In unserer ersten Woche sagte uns einer der Oberärzte, dass sie hier eigentlich keine PJler brauchen, was das Tertial sehr treffend zusammenfasst.
Das Gute zuerst: Es gibt Geld, die maximale Aufwandsentschädigung. Die Unfallchirurgin hat uns was beigebracht und bei der durften wir auch im OP mit an den Tisch. Eine der Assistenzärztinnen hat sich richtig gut um uns gekümmert, aber die hat inzwischen gekündigt, was die einzig sinnvolle Reaktion auf diesen Laden ist.
Was mich mit am meisten überrascht hat, war, dass wir nicht in den OP durften. Also zugucken, ja, aber nicht mit an den Tisch. Das hätte ich von meinem Chirurgie Tertial so überhaupt nicht erwartet, vor allem da ich in einer Chirurgie Famulatur schon viel mitoperiert und auch nähen gelernt hatte. Das Schlimmste war, dass wir nicht nach Hause gehen durften wenn nichts zu tun war, und das war oft der Fall. Das Argument war, wir hätten ja bei der hundertsten Galle zugucken können. Wenn man nur zuguckt steht man im OP auch echt nur im Weg rum und so haben wir viel Zeit einfach auf Station rumgesessen. Auf Dauer macht einen das mürbe, wenn man zum nichts-tun verdonnert ist, während man zu Hause eine Doktorarbeit schreiben oder ein Examen hätte vorbereiten können.
Ich hab nicht ganz verstanden warum wir nicht in den OP durften. Ich vermute, weil die Oberärzte selbst unsicher waren. Die Assistenten haben auch nicht viel operiert und sich darüber beschwert, aber es hat sich nichts geändert. Ich weiß nicht ob das in anderen Kliniken auch so ist, dass drei Oberärzte gemeinsam eine Galle operieren.
Notaufnahme war auch ziemlich nervtötend. Man läuft einem schweigsamen Asiaten hinterher, der nicht mit einem redet. Steht einfach auf und geht weg und dann muss man hinterherlaufen sonst sitzt man in der Notaufnahme und kann nicht mal bei irgendwas zugucken. Bis ich eines Tages aus heiterem Himmel eine Lippe nähen durfte, ohne dass in diesem Haus mich je irgendwer gefragt hätte, ob ich eigentlich nähen kann. Insgesamt habe ich ein paar Platzwunden genäht, aber auf jedes Mal Nähen kamen halt ein paar Tage sinnloses Rumsitzen insofern war Notaufnahme schlimmer als Station.
Wenn man mal was machen durfte, dann meist weil gerade kein Arzt da war. Am nächsten Tag durfte man das dann nicht mehr. Nach dem Motto, PJler alleine, wenn sonst keiner da ist, ist ok, aber PJler unter Aufsicht, wenn der Arzt es auch selber machen könnte, bitte nicht. Dadurch dass ich so gut wie gar nicht in den OP durfte hab ich viele Verbände gemacht, immerhin.
Es gibt keinen Chefarzt. Zuständig ist der Chef aus Mitte, der kommt 2 Stunden pro Woche zur Visite. Die Assistenzen wechseln täglich über die Stationen, die Ratation ist zum Teil total willkürlich und sinnlos und die Patienten sind entsprechend schlecht versorgt.
Achso, der Unterricht: Fand in Bremen-Nord oder Links der Weser statt, der ganze Tag ging drauf für eineinhalb Stunden Unterricht. Wir wollten uns beschweren, haben dann aber gemerkt dass im Auto sitzen schöner ist als untätig auf Station stitzen.
Falls du, gegen meinen Rat aus irgendeinem Grund hier PJ machen musst: Halte dich an die Unfallchirurgin und die Proktologin. Letztere hat neu angefangen als unser PJ halb rum war, aber sie hat grundsätzlich ein Interesse an Lehre. Geh gleich am Anfang einen Tag ober länger mit dem Wund-Team mit; die sind supernett und bringen dir was bei.
Fazit: Ich hab in diesem PJ vor allem gelernt wie man durch Fehlmanagement eine Abteilung in kürzester Zeit zugrunde richten kann. Ich rate dringend davon ab hier PJ, Famulatur, Assistenzarzt/ärztin, irgendwas zu machen, aber vor allem, nicht als Patient in diese Abteilung zu geraten.
Man muss aber dazu sagen dass sowohl auf Assistenz- als auch auf Oberarztebene andauernd Leute kommen und gehen, insofern kann in ein paar Monaten auch schon vieles wieder anders sein.