Ich habe mein Chirurgietertial in Freital aufgrund einer (aber leider älterer) positiver PJ-Berichte absolviert. Insgesamt hat es mir gut gefallen-mit Abstrichen. Hier erst einmal die Basics:
- man kann in Absprache mit anderen PJlern frei zwischen Unfall-, Gefäß- und Viszeralchirugie rotieren
- man wird 2 Wochen in die Notaufnahme eingeteilt
- es gibt kostenloses Mittagessen, was man auch fast immer zu sich nehmen kann und das gut schmeckt
- man bekommt maximal 399 Euro pro Monat, wobei Fehltage vom Gehalt abgezogen werden
- man kann ein relativ weiteres Spektrum an OPs miterleben
- trotz eines kleinen Hauses, in dem die Wege kurz sind. Man kann also auch mal den Chef etwas fragen.
Hier meine Eindrücke der 3 Bereiche:
UNFALLCHIRURGIE:
Da war ich 6 Wochen. Das Team dort ist sehr nett und entspannt, alle kommen gut miteinander aus und es gibt oft auch mal einen lustigen Spruch zu hören. Der Tagesablauf: 7:00 -7:30 Visite auf Station, 7:30-8:00 Röntgenbesprechung, ab dann OP oder Stationszeit. Meistens ist man den ganzen Tag im OP eingeteilt. Man hält viele Haken bei Knie-und HüftTEPS, weil an 2 Tagen in der Woche auch externe Orthopäden dort operieren. Das kann schnell eintönig werden, vor allem wenn einem keine Fragen mehr dazu einfallen. Aber da alle nett sind geht die Zeit irgendwie schnell herum, auch wenn man aktiv nicht viel macht....Stimmt, das hätte ich fast vergessen: Das OP-Team in Freital ist wirklich super nett!!! Man bekommt auch eine Führung durch den OP und eine Erklärung des OP-Bestecks. In meiner ganzen Zeit dort gab es nicht eine unangenehme Situation mit den OP -SChwestern =D . Ab und zu ist man auch bei den OPs verschiedener Frakturen dabei oder bei handchirurgischen Eingriffen, wo man auch mal die Haut nähen kann. Mittag essen ist auch im OP fast immer zwischen den OPs möglich, man kann sich das Essen in den OP liefern lassen. Auf der Station kann man Briefe diktieren oder mal einen Patienten aufnehmen. Die Zeit in der NFA ist sehr zu empfehlen. Dort ist die Arbeitszeit 11:30 bis 19:00 , wobei man das in Absprache auch variieren kann. Hier gibt es immer Patientengut um das man sich kümmern kann inklusive Wunden nähen, Patienten aufnehmen und mit dem chirurg besprechen. Auch das NFA-Team ist nett, wodurch man insgesamt dort sehr viel lernen kann. Die Arbeitszeiten werden sehr respektiert, wenn länger operiert werden soll, wird man als PJler gefragt und bekommt auch Ausgleichszeit.
GEFÄßCHIRURGIE:
Diese besteht aus einem relativ kleinem Team. Es werden viele Carotis und Femoralis TEAs durchgeführt sowie Bypassanlagen, Aneurysmaversorgungen oder Varizen-OPs. Auch hier ist man viel im OP eingeteilt. Hier können die OPs schon mal länger dauern. Der Chef ist dort noch "von der alten Schule". In den Frühbesprechungen kann man von ihm vor allem etwas von finanziellen Aspekten des Wochenprogramms lernen. Der Rest des Teams ist sehr nett, wer viel fragt, bekommt hier auch viele Antworten. Ohne Eigeninitiative siehts allerdings schlechter aus. Insgesamt ist der Ton dort rauher.
VISZERALCHIRURGIE:
Fand ich anhand des Krankheitsspektrums sehr interessant. Das täglich Brot sind Leistenbrüche, Cholezystektomien und Appendektomien sowie Abszessspaltungen. Daneben gibt es aber noch eine Menge anderer Dinge bis hin zu Whipple-OPs, Thyroidektomien, Darm-OPs und noch vieles anderes, was ich vorher noch nicht gesehen habe. Man ist hier nicht so viel im OP eingeteilt, im Mittel die Hälfte des Tages. Dadurch kann man auch in die Sprechstunden gehen, die sehr interessant sind, u.a. die Proktologische oder die Adipositassprechstunde. Freital ist Adipositaszentrum, hier werden viele bariatrische Operationen (100 im Jahr) durchgeführt! Man kann auch auf Station Briefe diktieren, beim Verbandswechsel dabei sein oder eben die Blutentnahmen und Flexülen erledigen. Fachlich fand ich es dort jeden Tag sehr spannend, jedoch kommt jetzt der große Nachteil, was mir die Motivation zuletzt genommen hat: Man wird auf dieser Station in keiner Weise als PJler wahrgenommen, was ziemlich in Kontrast zu den restlichen chirurgischen Stationen und noch viel mehr zu den anderen Fachgebieten steht. Angefangen hat dies mit einer mehr oder weniger wortlosen Begrüßung am ersten Tag, der fehlenden Eingliederung in die ärztliche Frühstücksrunde auf Station und setzte sich fort mit einem allgemein geringen Interesse am Studenten. Wenn man auf Station einen Verbandswechsel sehen wollte musste man schon gut aufpassen um einen der Ärzte abzupassen, denn mitgenommen wurde man nie. Oft wurde man auch komplett auf Station alleingelassen und erst wieder angerufen, wenn ein Haken im OP gehalten werden musste. Insgesamt wurde mir dort ich glaube eine einzige Frage gestellt, auf die eigenen Fragen gab es in der Regel nur kurze Antworten, wenn man denn einen Augenblick erwischen konnte, in der man eine Frage stellen konnte. Irgendwann hat man auch keine Lust mehr eine Frage zu stellen, wenn man merkt dass kein Interesse an der Antwort liegt. Trotzdem muss ich sagen, dass ich jeden aus dem Team dort nett finde und sich auch in einigen Momenten Gespräche ergeben haben, aber es hat dort eben im Großen und Ganzen keiner Interesse daran, dem PJler aktiv etwas beizubringen, auch wenn das hart klingt, mich hat das unheimlich frustriert und ich habe das auf keiner anderen Station in meinem PJ so erlebt. Unterricht gibt es übrigens gar keinen, auch wenn es im Portfolio so steht. der wurde vor ein paar Jahren abgeschafft als es mal nur wenige PJler gab und mit einer wöchentlichen "Lehrvisite" ersetzt. Die soll jede Woche auf einer anderen Station stattfinden. Das habe ich am Anfang natürlich probiert und festgestellt, dass man eigentlich nur auf einer x-beliebigen Visite auf irgendeiner Station mitlaufen soll. Da schon die Abmeldung zu dieser Visite in der Chirurgie ein Riesenakt ist und man dann bei völlig fremden Patienten, bei denen dann auch nicht länger erklärt wird, nicht viel mitbekommt, ist diese Form der "Lehre" nicht sinnvoll für keinen der Beteiligten. Wir haben dann als PJ-ler selbst eine Fortbildung organisiert, zu der aber dann nur einer von 2 PJlern der Viszeralchirurgie gehen durfte. Das zeigte abermals die fehlende Bereitschaft zur Lehre, vor allem, weil PJler in Freital nicht zwingend für den Stationsalltag notwendig sind-was ja eigentlich beste Voraussetzungen für das PJ dort sind. Auf Nachfrage in der Führungsebene wird einem dort allerdings auch bestätigt, dass es nicht das Ziel ist, auf den Arztalltag vorzubereiten. Man erwarte dort von Berufsanfängern wortwörtlich "nichts"-das passt dann wenigstens zum Gesamtauftreten. Nicht ganz vergessen darf man auch die langen Arbeitszeiten der Chirurgen dort, was sicherlich nicht zur großen Arbeitszufriedenheit beiträgt.
Hier also mein Fazit: Ich würde das Chirurgietertial dort trotzdem wieder machen. Oft sind laut Erzählungen die Bedingungen in der Chirurgie anderswo glaube ich schlechter. Das nichtärtzliche Personal ist durchweg sehr nett und erleichtert die Zusammenarbeit. Die Teams sind klein, man kennt sich und wird auch von den Chefs gegrüßt. Man sieht viele Eingriffe und wird je nach Station mehr oder weniger inkludiert. Auf der Inneren war das bei mir zwar 100 mal besser, aber das ist eben der Ruf der Chirurgie-vielleicht hat sich da Freital noch gut geschlagen. Und gerade die Unfall und Gefäßchirurgie motivieren auch zur Mitarbeit, wer sich also diese Richtungen später vorstellen kann ist in Freital auf jeden Fall gut aufgehoben!!