Ich hatte eine richtig super Zeit in St. Anthony!!!
Viele sehr lange Berichte gibt es hier ja schon über das Charles S. Curtis Memorial Hospital, ich hoffe trotzdem, dass euch mein Feedback etwas weiter hilft:
Bewerbung:
Meldet euch einfach telefonisch bei Denise Pilgrim. Sie ist total nett, kümmert sich um euch vor Ort und wird euch im Vorfeld auch alle benötigten Unterlagen zuschicken. Es ist alles etwas umfangreicher, aber es lohnt sich. Alle weiteren Infos zur Bewerbung findet ihr hier: http://www.med.mun.ca/UGradME/Visiting-Students.aspx
Man braucht diverse Titerbestimmungen, ein Röntgen-Thorax Bild, polizeiliches Führungszeugnis, Pseudovisum usw. Insgesamt hatte ich ca. 600€ gezahlt um alle Unterlagen zu vervollständigen. Teilweise fragt man sich wirklich, was das alles soll, aber beißt die Zähne zusammen: ihr werdet es nicht bereuen!
Anreise und Unterkunft:
Von London kann man sehr gut z.B. mit Westjet für insgesamt ca. 350€ Hin und Zurück über Toronto nach St. Johns fliegen. Von dort muss man dann noch weiter nach St. Anthony in den Norden der Insel. Ruft hierfür unbedingt die PAL Airline an. Die Mitarbeiter sind super freundlich und ihr kriegt einen ermäßigten Studententarif. Trotzdem ist dieser Flug leider nicht gerade günstig...
In St. Anthony werdet ihr vom Busfahrer abgeholt und fahrt noch eine Stunde durch die wunderschöne Landschaft Neufundlands zu eurer Unterkunft. Man wohnt direkt hinter dem Krankenhaus im Curtis House, einer alten Arztvilla, die super ausgestattet ist und in der man sich vom ersten Tag an wohlfühlt. Die Unterkunft wird gestellt und ist kostenlos, meist sind auch parallel 2-3 andere Studenten (z.B. aus St Johns) vor Ort.
Charles S. Curtis Memorial Hospital:
Das Krankenhaus ist der größte Arbeitgeber in der Region sodass dort sehr viele Menschen aus dem Ort arbeiten. Fast jeder kennt nach ein paar Tagen deinen Namen und alle sind unglaublich freundlich. Es gibt keine strengen Hierarchien, sodass die Arbeitsatmosphäre sehr angenehm ist. Mein Englisch war am Anfang wirklich nicht sehr gut, trotzdem hat sich jeder Zeit genommen und alles in Ruhe erklärt, sodass man nach kurzer Zeit sofort Teil des Teams war. Die Stimmung im OP ist echt super, nicht zu vergleichen mit Deutschland. 2 Allgemeinchirurgen arbeiten dort dauerhaft, hinzu kommt ab und zu ein sogenannter Locum-Arzt für einige Wochen. Beide Ärzte haben sich sehr bemüht, mir so viel wie möglich in kurzer Zeit beizubringen. Vor allem praktisch durfte ich sehr viel machen. Los ging es morgens für mich mit einer kleinen Visite, die man alleine macht. Es sind höchsten 6-8 Patienten zu betreuen, sodass man dort auch nicht länger als maximal eine Stunde benötigt. Gegen 8:30 Uhr trifft man dann seinen Arzt und der Tag beginnt. Entweder stehen Operationen oder Endoskopien sowie Sprechstunden auf dem Programm. Alles echt interessant, allerdings geht es meist mindestens bis 17 Uhr. Danach ist man auch ein bisschen platt und hat nicht mehr sooo viel vom Tag. Es gab aber auch wenige Tage, an denen um 13 Uhr Schluss war, das kommt auf den jeweiligen Chirurgen und auf die Patienten an. Alle anderen Ärzte (Orthopäden, Anästhesisten, Hausärzte, Gynäkologen, ...) sind auch richtig nett und freuen sich, wenn man dort mal im OP mitmacht.
Freizeit
Die Ärzte kümmern sich auch nach der Arbeit sehr um die Studenten: Wir sind regelmäßig abends Skilaufen (Langlauf) gegangen, haben Touren mit den Schneeschuhen gemacht, Tischtennis gespielt, waren im Fitnessraum, man kann Basketball spielen, usw. Der Ort ist klein, aber es gibt eine Menge zu machen. Bringt euch im Winter unbedingt warme Kleidung mit (Schneehose etc, Temperaturen bis -30 Grad), dann wird das richtig gut! Außerdem darf man ein Auto des Krankenhauses benutzen und kann so zum Supermarkt, zu diversen Fastfood-Restaurants (Jungle Jims, Tim Hortons, Pizza delight, Chinese, Subway, ....) und generell in der Gegend umherfahren. Die Ärzte und das ganze Personal kommen alle sehr gut miteinander aus und laden sich regelmäßig alle gegenseitig nach Hause ein. Mein Highlight war eine 4tägige Tour mit einem Family-Doctor (Hausarzt) per Flugzeug nach Labrador, wo wir dann in einem 400-Einwohner Ort Sprechstunde hatten. Dort gibt es kein Telefonnetz und kein richtiges Internet. Selten habe ich so liebenswerte und freundliche Menschen getroffen. Sie haben uns nach der Arbeit auf ihren Snowmachines auf eine 35km Tour durch den kanadischen Wald mitgenommen und sich generell total gefreut, dass wir da waren.
Insgesamt fiel mir der Abschied am Ende wirklich schwer. Wenn ihr die Chance habt, dann fahrt für 8 Wochen nach St. Anthony!