allem in nicht-medizinischer Hinsicht extrem gelohnt und ich bin sehr froh, dass ich es gemacht habe.
Mein Pj-Tertial in Uruguay war jefoch bezogen auf das Krankenhaus zeitweise geprägt von Langeweile.
Ich habe noch nie so viel Zeit an meinem Smartphone verbracht.
Andererseits hatte ich viel Freizeit. Sehr viel Freizeit.
Das Hospital de Clínicas ist ziemlich runtergekommen und nicht besonders beliebt bei der Bevölkerung.
Es ist aber an sich kein schlechtes Krankenhaus, die Medizin entspricht prinzipiell dem, was wir in Europa so treiben.
Der Unterschied liegt vor allem daran dass alles eeewig dauert.
Am ersten Tag sollten wir uns um 8 Uhr im siebten Stock beim Chefarzt melden.
Es stellte sich jedoch heraus, dass dieser montags nicht da ist.
Wir saßen also recht lange im Flur herum bis wir uns selbst auf die Suche nach irgendwelchen Ärzten machten, und so lief es im Prinzip das ganze Tertial über.
Der Tagesablauf sieht aus wie folgt: zwischen acht und neun Uhr morgens trudeln alle ein, es wird Mate getrunken und gequatscht.
Gegen 9 beginnt die Visite.
Wir hatten meist nur 8-10 Patienten, die über 3 Stockwerke verteilt waren.
Die Visite dauerte dennoch 3 Stunden, weil alle sehr langsam arbeiten und alle zusammen zu jedem Patienten stiefeln. Man muss sich anstrengen um etwas mitzubekommen.
Um 12 gehen alle nach Hause und man hat den Rest des Tages frei.
Die Uruguayos arbeiten auch samstags und machen einmal die Woche Nachtschicht.
Ich habe das nie gemacht.
Da ich mich auf Station ziemlich langweilte, entschloss ich mich, mehr Zeit in der Notaufnahme zu verbringen.
Dort darf man etwas mehr machen, Patienten aufnehmen, untersuchen und so.
Allerdings arbeiten dort jeden Tag andere Leute, man muss sich also immer wieder neu allen vorstellen.
Dabei ist wichtig, dass man immer schön Küsschen verteilt.
Auch wenn Leute gerade im Gespräch sind, auch im Patientengespräch.
Man geht einfach dazwischen und verteilt Küsschen.
Wenn man Küsschen verteilt, Interesse zeigt, und viele Fragen stellt, bekommt man auch mehr gezeigt.
Man muss also über seinen Schatten springen und die Leute einfach anlabern.
Dann darf man auch mal ein EKG schreiben der eine BGA machen.
In der Notaufnahme lernte ich irgendwann eine Interna aus der Thorax kennen, und wechselte dann auch für 4 Wochen in die Thorax.
Das war interessanter, denn der Chef der Thorax ging mit auf Visite und stellte auch Fragen und erklärte Dinge.
Viel machen konnte ich leider auch nicht.
Zwischendrin war ich ein Bisschen auf Reisen, und kehrte dann in die QF zurück um mir die Unterschrift abzuholen.
Danach ging ich wieder auf Reisen.
Ich rate euch, fahrt nach Brasilien ! Das war eine unglaubliche Bereicherung.

Fazit: Es war eine sehr interessante Erfahrung.
Uruguay ist ein teilweise rätselhaftes Land und schon recht anders als Deutschland.
Das mit dem großen Freizeitanteil ist Segen und Fluch zugleich.
Die Möglichkeit das Land und die Nachbarländer zu bereisen ist aber genial und auch das Beste was ihr tun könnt. Den Ärzten ist sowieso egal, ob ihr kommt oder nicht.

Zum Leben allgemein:
Montevideo ist insgesamt relativ sicher, am Besten wohnt man in den Vierteln Parque Rodo, Pocitos und Punta Carretas.
Da kann man auch als blondes Mädchen nachts um 3 nach Hause laufen und hat keine Probleme.
Achtung: Das Leben hier ist wirklich sau sau teuer.
Ich habe fast doppelt so viel Geld im Monat verprasst wie in Deutschland.
Schöne Einzelzimmer mit Fenstern in WGs und Wohnungen kosten um die 400 Euro, je nachdem auch 500, und Essen ist teurer als in Deutschland.
Wenn man dann noch Ausflüge macht verbraucht man locker 1000 € im Monat.
Wohnungen kann man gut über airbnb, Facebook und mercado libre suchen.
Da ich nicht so viel Geld zur Verfügung hatte, lebte ich mit 2 anderen Deutschen in einem 3er Zimmer ohne Fenster in einer Residencia und zahlte dafür 230 Euro.
Außer uns lebten da noch 5 Uruguayos, so dass wir also auch in Kontakt mit Einheimischen kamen.

Also: Wenn ihr keine Chirurgie machen wollt, ist es gut hier, wenn ihr was fürs Leben lernen wollt, ist es ausgezeichnet.
Wenn ihr viel über Chirurgie lernen und praktisch was machen wollt, seid ihr hier falsch bzw müsst euch ultra durchkämpfen.

Nach dem Tertial hatte ich übrigens ein angenehmes Gefühl der allgemeinen Entspanntheit, das mir vorher manchmal gefehlt hat.
Bewerbung
Halbes Jahr vorher unter internacional@fmed.edu.uy bei Javier.
Tipp:
Wenn ihr was lernen wollt, gebt an, dass ihr Thoraxchirurgie/ Neurochirurgie/ Gefäßchirurgie oder so machen wollt.
Sonst werdet ihr automatisch in die Allgemeinchirurgie eingeteilt und die läuft über an Pjlern und Studenten.
Das Hospital Maciel scheint außerdem insgesamt besser zu sein als das Clínicas.
Genügend Freizeit bekommt ihr da trotzdem ;)
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Botengänge (Nichtärztl.)
Notaufnahme
Briefe schreiben
Patienten untersuchen
Poliklinik
EKGs
Untersuchungen anmelden
Dienstbeginn
Nach 8:00 Uhr
Dienstende
Vor 15:00 Uhr
Studientage
1x / Woche frei

Noten

Team/Station
3
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
3
Unterricht
6
Betreuung
6
Freizeit
1
Station / Einrichtung
3
Gesamtnote
3

Durchschnitt 3.07